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Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter: Landtagsbeilage, Synodalbeilage, Ziehungslisten der Berwaltung der K. S. Staatsschulden und der K. Alters- und LaudeSkulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes-Brandversicherungsanstalt, Verkaufsliste von Holzpslanzen auf den K. S. Staatsforstrevieren. Nr. 212. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hofrat Doenges in Dresden. Mittwoch, 12. September abends 1917. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Geschäftsstelle, Große Zwingerstrabe 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark 60 Pf. vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf Erscheint nur Werktags. —Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295, Schriftleitung Nr. 11071. Ankündigungen: Dir Ispaltige Grundzeile oder deren Raum im AnkündigungSteile 40 Pf., die 2spaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 80 Pf, unter Eingesandt 160 Ps. Preisermäßigung auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 11 Uhr. Wir derösieuttiche» Herrle die Berlnplisie Nr. 44!! der Sächsischen Armee. * Die tnrz vor Begin« des Druckes ei«gehe«de» Meldungen befinde« sich a«f Seite 7 dieser Ausgabe. * Auf dem nördlichen Kriegsschauplätze find von unseren Unterseebooten wiederum sieben Dclmpser und zwei Legler mit 20 000 Bruttoregistertonnen versenkt worden. * Nach einer Rcutermeldung ist infolge einer Aufforde rung des Oberbefehlshabers Kornilow das ganze russische Kabinett zurnügetreten, um Kerenski volle Handlungsfreiheit zu geben. Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch soll von seinem blute im Kaukasus geflüchtet sein, da er tvegen Beteiligung an einer gegenrevolutionären Verschwörung fürchtete, verhaftet zu tvcrden. * Der amerikanische Senat hat die Kriegsstenervorlage angenommen. Amtlicher Teil. Finanzministerium. Sc. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Postselretär a. D. F. E. Müller in Leipzig das Albrechtskreuz, dem Oberbriefträgcr a. D. H. (5. Schulze in Borna (Bez. Leipzig) und dem Oberpostschaffncr a. D. Weder in Dresden das Ehrcnkreuz sowie dem Post schaffner a. D. Klinger in Dresden die Friedrich August- Medaille in Silber zu verleihen. (Fortsetzung des amtlichen Teiles in der Beilage.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königliche» Hofe. Dresden, 12. September. Heute nachmittags 5 Uhr fand unter dem Vorsitze Sr. Kömgl. Hoheit des Prinzen Johann Georg eine Sitzung des Ausschusses zur Ver sorgung der Truppen im Feld mit Lesestoff im Prinzlichen Palais statt. Tie mißglückte Offensive in Flandern. Uber den weiteren Verlauf der Offensive in Flandern wird uns aus dem dortigen Hauptquartier geschrieben: Die Stimmung unserer Gegner über die Ergebnisse der Offensive in Flandern verschlechtert sich dauernd weiter. Nun der erste Jubel über Marschall Haigs großen An griff am 31. Juli verstummt ist, setzt besonders in Eng land von allen Seiten die Kritik ein. Diese Offensive, deren riesige Vorbereitungen in geheimnisvolles Dunkel gehüllt wurden, war in England volkstümlich, besonders, weil man auf ein Zusammenarbeiten von Heer und Flotte rechnete. Frühere Beschießungen von Ostende und Zcebrügge durch feindliche Monitore waren als ge waltige Erfolge hingcstellt worden. Die Werft von Ostende sollte in Trümmern liegen, die Schleusen von Zeebrügge waren mehrfach vernichtet gemeldet worden. Wenn das schon einigen Monitoren gelungen war, was durfte man dann eist von einer Operation der vereinigten englischen, franwsischen und amerikanischen