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Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter: Landtagebeilage, Synodalbeilage, Ziehungslisten der Verwaltung der A. S. Staatsschulden und der S. Alter»- und Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Lande--Brandversichemng-anstalt, BerlaufSliste von Holzpslanzen auf den L. S. Staatsforftrevieren. Nr. 221. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hosrat Doenges in Dresden. Sonnabend, 22. September abends 1917. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Geschäftsstelle, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutfchen Postanstalten 3 Mark 50 Pf. vierteljährlich. Einzelne Nummern 16 Pf Erscheint nur Werktags. —Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295, Schriftleitung Nr 14674. Ankündigungen: Die tlpaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile 40 Ps-, die 2spaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 80 Pf, unter Eingesandt 160 Ps. Preisermäßigung aus GeschästSanzeigen. — Schluß der Annahme vormittag- 11 Uhr. Wirverösie«Mche« heilte die »erluplipe Nr. 446 tzer Sächsischen Armee. * Die k«r» vor Begin« des DrnckeS eingehende« Meld««ge« vesi«de« sich a«f Seite 7 dieser AnSga-e. ' * Im Ärmel-Kanal und in der Biscaha find von unseren Unterseebooten vier Dampfer und ein Legler mit 18 WO Bruttoregistertonnen versenkt worden. * Ans den» linken Düna-User haben unsere Tntppcn die russischen Stellungen nordwestlich von Jacobstadt durch brochen. * Der Wortlaut der deutschen und der österreichisch-unga rischen Antwort auf die Frieden-note des Papstes liegt vor. Amtlicher Teil. Ministerium des Lultntz und öffentlichen Unterrichts. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Pfarrer Ludwig Schlag in Mylau i.B. beim Über tritte in den Ruhestand das Ritterkreuz 1. Klasse vom Albrechtsorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der ordentliche Professor Högg an der Technischen Hochschule zu Dresden den ihm von Sr. Majestät dem Kaiser, König von Preußen, verliehenen Königs. Äronenorden 3. Klasse annebme und anlegc. lFortsetzung des amtlichen Teiles in der 1. Beilage.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. DreSven, 22. September. Se. Majestät der .König nahm vormittags im Residenzschlosse militärische Mel dungen und die Borträge der Herren Staatsminister sowie deS Kabinettssckretärs entgegen und kehrte hierauf nach Wachwitz zurück. Kriegs-Wochenschau. kk. Angesichts der Mißerfolge aller diesjährigen Offen siven unserer Feinde fragt man sich, was in aller Welt sie denn eigentlich dazu ermutige, das Heil in im» er neuen Schlachten zu suchen. Obgleich die Beantwortung dieser Frage mehr auf politischem als militärischem Gebiete liegt, so sei sie doch an dieser Stelle versucht. Bom militärischen Gesichtspunkte aus ließe sich gar keine Antwort finden. Tie Handlungsweise unserer Gegner würde uns ein Rätsel bleiben, weil die Gewißheit unserer militärischen Nnüber- windlichkeit unerschütterlich feststeht. Tic einleuchtendste Er klärung für die Fortsetzung der feindlichen Offensive findet man in den Worten des Franzosen Hervö: „Es ist klar, daß Deutsch land und Österreich nicht an allen Glockenzügen Europas auläuten würden, um einen Frieden ohne Entschädigungen und Angliederungen zu erbetteln, wenn sie sich nicht un rettbar verloren hüllen." Es ist selbstverständlich, daß ein Mann von der Einsicht Hervss nicht aus Überzeugung so sprechen kann, sondern daß feine Worte nur dazu dienen, feine Landsleute über die Tatsachen zu täuschen und ihre Stimmung für die Zwecke der Regierung zu be urteilen. Aber jedenfalls finden wir in seinen Worten die Erklärung