TANGOARGENTINO & TANGONUEVO Der „Tango Argentino“, das in Musik und Tanz ausgedrückte Lebensgefühl eines ganzen Volkes, vor fast 100 Jahren in den Hafenkneipen und Vergnügungs etablissements von Buenos Aires geboren, wurde zunächst improvisierend und ohne Notierung von Amateur- und Straßenmusikern gespielt. In den 20er Jahren entstanden dann nach dem Vorbild des berühmten Ensembles der legendären Brüder Julio und Francisco de Caro (die Piazzolla übrigens in seinem Stück „Decarissimo“ verewigt hat) professionelle Tango-Orchester, die in den .salones’ zu großen Tangobällen aufspielten. In Astor Piazzollas kongenial nachempfundener hochartifizieller Ausdeutung schließlich, dem “Tango Nuevo”, schaffte die Unterhaltungsmusik der .kleinen Leute’ den Sprung auf die Konzertpodien der Welt und ist heute ebenso Bestandteil der modernen Konzertliteratur wie der Weltmusik. „Introduccion“ und vor allem „Milonga del Angel“, zwei der fünf Stücke aus Piazzollas Suite „Concierto del Angel“ (beide im Arrangement des Dirigenten und Tangospezialisten Rolf Gupta) gehören ebenso zu den beliebten Standardwerken des „Tango Nuevo“ wie die Original-Orchesterkomposition „Tangazo“ und „Homage ä Liege“, das Doppelkonzert f. Bandoneon und Gitarre. „Fugay Misterio“ wurde durch Piazzollas Tango-Oper „Maria de Buenos Aires“ bekannt und wird hier in einem Arran gement für Orchester, Bandoneon und Klavier von Sverre Indris Joner, dem Pianisten des Trios „Tango for 3“ gespielt, von dem auch die anderen Arrangements des Programms stammen. Der „Tango Argentino“ in seiner getanzten und instrumentalen Form ist mit einigen der populärsten Titel beliebter argentinischer Tangokomponisten vertreten. Edgardo Donatos „A Media Luz“ ist ein berühmtes Tango-Lied von 1935. Der Text von Carlos Cesar Lenzi beschreibt ein Bordell in der Corrientes 348 (einem der größten Boulevards in Buenos Aires). Die hier gespielte instrumentale Version für Tango quartett ist eine Hommage an das legendäre „Sexteto Tango“. „Orillera“ und „La Trampera“ sind Beispiele für die schnellere, spielerische und rhythmischere Version des Tango, die Milonga. Die Arrangements für „Zum“, „Pata Ancha“ und den romantischen Tangowalzer „Desde el Alma“ sind im Stil dem berühmten Tango- Orchester von Pugliese nachempfunden, der dem Tango ebenso wie die de Caro Brüder bedeutende stilbildende Impulse gegeben hat, die sich auch in Piazzollas Kompositionen wiederfinden. Mariano Mores „Tanguera“, unverzichtbarer Bestandteil jeder Tangoshow, wurde durch den Hollywood-Film „Moulin Rouge“ bekannt. Der einzige nicht aus Argentinien stammende Tango „Mi Viejo Dolor“ ist eine sehr persönliche Hommage von Sverre Indris Joner an seine Mutter. Die Originalkom position im ,Post-Piazzolla’-Stil, verbindet die traditionelle Melodik des Tango mit modernen Harmonien. Mit Alberto Ginasteras Ballett-Suite „Estancia“ findet der Tango, die Musik aus den Bars der Mega-Metropole Buenos Aires, schließlich einen - ergänzenden - Kontrapunkt. Seine vier „Danzas del Ballet“ sind stark von der Folklore der einfachen ländlichen Bevölkerung geprägt (er selbst nannte diesen Stil .objektiven Nationalis mus’). Sie führen hinaus in die argentinische Pampa, das weite Land jenseits der Städte, und beschreiben das Leben der Landarbeiter und Viehhirten. Ein wenig davon steckt vielleicht auch heute noch in der Seele jeder Tanguera und jedes Tanguero.