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rsmich« Aebee die wütkkemöergische Thronfolgefeage sind unrichtige Angaben im Umlauf. Obwohl König Wilhelm 2. von Württemberg, der im 66. Lebensjahre steht, sich noch großer Rüstigkeit erfreut, wurde die Angelegenheit der Nachfolge doch gelegentlich des 75. Geburtstages des Herzogs Philipp aufs neue erörtert. Die protestantische Linie des wurttemberaischen Köniashaules stirbt einmal mit dem König Wilhelm aus, der aus feiner ersten Ehe mit" der Prinzessin Marla von Waldeck und Pyrmont nur eine Tochter besitzt, die sich mit dem Fürsten Friedrich zu Wied vermählte, während die zweite Ehe mit der Prinzessin Charlotte zu Schaumburg-Lippe kinderlos blieb. Das Thronfolgerecht geht daher an die Linie Alexander über. Der Vater des erbberechtigten Herzogs Philipp war mit der Prinzessin Maria, einer Tochter des Königs Louis Philipp von Frank reich, des Bürgerkönigs, vermählt. Da eine längere Regierungszeit des 75 jährigen Herzogs Philipp menschlichem Ermessen nach ausgeschlossen erscheint, so ist Philipps ältester Sohn, Herzog Albrecht, Ler mit einer österreichischen Erzherzogin vermählt ist und im ^. Lebens jahre steht, der eigentliche Thronfolger. Die Gemahlin des Herzogs, Erzherzogin Margarete, verstarb schon vor 11 Jahren. Sechs Kinder, darunter drei Prinzen, sind aus der Ehe hervorgegangen. Herzog Albrecht wird nach längerer Unterbrechung wieder der erste katholische Herrscher Württem bergs sein, dessen Bevölkerung zu zwei Dritteilen protestantisch ist. Württemberg hatte bereits während des größten Teiles des 18. Jahrhunderts katholische Fürsten, sein Herrscherhaus trat jedoch 1797 zum Protestantismus übv. Herzog Philipp, der dem Throne am nächsten steht, ihn jedoch wegen seines hohen Alters wahrscheinlich nicht besteigen wird, eröffnet aufs neue die katholische Linie in Württemberg. Über die näheren Umstände, unter denen sich der Glaubenswechsel vollzog, ist nichts Authentisches bekannt. Die Wahrscheinlich keit spricht dafür, daß er auf den Wunsch der Mutter des Herzogs Philipp erfolgte, die schon wenige Monate nach der Geburt ihres einzigen Sohnes verstarb. Unseres Kaisers Geburkskagsloask auf Kaiser Franz Joseph, dessen hoher Weisheit wir nicht zum wenigsten den Schutz des Friedens gegen alle Brandungen des Balkan wirrwarrs verdanken, hat in Osterreich-Ungarn eine begeisterte Aufnahme gefunden. Die Worte des Kaisers, so sagt ein der Regierung nahestehendes Blatt, werden überall den stärksten Eindruck ausüben, überall heißt hier offenbar nicht nur innerhalb der Grenzen der habsburgischen Doppel monarchie, sondern auch bei dem Dreiverband und auf dem Balkan. Niemals ist fester und deutlicher der große Gedanke der innigsten politischen Zusammengehörigkeit Deutschlands und Osterreich-Ungarns zum Ausdrück gelangt. Die Zeit- umstände erheben die Rede Kaiser Wilhelms zu einer ganz ungewöhnlichen Kundgebung, die vor aller Welt von der Unerschütterlichkeit des Dreibundes Zeugnis ablegt. Ein anderes Blatt erklärt: Kaiser Wilhelm hat ausgesprochen, daß Deutschland auch weiterhin an der Seite Österreichs verharre, und daß die traurige Episode der jüngsten'Zeit nicht so wichtig sei, um die innige Freundschaft zweier so sehr auf einander angewiesener Staaten dauernd zu stören. Was Kaiser Wilhelm von seinem treuen Bundesgenossen und väterlichen Freund sagte, das war von einer hinreißenden Herzlichkeit und hat den Brustton ernster und fester Ge sinnung. In Paris, so sagt ein anderes Blatt, wo man be reits von der Auflösung des deutsch-österreichischen Bündnisses fabelte, werde der Geburtstagswunsch des Deutschen Kaisers wie ein kalter Wasserstrahl wirken. Deutschlands Fernbleiben von San Francisco