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Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter; LandtagSbellage, Synvdalbeilage, Ziehungslisten der Verwaltun" der Ä. S. Staatsschulden und der K. Alters» nnd Landestulturrentenbank, Jahresbericht nitü Rechnungsabschluß der Landes-PrandversichernngSanstalt, Berkauf-liste von Holzpflanzen auf den K. s. Staatsforstrevieren. Nr. 249. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hofrat Doenges in Dresden. Donnerstag, 25. Oktober abends 1917. Bezugspreis: Bei»n Bezüge durch di« Geschäftsstelle, Braße Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Marl 50 Pf. vierteljährlich Einzelne Nummern 10 Pf Erscheint nur Werltag». —Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 2l2S5,2chriftleitung Nr. 14574. Ankündigungen: Tie lfpaltige Brundzeile oder deren Raum im Ankündiaungsteile 4l> Pf., die Lfpaltige Brundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 80 Pf, unter Eingesandt 160 Pi Preisermäßigung aus GeschästSanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 11 Uhr. Die kurz »er Bezilm des Dr»SeS ei«gehe«den Meldnttge« befinden sich ans Seite? dieser AnSgabe. * Gestern Haden unsre und österreichisch-ungarische Truppen die italienische Front in den Betten von Flitsch und Tolmein in einer Breite von rw Kn, durchbrochen. Fu Albanien haben südlich von Berat und beiderseits des Tevoli-Flussetz österreichisch-ungarische Lichernngstrnppen mit Erfolg gekämpft. * Redmonds Antrag, der das Borgehen der Berwaltung hinsichtlich der irischen Exekutive bemängelt, wurde im eng lischen Unterhaus mit 211 gegen 78 Stimmen abgelehnt. * Aach Londoner Meldungen haben in Walso, Edinburg, Glasgow und Manchester Friedenskundgebungen statt gefunden. , Tie Prämie der 171. »önigl. Lachs. Landeslotterie von SOO 000 M. fiel nebst einem 10000 M. - Gewinn auf die Rr. 100 734. Amtlicher Teil. Ministerium des Fnnern. Se. Majestät der König Haden Allergnädigst geruht, den Mitgliedern der I. Kammer der Ständeversammlung Oberbürgermeister Blühen in Dresden und Oberbürger- meister Keil in Ztbickau das Komturkreuz 2. Klasse des Awrechtsordens, den Mitgliedern der II. Kammer der Ständeversammlung Geh. Okonomierat Andrae auf Braunsdorf das Ritterkreuz 1. Klasse des Verdienstordens, Kaufmann Langhammer in Chemnitz die Krone zum Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens, Okonomierat Schade in Dresden und Rechtsanwalt Vr. Kaiser in Dresden, sowie Pfarrer Oertel in Crimmitschau das Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens, dem Präsidenten der II. Kammer der Ständeversammlung Geh. Hofrat vr. pkil. Bogel in Dresden den Titel und Rang als Geheimer Rat, sowie den Mitgliedern der II. Kammer der Ständeversammlung Kommerzienrat Bauer in Nieder lössnitz den Titel und Rang als Geheimer Kommerzienrat, Rechtsanwalt jur. B ö h m c in Großröhrsdorf bei Pirna den Titel und Rang als Justizrat, Großmühlen- besitzet Gleisberg in Grimma den Titel und Rang als Kommerzienrat, Geometer Rentsch in Kamenz den Titel und Rang als Hofrat und Direktor im Bunde der Landwirte Staotrat Schmidt in Freiberg den Titel und Rang als Okonomierat zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, der Frau verw. Garte pp geb. Cartharius in Leutzsch das Ehrenkrenz für freiwillige Wohlfahrtspflege in: Kriege und dem Blcicharbeiter Hermann Priebs in Walddorf die Friedrich August-Medaille in Silber zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Oberarzt der Reserve in einem Feldartillerieregiment vr. Ewald Robert Hessel für die von ihm am 3. Juni unter eigener Lebensgefahr bewirkte Errettung eines Unterzahlmeisters vom Tode des Ertrinkens in einem Flusse im Kriegsgebiet die silberne Lebensrettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. (Fortsetzung des amtlichen Teiles in der 2. Beilage.