Seestreitkräfte gegen die flandrische Küste erwarten? Es klang so ein- leuchtend, wem» phamasievolle Berichterstatter von der schnellen Vernichtung der deutschen Küstenbattcricn sprachen und dabei dunkle Andeutungen von der Möglich- leit großer Landungen einflochtcn. Setzte zugleich mit diesem gewaltigen Angriff von der See her die so sorgfältig vor bereitete gemeinsame Landosfensive ein, so konnte ein Er folg gegen die durch ständige Zermürbungsaugriffe ge schwächte deutsche Armee nach alle» Regeln der Wahrschein lichkeit ja überhaupt nicht ausbleiben l Die verhaßten Nnterseebootstützpunkte würden fallen und zugleich der Landangriff unaufhaltsam — ostwärts — vorgctragcn werden. Wie weit, darüber war man sich nicht so reckt klar, jedenfalls aber würde hier endlich die große Ent schcidnng zu einem guten Ende kommen. — Bon diesen, hoffnungsvollen Programm ist scheinbar ein wesentlicher Faktor bereits ganz ausgeschieden. Amerikanische Bericht erstatter haben Admiral Jellicoe persönlich über die etwaige Beteiligung der englischen Flotte an dem Vor gehen geßen Flandern befragt, und er hat sich mehr als skeptisch darüber ausgesprochen. Er betonte sehr energisch, daß sich einer englischen Beschießung an der dortigen Küste kaum irgendwelche greifbaren Ziele böten, die anerkannt sehr leistungsfähigen deutschen Küstcnbattericn seien kaum sichtbar ausgestellt, ebenso seien die Schleusen von Zeebrügge ein viel zu kleines Ziel, Beschießungen von Ostende seien möglich, würden aber anch kaum die unter allen Umständen hierzu nötige sehr starke Gefährdung wertvoller Flottentcile recht fertigen. — Jellicoe ist der verwöhnte Liebling des eng lischen Volkes, die Verkörperung des englischen Angriffs geistes. Ihm, dem „Sieger" vom Skagerrak, hatte man damals verschwenderisch Lorbeeren geflochten. Sein Urteil klang daher dem englischen Volke recht befremdend. Prompt erschienen Presscgcrüchte, die von seinem Rück tritt sprachen. Ehurchills Stern begann wieder zn strahlen, er hält sich nicht mit zaghaften Bedenken auf, sein Plan ist Einfchließung der deutschen Flotte in der Hclgoländer- bucht, dazu genügt ein Teil der verfügbaren Secstreit- krüfte, der Rest, englische, französische und amerikanische Schiffe in Holdern Verein, bleibt frei für die reine Offen sive. -- Das klang vielverbeißend. Damit ließ sich doch etwas ansangen. — Aber erbarmungslos fielen alle ernsten Marineschriftsteller über seinen schönen Plan her und beschworen die Regierung, diesem unklaren Phan tasten, unter dessen unfähiger, renommistischer Leitung die englische Admiralität lediglich Mißerfolge erzielt habe, unter keinen Umständen wieder Einfluß auf strategische Operationen zu geben. Zunächst scheint sich auch Lloyd George noch nicht zu getrauen, diesen, chm an Tonart innig geistesverwandten, alterdin-s stark abgewirtschafteten großen Mann wieder in die Admiralität zu übernehmen. — Das englische Volk wird also wohl auf die eindruck vollste Nummer des großen Osfensivprogramms: Mit wirkung der englischen Hochseeflotte, auch weiter vergeblich warten müssen. Aber auch an der Landosfensive wird herbe Kritik geübt. Sie geht zu langsam vorwärts. Früher war der englische Steuerzahler mit der See- und Land- kricgführung durchaus zufrieden. Deutschland war zu Wasser abgeschlossen. Früher oder später mußte es wegen Hungers nachgeben. Um dies etwas zn beschleu nigen, sollte die englische Landkricgführnng allmählich die deutsche Armee zermürben. Behaglich wurde in der englischen Presse ausgeführt, in wie außerordentlich ökonomischer Weise man möglichst viel Deutsche töten