ist in den Vereinigten Staaten richtig gewürdigt und lediglich auf unpolitische, wirtschaftliche Gründe zurückgesührt worden. Einmal mußte der Anfang gemacht werden, so heißt es in einer Zuschrift an die „Magd. Ztg.". Die deutsche Industrie ist fchon seit Jahr und Tag ausstellungsmüde, hat aber schließlich noch immer aus politischen Rücksichten die Opfer gebracht. Diese sind groß und betrugen in den letzten Jahr zehnten zwischen 2 bis 5 Millionen, in San Francisco würden sie mindestens 5 Millionen betragen haben. Gleichzeitig wird darauf aufmerksam gemacht, daß viele Zollsätze des neuen amerikanischen Tarifentwurfs direkt deutschfeindlich sind. Auf deutsche Bücher z. B. sotten als Eingangszoll 15 Prozent des Wertes erhoben werden. > " kraükStKasM ünv Wohnungsfrage. Ob Ler Be schluß der Breslauer Tagung des Haupioerbandes deutscher Ortskrankenkassen, die Wohnungen der Kranken durch Be amte inspizieren zu lassen, im gewünschten Sinne ohne Schwierigkeiten wird ausaeführt werden können, muß die Zukunft lehren. Es fehlt nicht an Stimmen, die darauf Hinweisen, daß, wenn die Beaufsichtigung der Wohnungen einseitig gehandhabt wird, leicht Reibungsflächen zwischen Hausbesitzern und Mietern geschaffen werden können. In der Hauptsache bezweckt aber die Wohnungskontrolle, daß die Wohnung eines Kranken nach den Regeln der Hygiene in Stand gehalten wird. Es gibt leider noch immer genug Kranke, denen gesagt werden muß, daß reine Luft und Sauberkeit in der Wohnung Grundbedingungen zum Ge- sundmerden sind. Zuspitzung der amerikanisch-mexikanischen Be ziehungen. Der Präsident der Republik Mexiko, General Huerta, hat das Anerbieten der nordamerikanischen Union, vermittelnd in den Streit der Parteien einzugreifen, nicht nur rundweg abgelehnt, sondern in der Form eines Ulti matums noch die Forderung sofortiger Anerkennung gestellt, widrigenfalls die diplomatischen Beziehungen zu den Ver einigten Staaten unverzüglich abgebrochen werden würden. Der Präsident der Union hatte dem General Huerta geraten abzudanken, und eine neue Präsidentschaftswahl vornehmen zu lassen. General Huerta muß sich sehr sicher fühlen, daß er dem großen nördlichen Nachbar so energisch entgegentritt. Den Vereinigten Staaten, die den ganzen Süden gegen sich aufbringen würden, wollten sie kriegerisch gegen Mexiko Vor gehen, wird schließlich nichts anderes übrig bleiben, als Herrn Huerta anzuerkennen. Ganz ohne ein bißchen Blamage ist das nach den tönenden Worten, die bisher von Washington aus gesprochen wurden, allerdings nicht mehr möglich. Das Balkan-Rätsel wird mit jedem Tage verwickelter, obwohl an der End gültigkeit des Bukarester Friedensvertrages nicht zu zweifeln ist. Die Haltung der Türkei, die nicht nur im Besitze Adria nopels bleibt, sondern nach dem Übergange über die Maritzo auch eine Zeitlang die ernste Absicht zu hegen schien, sich mit Bulgarien über Adrianopel mit der Waffe in der Hand auseinanderzusetzen, erhöhte den Wirrwarr. Die jüngsten Erklärungen der türkischen Regierung gestatten jedoch die Zuversicht, daß man auch in Konstantinopel den Bogen nicht Überspannen wird. Dem griechischen Wunsche, die Türken und Griechen in dem ägäischen Hafenorte Didla- gatsch vor bulgarischen Grausamkeiten durch die Bereit stellung von Truppen zu schützen, beschloß die türkische Ne gierung nicht zu entsprechen, um Verwickelungen zu ver meiden. Eine Besetzung weiteren Gebietes auf dem rechten, westlichen Marttzaufer durch die Türken kommt nicht in Frage. Türkische Truppen halten nur einige wenige Punkte am jenseitigen Maritzaufer besetzt, um die dortigen Be wohner vor bulgarischen Grausamkeiten zu beschützen. So bald diese Aufgabe gelöst sei, würden die Truppen zurück gerufen