für das Verhalten unserer Gegner. Unter bös williger Verkennung unserer Bereitschaft zu einem ehren vollen Frieden, die als natürlichste Folge der militärischen Lage und als Ausfluß unserer Friedensliebe erkannt wer den muß, schmieden die politischen Führer unserer Gegner aus ihr neue Waffen gegen uns. In der neuen Offensive in Flandern haben »vir die mittelbare Folge der Ent schließung unserer Mehrheitspartei zu erblicken. Me die, welche vor Beendung der Kampfeshand- lungen die noch schwebenden politischen Fragen bezüglich Be'gienS oder sogar Elsaß-Lothringens zu erörtern suchen, können sich aus dem Verhalten der Bcrbandsdiplomatcn die Lehre ziehen, daß alle politischen Stimmen zu schwei gen haben, solange nicht oer letzte Schwertstreich getan ist. Wenn jetzt in Flandern aufs neue das Blut unserer Edelsten fließen muß, so ist das nicht zum wenigsten dar auf zurückzuführen, daß bei uns daS Wort allzufrüh das Schwert abzulösen suchte. Durch die Ablehnung unseres Friedensangebote- im letzten Dezember waren unserer Politik die Richtlinien gegeben worden. Unsere Feinde sind nicht moralisch reif genug, um unseren Friedenswillen zu verstehen. Nicht Friedensschalmeien vermögen ihren Fanatismus zu dämpfen, sondern nur unsere militärischen Schlüge im Westen und Osten und die stetigen Erfolge unserer Unterseeboote. Zu Beginn der vergangenen Woche schien es, als ob die militärischen Unternehmungen der Verbandsmächte für dieses Jahr am Ende ihrer Tage angelaugt seien. Tie günstige Jahreszeit für Operationen großen Stils ist bald zu Ende. Die große Offensive der Verbandsmächte hat diesen nur wenige Frontverbesserungen gebracht. In der letzten Wcchen'chau konnten wir in der Annahme, daß die Sommerosfensive der Vcrbandsmächtc verebbt sei, ihre Ergebnisse feststellen. Nach unserer Meinung würde der Ausgang des Jahres nur noch Ergebnisse örtlichen Charakters zeitigen, wie sie in der letzten Zeit die fran zösischen Angriffe bei Verdun hatten. Wenn dennoch jetzt an der flandrischen Front die Kämpfe noch einmal auflohen und sogar einen so ge waltigen Charakter annehmen wie zwischen Langemarck und Hollebeke, so muß man den Grund dazu nicht in der günstigen Witterung suchen, sondern in der oben an geführten Irreführung der Perbandsvölker über die mili tärische und politische Lage. Tagcwährendes Artillericscuer und häufig plötzlich einsetzcndes Trommelfeuer kündigten vor einigen Tagen den Beginn der 3. Flandernschlacht an. Nach Patronillenkämpsen am 15. und 16. September bei St. Julien, bei Neuvc Chapelle, Bourics und Hulluch erfolgte bereits am 17. September ein Angriff mehrerer britischer Bataillone an der Straße Upern—Menin, der erfolglos zusammenbrach. Ebenso mißglückte ein von Tanks und Flammenwerfern begleiteter Vorstoß südöstlich von Arras. Im Artois tobende-heftige Patrouillenkämpre bei Gavrelle, Roeux und St. Quentin hatten in der Hauptsache wohl nur den Zweck, die Fortsetzung der englischen Offensive vorzutäuschen, nm die unzusriedenen Gemüter jenseits des Kanals, die ihren Unwillen über die unterbliebene Veröffentlichung ausführlicher Heeres berichte schon knndgegeben haben, zu beruhigen. Der gestern auf einer Front von 12 km einsetzeudc Angriff zwischen Langemarck nnd Hollebeke bedeutet wieder ein Höchstmaß der feindlichen Anstrengungen. Wie bei allen großen Offensiven des jetzigen Krieges, bei denen die ersten Verteidigungsstellungen vollkommen eingeebnet werden, haben die Angreifer die Möglichkeit gehabt, bis zu einem Kilometer Tiefe, teilweise noch darüber hinaus, in unsere Stellungen cinzndringcn. Unser Gegenstoß hat sie zumeist wieder in das Trichterfeld zurnckgeworfen. Das Ergebnis des ersten Tages der dritten Flandern- schlacht ist also dasselbe wie bei den vorhergehenden. Sie endet mit dem Fehlschlägen der feindlichen Durchbruchsabsicht. Tie Franzosen vermögen bei Verdun nicht vorwärts m kommen, obgleich die ursprünglich 60 km breite Front auf ein Zehntel beiderseits Craonne znsammcngeschrumpft ist und ihre mitgenommenen Tivisioncn durch neue Truppeubestände, die man der Armee Sarrails entnommen hat, wieder aufgcfüllt worden sind. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz führt der neue Generalstabschef Alexejew sich dadurch ein, das; er sich durch Aufnahme der Artillerietütigkeit bei Tünaburg nnd in der Bukowina bemerkbar macht. An der rumänischen Front sind die kleinen Anfangserfolge der russo-rumänischen Truppen durch einige Gegenstöße unsrer Truppen wieder wcttgemacht worden. Aber allen den Kämpfen an der Ostfront kommt wie mich den Kämpfen in Mazedonien keine Bedeutung zu. Tie elfte Jfonroschlacht klingt mit den Kämpfen um den Monte Gabriele aus. An keiner Stelle bietet sich unseren Feinden Gelegenheit, unsere diesjährigen großen Erfolge in Galizien, der Bukowina und bei Riga in irgendeiner Weife durch eigene Erfolge auszugleichen. Mili.ärisch sind, wie feststeht, die Verbands mächte uns unterlegen. Nun gilt es noch durch Festhalten und Ausbau des Errungenen ihre Anmaßung auf poli tischem Gebiete zunichte zu machen, damit sie, die mili tärisch Unterlegenen, nicht länger an Tesannexionen zu denken wagen und aus unserer Fricdcnsbereitjchaft neue Waffen zu schmieden versuchen. (Abgeschlossen am 21. September.) Politisch» Woche»,cho». Auch in dieser Woche zieht Rußland die Blicke des politischen Beobachters besonders auf sich. General Kor nilow hat sich der vorläufigen Regierung ergeben und harrt seiner Bestrafung. Ob sie streng ausfallen wird, ist fraglich. Uber Stockholm wurde vor einigen Tagen gemeldet, daß ihm in der Anklageschrift nicht nur der Aufruhr, sondern auch die Schuld an der Rigaschen Niederlage zugeschrieben werde, da er Truppen, die zur Unterstützung an der Nordfront bestimmt waren, gegen Petersburg geführt und die Panikstimmnng im Heere zu vermehren gesucht habe. Gestern aber haben wir die Mitteilung gemacht, daß der Arbeiter- und Soldalenrat den Wunsch einer Amne-ie für Kornilow und die der Meuterei ««geklagten Generale ausgesprochen habe. Nach dem Scheitern des Unternehmens seines Gegners im eigenen Lande sitzt zwar Kerenski wieder vorläufig fest im Sattel, kann dies aber nur, indem er sich auf den Arbeiter- und Soldatenrat stützt und seine Forderungen erfüllt. Tie Bestrafung Kornilows wird also möglicher weise glimpflich aussallen. Es ist sogar die Nachricht oer breitet worden, daß dieser in die Regierung eintreien würde. Noch immer herrschen eine Unmasse Gegensätze in Rußland, sodaß niemand wissen kann, wohin die Entwicklung geht. Einen ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht bildet die Erklärung Rußlands zur Republik, die der Sowjet am 15. September in seiner Entschließung als erstes Erfordernis bezeichnet, und welche die Regierung am Tage darauf amtlich ver kündet hat. Diese hat damit der verfassunggebenden Versammlung vorgegriffen, die, wie es dem Polke nach dem Siege ver Revolution zugesagt worden war, die Staatssorm festlegen sollte. Offenbar ist die Bewegung Korniwws die Veranlassung zu diesem Schritte gewesen. Tie Gerüchte, daß Kerenski zum Präsidenten der rujsi scheu Republik ausgerufen werden sollte, liegen nahe, sind aber vorläufig nur als solche zu bewerten. Bereits zu Anfang dieser Woche aber wurde die Liste des neuen Kabinetts, an dessen Spitze Kerenski als erster Minister und Höchsttommandierender