- Nichtamtlicher Teil. Was Deutschland der allgemeinen Wehr pflicht verdankt. Bon Generalleutnant Frhr. v. Freytag-Lormghoven. „Zn der Überzeugung, daß das Wasfentragen ein edles Vorrecht sei, sind »vir erst »vieder durch Scharnhorst ge kommen", sagt Trcitschke in seiner „Politik". Die Ver wirklichung des Scharnhorstscher» Gedankens hat es Preu ßen ermöglicht, in» Jahre 1813 die Fremdherrschaft abzu- schütteln und als gleichberechtigte Großmacht neben Rußland und Österreich in den Kampf zu treten. Preußen hatte im August 1813 nicht »veniger als 271000 Mann unter den Waffen bei einer Bevölkerung von noch nicht fünf Millionen, auf die es der Friede von Tilsit hinabgedrückt hatte. E.s übertraf mit dieser HeereSmacht Österreich mit feinen 23^000 Mann und kau» dem mächtigen russischen Reich nahe, dessen Heer 297 000 Mann zählte. Der Bei- bebalt der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen fand im Frieden nach den Befreiungskriegen keine Nachahmung in den ander»» deutschen Staaten und bei den fremden Mächten. Tas preußische System erfreute sich in» all gemeinen keines Beifalls, obwohl gerade in Frankreich ein sichtige Männer, darunter Generale der napoleonischen Zeit, seine Einführung empfahlen. Unter dem Pürgcrkönigtum äußerte ein französischer General zu einen» preußischen Stabsoffizier: „Ihre Organi sation ist vollendet, aber »vir können niemals zu einer solchen gelangen, denn dazu gehört eine förmliche Um änderung in unsere»» Sitten, Gebräuchen und Gesetzen", und der Herzog von Orleans bemerkte demselben Offizier: „Ihnen kommt Ihre Organisation zu Hil»e: Sie lasse»» alles soldatisch und geschlossen marschieren, und das brauchen wir auch. Tie Armee ist nur die Avantgarde des Volkes, wie sich das gehört, und ich hoffe, daß »vir ebenfalls dahin gelangen." Frankreich ist zn seinem Schaden bis zum Jahre 1870 nicht dahin gelangt, aber selbst in ihrem Urfvrungslande war die allgemeine Wehrpflicht zeitweilig in Gefahr, in mitten eines lange»» Friedens zu verschwinden. Bereits in den vierziger Jahre»» des vorige»» Jahrhunderts konnte man sich in Preußen nicht verhehlen, das; die allgemeine Wehrpflicht bei einer Rekrnteneinstelluug von nur 40000 Mann jährlich, während die Bevölkerung sich seit dein Jahre 1814 fast verdoppelt hatte und gleichzeitig das Staatseinkommen vor» 50 auf 90 Mill. Taler angcwachsen war, tatsächlich nicht mehr bestand. Boyen, der Schöpfer der Wehrgesetze von 1814 und 1815, äußerte: „Mit der Zunahme der Bevölkerung und des Wohlstandes in einen» Staate müssen auch die Rüstungsmaßrcgeln in demselben steigen, »venu er sich nicht »nutwillig dem Verfall hin- gebe»» will." Tiefem Verfalle vorgebeugt zu haben, ist das hohe Verdienst des Prinzen von Preußen. Er leitete die Armee aus der Mobilmachung von 1859 in eine Organisation hinüber, die cs ermöglicht hat, Preußen 1866 an die Spitze Deutschlands zn bringen und dem geeinten Deutschland zu einer ungeahnte»» Machtstellung zu ver- helfen. Tie Zahl der Jnsantcrieregimenter wurde nahc- zu verdoppelt, die übrigen Waste»» erführe»» eine ansehn liche Vermchrnng. Während König Wilhelm bereits 1870 die auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht ergänzten gesamten deutschen Kontingente gegen den Feind zn führen vermochte, hatte man »»»»geachtet der prenßifchen Erfolge voi» I8« o im Ans' lande noch gezögert, Deutschland auf seinem Wege zn folgen. Ter französische Kriegsminister, Marschall Niet, drang im Parlament mit einen» Gesetzentwurf zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nicht