werden. Die Türkei schlug laut „Voss. Ztg." Bulgarien vor, mit ihr über Thrazien und Adrianopel direkt zu verhan deln. Die bulgarische Regierung lehnte den Vorschlag mit der Begründung ab, daß diese Frage von der Londoner Konferenz bereits gelöst sei, und daß die Türkei sich in folgedessen mit den Großmächten darüber ins Benehmen setzen müßte. Nach dem Einlenken der Türkei werden alle die alarmierenden Meldungen von einer bevorstehenden mili tärischen Aktion Rußlands, von einer Unterbrechung der bulgarischen Abrüstung usw. gegenstandslos. Es fragt sich nur, ob die Türkei die Geister, die sie rief, auch wieder los werden wird. Nach einer Zuschrift der „Leipziger Neuesten Nachrichten" wimmelt es in Adrianopel von einer höchst gefährlichen türkischen Soldateska, die zum großen Teil unter der Vorspiegelung glänzender Beute aus Kleinasien herangezogen wurde. Skrupellos beraubt das am Ruder befindliche Jungtürkentum die asiatische Türkei ihrer besten Kräfte, die Ackerbestellung schon seit Jahren den Frauen überlassend. Die Anatolier werden, wenn sie sehen, daß sie nur Soldat spielen, aber nicht plündern sollen, sich zweifellos gegen ihre jetzigen Herrn wenden und Konitantinovel bedrohen oder einen Vorstoß Mch Bulgarien Machen. Die astatischen Leute, welche die Kerntruppe der Türkei darstellen, bilden, zu mehreren hunderttausend in Adrianopel vereinigt, die Gefahr. Oer Einzug des Königs Konstantin in Athen voll zog sich bei Glockengeläut und Geschützdonner unter dem stürmischen Jubel der zu hunderttausenden Spalier bilden den Menge, die unaufhörlich rief: Es lebe der König, der Held, der Bulgarentöter! — Über den neuen Balkanbund, Rumänien, Serbien und Montenegro sollen Petersburger Meldungen zufolge die Verhandlungen sich ihrem Abschluß nähern. So, wie ihn die Petersburger Angaben schildern, wird der neue Bund schwerlich anssehen. — Bulgarien, das den Friedensvertrag zu ratifizieren beschloß, drückte dem Kaiser Franz Joseph mit den wärmsten Geburtstags wünschen seine Dankbarkeit für die Unterstützung der bul garischen Interessen aus. — Die dsutschen Börsen waren < if die türkischen Schwierigkeiten und den amerikanisch- m xikanifchen Konflikt am Dienstag abgeschwächt. Deutscher Katholikentag. Am Dienstag war die wichtigste Veranstaltung des Katholikentages, der als Ort der nächstjährigen Tagung ein stimmig Münster wählte, die Generalversammlung des Volksvereins für das katholische Deutschland. Abg. Trim born erstattete das Referat. Er betonte, daß die Lösung der Arbeiterfrage nicht mehr auf dem revolutionären Wege der Sozialdemokratie erfolgen dürfe; die Interessengegen sätze müßten vielmehr ausgeglichen werden. Die Herbei führung dieses Ausgleichs habe sich der Volksoerein für das katholische Deutschland zur Aufgabe gemacht und mit seinen Bestrebungen bereits wertvolle Erfolge erzielt. Nach dem Jahresbericht zählt der Verein jetzt 776 000 Mitglieder oder 47 240 mehr als im Vorjahre. Die Zahl der weib lichen Mitglieder beträgt 26 786. Der Verein, der die Sozialreform und die soziale Selbsthilfe zu fördern bestrebt ist, fördert namentlich Lie Reformbestrebungen auf dem Ge biete des Kinowesens. Er hat für ein reichhaltiges Lager belehrender Films gesorgt. Nach Berichten sozialpolitischer Natur wurde die Sitzung und damit die diesjährige Generalversammlung geschlossen. Zu privatem Gedanken austausch wie zur Besprechung in kleineren Versammlungen bleiben die Erschienenen jedoch noch bis zum morgigen Donnerstag in ihrer überwiegenden Mehrheit in Metz ver einigt. In einer gleichzeitig abgehaltenen geschlossenen Versammlung betonte Abg. Erzberger die Notwendigkeit der Mission in unseren Schutzgebieten, sowie namentlich auch in Zentralasien und