könne. Muuition war in Hülle und Fülle vorhanden. Davon konnte Amerika liefern, so viel man brauchte. So konnte man in Ruhe eine deutsche Stellung nach der anderen zerschmettern und dann unblutig besetzen. Marschall Haig, der Träger dieser Offensive, war höchst populär. Von den Erfolgen an der Somme und bei Arras war man durchaus befriedigt. Die Zeit würde schon ihr übriges tun, um die starrköpfigen Deutschen klein zu bekommen. Heute ist die Zeit nicht mehr Eng lands Verbündeter und wenn man es auch noch nicht offen zugibt, man würde es sicher nur allzugern sehen, wenn der englische Oberbefehlshaber mehr riskierte, auf deutsch: noch mehr Menschen opferte. — Man bat in England mit dem Ansprobicren der ver schiedenen Arten von Taktik noch nickt den langen, bitteren Leidensweg dnrchgcmacht wie in Frank ¬ reich. Der brave, alte Joffre mnßte seinerzeit geben. Weil er in richtiger Erkenntnis der schnellen Erschöpfung der Mannschaftsbestände sich selten zu blutigen Angriffen entschloß. Man ver mißte damals ungeduldig den französischen Elan, dem bekanntlich nichts widerstehen kann. Joffres fähigster Nachfolger, Nivelle, stürzte, weil er wiederum zu viel Menfcken verbrauchte. Ter jetzige Oberbefeb Shader, Pötain, wandelt offenbar wieder in Joffres Spuren. Man wünscht keinen Elan mehr. — Der englische Führer ist in keiner beneidenswerten Lage. Seine Front ist anf französisches Drängen allmählich so breit geworden, daß die Zahl der für schwere Angriffe ver fügbaren Truppen beschränkt ist. Tic mit ihm operieren den französischen Truppen haben außer dem ersten Vorstoß von Birscbovte aus noch nichts Wesentliches ge leistet. — HaPs Hauptangriffe gelten ausgesprochen der Richtung Roeselare. Nach hier hat er aber mit Aus nähme der Gegend von Langcmarck bis jetzt kaum nc> neuswert Gelände gewomwn. Tie Hauptaufgabe, die Wegnahme der Höhenzügc von Westrvoscbekc bis Zonnc- bcke, liegt noch ungelöst vor ihm. Nördlich von diesen Höhen vor dem Walde von Houthoulst stockt zurzeit das Vorgehen der Franzosen bedenklich. Südlich von Zonne- bekc finden die Engländer nach ihren Angaben sehr starken Widerstand in dcft waldreichen Gegenden östlich von West- Hock. Wenn Marschall Haig überhaupt an die Möglich keit ciucS bcschlcuuigten Vorgehens in diesem Gelände gedacht hat, so muß ihn der pon unseren Truppen ge leistete Widerstand, der nach englischen Angaben alles Er wartete übertroffen hat, längst eines Besseren belehrt haben. — Es spricht entschieden für eine gewisse Nervös» tät bei dem englischen Oberkommando, wohl zurückzusühren auf Drängen von London aus, wenn Jnfanterieangriffe unter so ungünstigen Witterungsverhältnissen befohlen werden wie am letzten Montag. Nachdem am Nach- mittag dieses Tages starke Angriffe in der Gegend von Poelkapelle abgeschlagen worden waren, wurde abends nach gewaltigem Trommelfeuer bei wolkenbruchartigcm Regen ein erneuter tiesgegliederter Jnfanterieangriff aus der ganzen Hauptangrisssfront von der Bahn liuie Boesingehc —Staden bis herunter nach Zonne- beke angesctzt. Tas Ergebnis war, wie am Nach Mittage, vollkommene Abwehr durch unsere hier haupt sächlich aus württembergischcn Truppen bestehende Front. — Ter Rachmittagsangriff war durch zahl reiche Tanks und niedrigslicgende Infanterieflieger unter stützt worden, Hilfsmittel, ohne welche die englische In fanterie scheinbar überhaupt nicht gern mehr vorgcht. — Für den Kenner des Geländes lag es auf der Hand, daß dort, wo der so mit allen modernen Mitteln vor- geführte Angriff versagt, in dunkler Nacht und knie tiefem Schlamm bei strömendem Regen erst recht nichts zu erwarten