durch. Man begnügte sich in Frankreich 1868 damit, neben der aktiven durch die Konskription mit zugelassener Stellve»tretung ergänzten Armee in Gestalt der sogenannten „Mobilen National garde" eine Hilfsmacht von 400 000 Mann zu schaffen, die jedoch erst nach 9 Jahren auf diese Höhe gelangen konnte, und dazn nur auf den» Papier stand, da sie nur fünfzehnmal im Jahre, jedesmal nur auf einen Tag, ein berufen werden durfte. So ist es dazu gekommen, daß uns Frankreich 1870 in völlig unzureichender Rüstung entgegcntrat. Tie überzeugende Sprache der deutschen Erfolge im Kriege von 1870 71 hat dam» nacheinander alle große»» Kontinentalmäcüte bewogeu, die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Sie zu erhalten und weiter auszubauen, hatte Deutschland bei seiner mittlere»» Lage alle»» Anlaß. Der greise Feldmarschall Graf Moltke äußerte am 16. Februar 1874 im Reichstage: „Der Wunsch, an den großen Summen, die jährlich für das Militär verausgabt werden, zu sparen, sie dem Steuerpflichtigen zu erlasse»» oder für Zwecke des Fr»edc»»s zu verwende«, ist gewiß ein völlig gcu:chter. Wer würde dein sich nicht au schließen? Wer malt sich nicht gern aus, wieviel Gutes, Nützlickws und Schönes dabei geschaffen werde»» könnte! Aber vergessen dürfen wir dabei nicht, daß die Ersparnisse am Militäretat aus einer lange»» Reihe von Friedensjahren verlöre»» gehen können in einem Kriegsjahrc." I»» der Reichstagssitzung von» 1. März 1880 aber kennzeichnete der Feldmarschatt die Lage, wie sie bis zn»n Weltkriege sich ii» zunehmender Bedrohlichkeit für Deutsctüand ge staltet hat, »nit den Worten: „Wir haben alle Kriege aus brecht»» sehen, die weder das Staatsoberhaupt, noch das wirkliche Volk gewollt haben, sonder»» die Parteihäuptcr, die sich zu seinen Wortführern aufwarfen, die leicht be> einflußbare Menge und schließlich auch die Regierung nach sich zogen. Annexions- »nd Revanchegelüste, Miß behagen über innere Zustände, das Streben, stammver wandte Völkerschaften an sich zu ziehen, dies und vieles andere kann auch in Zukunst immer wieder neue Ver Wicklungen Hervorrufen, nnd so fürchte ich allerdings, daß »vir noch lange die jchwere Rüstung tragen müssen, welche unsere geschichtliche Entwicklung »Md nnserc Weltstellung uns aufnötigen." Die Revanchelust und die. anderen Bestrebungen der Feinde Deutschlands und Österreich Ungarns sind Jahr zehnte durch die Scheu vor den» geschnlten deutschen Vocks Heere znrückgchalten worbe»», aber sie blieben fortgesetzt im Wachsen. Nicht Deutschland hat die höchste Kriegs bereitschaft erstrebt und besessen, die zu erreichen seine Volkskrast ermöglicht hatte, sonder»» seine Feinde. Vor dem Weltkriege hatte nns allein Frankreich mit seiner un» 25 Millionen schwächeren Bevölkerung überholt. Scho»» war in Tentschland ein nahezu ähnliches Verhält nis eingetrcten wie einst vor der Reorganisation von 1859 in Preußen. Tie Wehrpflicht war bei unsere»»» 65 Millionen zählenden Bolte keine allgemeine mehr zn nennen, ihr hoher ethischer Wert dlvhte abermals zu schwinden. Tie Hecrcsvorlage von 1913 fußte daher den Ausbau der allgemeine»» Wehrpflicht nach dein Stande der Bevölkerung durch Erhöhung der jährliche»» Rekrutcn- einstellung um 63 000 Mann ins Auge. Zur Tect mg der Kosten »vurde ein Wehrbeitrag in Höhe einer Milliarde Mark erhoben. Tie Turchführung der 1913 bewilligten Heeres- Vermehrung ist durch den Ausbruch des Weltkrieges unter brochen »vorder». Tie Scharen von Kriegsfreiwilligen, die sich in» August 1914 zu deu Fahneu drängte«, uud die ge wattige Bermehrung, dre unser Heer in» Laufe des Krieges erfahren hat, zeigen schlagend, welche Bolkskrast bei nns im Friede»» für