berg (1874 - 1951) sein wirklich neuartiges Ton system von den „zwölf nur aufeinander bezoge nen Tönen“ bekanntmachte. Doch das schmälerte keineswegs Strauss’ Ruhm und seine Erfolge. Seine Opem fanden im Gegenteil großen Zu spruch, und die meisten von ihnen gehören noch heute zum festen Repertoire größerer Häuser. Das Leben von Richard Strauss vollzog sich in ei ner höchst ereignisreichen Zeitspanne von 85 Jahren, die in politischer und künstlerisch-geisti ger Hinsicht unvereinbar scheinen. Er war sechs Jahre alt, als Deutschland gegen Frankreich zog und sah bald darauf das zweite deutsche Kaiser reich entstehen. Er starb vier Jahre nach dem Weltenbrand, an der Schwelle einer völligen Neu orientierung der Welt. Seine Wurzeln hatte er bei Wagner, fand sein eigenes, auf sein Ich bezoge nes Lebensgefühl im Wilhelminischen Reich, galt als Avantgardist noch vor der Jahrhundertwende und wurde schon zwanzig Jahre später als „un möglicher Erzreaktionär" verschrien. Inzwischen waren wesentlich neuere Töne durch die Auf lösung der Tonalität (Schönberg) angeschlagen worden. Die Welt begann sich schneller als er wartet zu wandeln, zu verändern. Revolutionen, auch künstlerische, wurden ausgerufen. Doch Strauss hatte längst seinen Stil gefunden und da mit Riesenerfolge gehabt. Warum sollte er noch weitere Experimente machen? Er sah keinen Grund, nach neuartigen Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen. Er feilte im Kleinen und erfand im merfort schöne und klangvolle Musik. Das behielt er bis ans Ende seiner Tage bei. Natürlich war dies für den jungen, aufstrebenden Künstler, der seine eigenen Möglichkeiten noch suchen mußte, seine Wege abzustecken hatte und sich erproben wollte, noch ganz anders. Über Hans von Bülow (1830-1894), berühmter Pianist und Dirigent, auch Mentor und Freund von Richard Strauss, hatte sich der junge Komponist (ab 1883) sehr schnell dem Gedankengut der so genannten Neudeutschen Schule, wie sie Franz