fei. Wiederholte mißglückte Angriffe an der selben Stelle dämpfen die eigene, fördern die feindliche Stimmung. — So auch jetzt. Tie Stimmung in unsern Reihen ist trotz Sturm und Regen ausgezeichnet. Man kennt allmählich die Eigenheiten der englischen Taktik und fühlt sich ihnen in jeder Hinsicht gewachfen. Tie vorzüglichen Leistungen unserer Artillerie werden von der Infanterie aufs höchste anerkannt. Tie langen Reihen zerschossener Tanks vor unseren Stellungen sind ein sichtbares Zeugnis, in welcher Weise sie diesem von den Engländern als jo furchtbar dargcstellten Kampf- Mittel zu Leibe geht, dankbar empfindet die Infanterie aber vor allem, daß ihr fast stets bei feindlichen An griffen Gelegenheit zu sofortigen Gegenstößen gegeben wird. Von unserer Artillerie vorzüglich unterstützt, von schneidig vorgehendeu, mit Maschinengewehren arbeitenden Fliegertrupps begleitet, machen diese Gegen stöße immer wieder das feindliche Bestreben, Gelände zu gewinnen, zunichte. Tie Stimmung der täglich einge- vrachten englischen Gefangenen zeugt deutlich davon, daß sic das Gefühl haben, nicht weiter zu kommen. Be sonders alte englische Unteroffiziere, die bei schneidigem Vorgehen mit ihren Leuten zu weit vorprallten und dann durch unsere Gegenstöße abgeschnitten wurden, klagen bitter über die mangelhafte englische Führung. — So kommt diese englische Offensive, war sie als Turch brück oder als langsame Zermürbung geplant, allmählich auf einen toten Strang. — Tret günstige Angriffs- monate liegen vor unseren Truppen, frohlockte die ! englische Presse Anfang August. Ter erste ist ergebnislos ins Land gegangen. Tic englische Führung wird sich langst gesagt haben, daß sich ihre Aussichten kaum noch verbessern kennen. — Wir wissen sehr wohl, daß manche englische Tivision schon viel länger in vorderster Linie aushaltcn muß, als ihr ursprünglich versprochen. Bisher haben die höheren Führer versucht, durch persönliche Ansprachen bei den einzelnen Bataillonen die Stimmung zu heben. Auf die Taner geht dies nicht, cs liegt im Wesen dieser blutigen Abwehrschlacht, daß jede Truppe nach gemessener Zeit unbedingt der Ruhe be darf. Reichen dazu die vorhandenen Ablösungen nicht mehr aus, daun wird recht bald der Tag kommen, an dem sich diese Offensive ebenso verblutet hat wie die anderen, die wir erlebten. Tic englische Preße bereitet schon vorsorglich Trostmittel vor: Amerikas Hufe an Truppen und Flugzeugen im nächsten Sommer. — Aber das englische Volk verfolgt nickt mehr hoffnungssroh wie einst diese Zukunftsbilder. Ter englische Optimismus ist dahin. — Wenn das englische Trommelfeuer in Flan dern, auf das die Londoner jetzt täglich mit sorgenvoller Spannung lauschen, dieses Mal wiederum so erfolglos wie früher das au der Somme und bei Arras verballt, daun geht man in England trüben Tagen entgegen! Der Ttpcschenwtchstl zwischen dem Kaiser und dem ehemaligen Zaren von Rußland. m. An den in der Antwort des Zaren vom 9. Oktober 19üi enthaltenen Vorschlag eines deutsch-russischen Ver- tcidigungsabkommens knüpfte sich ein längerer Säuist wechsel. Teils führten ibn die Herrscher selbst, teils wurde er durch die Rcgiernngsorgane vermittelt. Er zog sich bis zum Dezember hin. Seinen Abschluß bildete ein Notenaustausch zwischen dem deutschen Botschafter in St. Peter bürg, Grascn v. Alvcnsleben, und dem russische»» Minister des Hußern Grafen Lambsdorff. Die deutsche Rote hatte folgenden Wortlaut: - - 28. November ^-t Petersburg, den „ ^e-ember „Die letzten Maßnahmen der englischen Reaicrung, wo ¬ durch die Dampfer, die in englischen Hüten Kohlen einnahmcn.