China. Besonders in China herrscht große Liebe für die katholische Religion, deren Kirche dort vierhundert Millionen Seelen zugeführt zu werden wünschen. Bei der Begründung deS einstimmig angenommenen Antrags auf Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes betonte der Referent, daß eine Schädigung des Vaterlandes nicht von der Forderung zu befürchten sei; der König von Italien möge das Unrecht wieder gut machen, daß er dem Papste und der katholischen Kirche zugefügt. In dem Anträge auf Aufhebung des Jesuitengesetzes wurde hervorgehoben, daß die Ausschließung der Jesuiten ein ge hässiges Ausnahmegesetz sei, das die Katholiken umso tiefer ver stimmen müsse, als Atheisten und Anarchisten in unbeschränktem Maße Freiheit genössen. Besonders wurde noch darüber Klage geführt, daß das Jesuitengesetz nach dem jüngsten Bundesrntsbeschlusse schärfer gehandhabt werde als vordem. In der Gewerkschaftsfrage führte der Präsident der Tagung, Fürst Alois Löwenstein, aus, daß der Streit zwischen Len Vertretern dec christlichen Gewerkschaften und der katholischen Arbeiterverbände zu ruhen habe, nachdem es der Papst so befohlen habe, und daß die Angehörigen beider Vereine im Frieden und gemeinschaftlich zur Verwirklichung des katho lischen Gedankens beitragen sollten. Aus aller Wett. Mysteriöse Soldalenseidstmorve. In Kannstatt er schoß sich ein Soldat des Dragoner-Regiments 26 mit seinem Karabiner im Kellerraum der Kaserne. Der Soldat soll sich stets gut geführt haben, und es fällt auf, daß erst vor ! wenigen Wochen ein anderer Soldat derselben Schwadron Heimgekehrt. Roman von E. Fahrow. ' DM (Nachdruck verboten.) ' Fernab von der Wett schien das Häuschen in dem Ber kner Vorort zu liegen, das weniger Len Namen einer Villa als den eines Landhauses verdiente. Denn es war ganz schlicht gehalten, hatte nur vier Fenster Front und erneu Seiteneingang; der kleine Aufsatz über Lem Erkervorbau konnte nicht als oberes Stockwerk gelten. Aber freundlich sah es aus mit dem wilden Wein- geranke überall und mit dem ringsum sich ausbreitenden Garten. Fernab von der Welt blickten auch die langgeschnittenen, stahlgrauen Augen Ler Frau, welck>e am Fenster stand und den Kopf auf die Hände, Lie das Fensterkceuz umschlangen, stützte. Es waren wundervolle Augen, von dichten Wimpern beschattet. Das ganze Gesicht war, ohne regelmäßig schön zu sein, überaus anziehend und reizvoll — übrigens ein blasses, ovales Gesichtchen, daß man gemeinhin in die Kate gorie der Interessanten einzureihen pflegt. i „Urvd also," sagte die Dame, ohne den Kopf zu wenden, «sind Sie der Meinung, daß ich eine freie Frau bin?" Der, zu dem sie redete, schüttelte den Kopf. »Weshalb denn immer gleich klassifizieren? Sie sind doch ein sonderbarer Mensch, Frau Margret — unverändert dieselbe!" ! „Wenigstens würdigen Sie mich doch Les Titels »Mensch", lieber Professor! Sonst nämlich nennt man Frauen im Gespräch fast nie Menschen — eine ebenfalls sonderbare aber bezeichnende Tatsache." „Bezeichnend für wen?" fragte der Professor. Margaretes Kopf fuhr herum und gewahrte nur eben noch den Schatten eines feinen, spöttischen Lächelns auf dem Antlitz des Fragenden. Da sie es aber einmal gesehen hatte, verfehlte es auch nicht seine Wirkung auf sie. Alles wirkte auf Margarete. „Natürlich für die Frauen!" sagte sie ironisch. Dann Oker ihre müde, lässige Stellung hon vorher wieder ein nehmend, fügte sie hinzu: „Nur setzt nicht diskutieren, Pro- sefsorl Ich will nicht. Ich bin so köstlich faul hier draußen; übrigens ist es auch schade, wenn man die stille Blüten schönheit rund herum mit Worten stört, die nicht Hinein passen." „Man könnte ja passende Worte sprechen," schlug der Professor um. „Oder trauen