steht, veröffentlicht. Nach schwedischen Meldungen soll die neue Regierung den Arbeiter- und Soldatcnräten weitgehende Zugeständnisse gemacht haben. Ter Zug geht also immer wiever nach links. Trotzdem mehren sich die Reibungen zwischen dem Sowjet und Kerenski. Bezeichnend ist, daß der zuständige Ausschuß des Arbeiter und Soldatenrats sich dem Beseht .Kerenskis, sich auszulösen, widersetzt hat. Auch der Rücktritt der sozialistischen Minister Awksentjew und Skobelew läßt auf Gegensätze zwischen Kerenski und den Sozialisten schließen. Ersichtlich gewinnen die radikalen Strömungen im Arbeiter und Soldatenrate neue Kraft. So ist die Lage des „Siegers" Kerenski keineswegs beneidenswert, noch weniger die seines Landes, dessen Retter er sein will. Nicht nur mili tärisch und politisch, sondern auch wirtschaftlich verschlechtert sie sich zusehends. Ter Niedergang der russischen Valuta und die ungeheueren Kurcsturze der russischen Bankwerte an den europäischen Börsen sind die Vorboten einer nicht mehr auszuhaltendcn finanziellen Zerrüttung. Trotz des schweren Leidens des rusfischen Staats organismus hat es der ruffische Minister Terestschcnko fertig gebracht, der franwüschen Kammer ein Telegramm zuzusenden, das ihr Präsident Deschanel zu Beginn der Sitzung des 18. September verlas, in welchem der Wille Rußlands, den Kampf bis zum Siege fortzusetzen, be kräftigt wird. In dieser Kammersitzung wurve das Pro gramm des neuen Kabinetts durch Verlesung einer Re gierungserklärung bckanntgegeben. Es geht auS ihr hervor, daß die neue französische Regierung in ihren Kricgsziclen dieselbe Haltung cinnimmt wie die alte. Tic „Desannexion" Elsaß Lothringens und der Ersatz für den durch den Feind angcrichteien Schaden und seine Zer störungen sind ein von Ribot übernommenes Erbe. Auch bekannte sich dieser als Min stcr des Äußern in seiner am 19. September in der Kammer gehaltenen Rede zu seinem früheren Standpunkte. Solange diese Kriegsziele nicht erreicht seien, werde Frankreich den Kampf fortsctzen. Noch immer sprechen also die leckenden Männer unsrer Feinde ihren Kricgswillen offen aus, allen Gerüchten von Friedensfühlern zum Trotz, die jetzt in der Öffentlichkeit umherschwirren. Ob sie damit den Willen ihres Volkes se.bst cn.ssprechen. ist eine andere Frage. Der neue Ministerpräsident Painlevc hat viele der Kammer Mitglieder gegen sich, denn der größte Teil der Linken hat be, der Abstimmung über die Billigung der Regierungserklärung nicht teilgenommen oder sich der Ab stimmung enthalten. Es ist dies kein vielversprechender Anfang für die lange Tauer des Kabinetts. Wie in Frankreich die Sozialisten der Regierung ge spannt gegcnüberstehen, so bereiten sie, wie es scheint, auch in Italien den Behörden mancherlei Schwierig keiten. Die kürzlich verhängte, nunmehr wieder auf gehobene Grenzsperre gegen die Schweiz läßt nicht viel erkennen, aber manches vermuten. Tie nunmehr wieder eintleffendcn italienischen Blätter sprechen von ernsten Maßnahmcn gegen die Sozialisten und davon, daß der revolutw äre Ge»st in der Arbeiter- und Landbevölkerung in raschen, Steigen begriffen sei und zu bedauerlichen Zwischenfällen geführt habe. Ein bedeutungs'vllcr Tag für den Ausbau des pol nischen Staatswesens ist der 15. September. An diesem Tage wurden Kundgebungen Ihrer Majestäten de- Teutschen Kaisers und des österreichischen Kaiser- und König- von Ungarn und Erlasse der beiden Gencral- gouvcrneure sowie ein Patent über die Staatsgewalt im Königreich Polen bekanntgegeben. Ein Regentschaftsrat mit Kronrechten, ein verantwortliche- Ministerium, ei» selbständig wirkender Behördcnapparat, ein Staatsrat mit Parlament-rechten und Parlamentsfunktionen kfl