Kriegszwecke nicht nutzbar gemacht worden »st. Erst im Kriege selbst sind wir in Wahrheit ein Volk in Waffe»» geworden, darnm auch »nit den Waffen unüber windlich. Tie deutsche Heeresorganisation aber hat sich trotz vorher unvollständiger Turchführung der allgemeinen Wehrpflicht bewährt, weil sie den festen Rahmen avgab, in den sich die Volkstraft auch bei voller Anspannung ei«- zufügen vermochte. Nur dadurch ist es uns möglich, das drohende Verderben von unserem Vaterlande abzuwehrcn. Tas danke»» wir unserem von den Feinden so viel ge schmähten Militarismus. Sie haben versucht, ihn nach znahmen, und »veil es ihnen wohl in der Aufbringung von Mensche»» und Material glückte, nicht aber in der Nach ahmung des bei uns durch die Nbung eines Jahrhunderts in» Volke lebendigen Geistes, wenden sie alle erdenklichen Mittel der Lüge an, diesen Geist als den Friedensstörer Europas hinzustellen. Tas deutsche Volk muß nur um so mehr auf der Hut fein, daß der Geist Scharnhorsts in ihm rege bleibe, und ii» der Wut der Feinde dci» Beweis dafür erblicken, daß es auf dem rechten Wege war. An ihm sollen sich die Borte Treitschkes erfüllen: „Auch der Durchschnittsmensch sühlt, daß das Heerwesen höher steht als die wirtschafllichcn Interessen, daß es über alle»» Preis erhaben ist: daß es sich hier handelt um sittliche Kräfte und diese bei der allgemeinen Wehrpflicht am sichersten geweckt und verwertet iverden." Der Krieg. 8«r Lage. Von de« Krönte». Berlin, 24. Oktober. Der Plan des Verbandes, durch wechselseitige, gemeinsame Operationen unter vollem Einsätze ihres gesamten ungeheuren Kampfmatenals noch vor dem Winter einen entscheidenden Erfolg zu erringen, ist bisher ohne Ergebnis geblieben. Die »nit kurzen Pausen sich folgenden unausgesetzte»» gewaltigen englisch-französischen Großangriffe in Flandern, denen ein strategischer Erfolg stets versagt blieb, sollten das deutsche Wcsthcer zermürben und mit seinen Haupt kräften an die flandrische Front fesieln. Hierdurch bofitc »na»» für den lange vorbereiteten französische« Angriff die Sicherheit eines entscheidende»» Erfolges zu schauen. Nach den vier blutigst zusammcngebrochenen eng lischen Angriffe»» in Flandern im September nnd Oktober schien der Tag der große»» cngiisch-französljcden Aktion gekommen zu sein. Die Zeit drängte. Mit einem Tag Vorsprung setzte der Engländer in Flandern an» 22. Ok tober seinen neuen Großangriff an, der mit einer blutige» vollkommenen Niederlage endete. Der schmale Streifen unserer zertrommelten Abwehrzone, der am Südrande des Houthoulster Waldes noch vom 22. Oktober in eritz lischcr Hand geblieben war, ist fast gänzlich dnrch dw wnchtigen Gegenstöße zurückerobert. Zu den »mgcheuer blutigen Opfern der britischen Armee sind erneut schwerste getreten und dem Angreifer außerdem bei den» letzten Angriffe einige hundert Gefangene und eine große An zahl Mafchincngewehre abgenommen worden. Während nach dieser vollkommenen Vereitelung eng lifcher Hoffnungen starke Artilleriekämpfe, von heftigen Feuerstöße»» begleitet, in Flandern anhiclten, brachen au» Morgen des 23. Oktober, nachdem durch fechStägigeS schwerstes Feuer unsere Linien vollständig zertrommett waren, die Franzosen in einer Breite von 25» km von Bauxaillon bis zur Höhe nördlich von Paitty mit gewal tige»» Massen zum Angriffe vor. Ihre Hoffnung, infolge der vierteljährigen Kämpfe in Flandern nunmehr hier gegen eine schwächer besetzte deutsche Front ihre weit-- gesteckte»» enlscheidcnden Ziele erreichen zu können, wurde bitter enttäu cht. Auf de» ganze»» Front von Vauxaillon bis zur Hochfläche nördlich von Paissy wurde der Angriff abgeschlagen. Nur ein lokaler Erfolg war ihn» beschicden.