Sie mir das nicht zu?" Margarete schwieg. Sie hätte ihm gern geantwortet, daß in Ler Natur ihr alle gesprochenen Worte nicht am Platze schienen; ganz besonders nicht Professorenworte, die niemals naiv waren. Aber dann hätte er wieder etwas geantwortet — nein, sie schluckte lieber ihre Replik hinunter. Auf Lem ledergepolstertsn Langstuhl, der entsprechend der übrigen modernen Zimmereinrichtung mit violettem Linienmuster im Jugendstil geschmückt war, dehnte sich be- haglich der Professor. Man hätte ihn ganz einfach nur den Salonprofessor zu nennen brauchen, so wäre er- als Berliner Spezialität ge nügend gestempelt gewesen. Aber dieser Titel hätte ihm ein ungerechtes Plus an Oberflächlichkeit und ein Minus an Tüchtigkeit beigemessen; denn er war wirklich ein Univer sitätsprofessor, der seine Vorlesungen regelmäßig hiett und bei seinen Hörern überaus beliebt war. — Wo er die Zeit hernahm, in allen Salons von Berlin A. so zu Hause zu sein wie in der ernsten Wissenschaft, das blieb den meisten ein Rätsel; doch nichts war dem Professor Jllengleitner gleichgültiger, als die Meinung seiner Mitmenschen — so lange sie liebenswürdig zu ihm waren. Schroff oder kalt ablehnend durfte niemand zu ihm sein, das vertrug der hei- tere Süddeutsche nicht. „Sehr hübsch!" sagte nach einer längeren Pause der Professor laut. Margarete war leise zusammengefahren und wandte das hochfrisierte, schmale Haupt ein wenig. „Was ist hübsch?" „Nun, Sie natürlich, Margarete! Sie stehen da wie eine moderne Gravüre, so schlank mrd ein bißchen zu schlank sogar. Und vor Ihnen der har-tblaue Himmel, in den ich nur ein paar grasgrüne Baumspitzen hineinragen sehe — dann das dunkle Fensterkreuz, um das Sie so hoch oben Ihre Hände geschlungen haben und aut den weißer Länden Ihr bronzefarbenes Haar — alles so eigenartig! Ich be greife gar nicht, wo Sie so viel Eigenart hernehmen! Sie machen ja nicht eine einzige Bewegung, die nicht gerade Ihre Betvegung wäre!" „Und so weiter," sagte Margarete gelassen. „Sie haben auch eine Eigenart, Professor; Sie sehen nämlich so unendlich viel — nicht? Wenn Sie diesen klaren Sommer himmel mit „hartblau" bezeichnen, und die Bäume, welche natürlich nicht rosa sind, „grasgrün" nennen — und über haupt!" „Was denn überhaupt!" „Ach, Ihr modernen Menschen, mit Eurer schon ganz unbewußten Sucht, von heute zu sein! — Ihr seht nicht mehr Lie Natur, Ihr seht immer nur ein Bild, und zwar wornöglich ein sezesfionistifches! Ihr seht nicht die Mensch heit, sondern ein pikantes Exemplar, womöglich ein recht „eigenartiges" — wie ich zum Beispiel! Ich bin aber nämlich gar nicht eigenartig; und ich bin auch ncht modern und von heute, sondern ich bin aus dem vorigen Jahrhun dert, wie mir der Professor Jllengleitner verschiedentlich mitgeiettt bat " ! »Womit Ler Mann vollkommen Recht gehabt hat. —< Dieser Mann hat überhaupt immer Recht. — Sie sind ein Gemisch, verehrte Freulwin, halb aus dem vorigen Jahr hundert und halb von heute — ja zuweilen rennen Sie allen anderen voraus." „Und dann bin ich wahrscheinlich von morgen," sagte sie mit einem gutmütigen Lächeln. Sie hatte sich jetzt in das Zimmer gewandt und an dem kleinen Tischchen Platz genommen, das neben Lem Lang stuhl des Professors stand. „Wissen Sie was, Freundchen? Ich kenne Interessan teres, als von mir zu sprechen I Und deshalb erzählen Sie mir jetzt einmal, was Ihre Frau macht.' „Meine Frau macht Handarbeiten," sagte er lakonisch. „Aber doch nicht von früh bis spät. Sie wird Ihnen heut nachkommen, nicht wahr? Und wird eine lieber- rafchung mitbringen, schrieb sie mir gestern." „Wahrscheinlich ein neues Kuchenrezept!" Ern halb unwilliges, halb amüsiertes Leuchten ging durch Margaretes Augen; . — - - -