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DRESDNER O PHILHARMONIE vollends zurück, weil er offensichtlich nicht den gewünschten Erfolg in der Fremde finden konn te und schließlich meinte, daß er die russische Sprache in seinem Ohr widerhallen hören müßte und weil er mit seinen Landsleuten reden wollte, damit sie ihm etwas zurückgeben könnten, was ihm fehlen würde: „ihre Lieder, meine Lieder“. In der alten Heimat wurde er enthusiastisch auf genommen, war er doch einer der Ihrigen, der dem eigenen Land zwar im Ausland gedient hat te, jedoch genau wußte, wo er hingehörte. Man war bereit, sich auf seine Musik einzulassen, denn inzwischen bemühte er sich stark, einen allge meinverständlichen „Ton“ zu finden, eine „neue Einfachheit“ zu entwickeln. Sein kompositori scher Stil glättete sich gegenüber seinen früher gelegentlich recht exzentrischen und mitunter wilden musikalischen Ausbrüchen. So wurde sei ne Musiksprache mehr und mehr von optimisti scher Kraft und Lebensfreude geprägt, allerdings fernab von banaler Volkstümelei. Man spürte nichts mehr von gewissen radikalen Avantgar dismen seiner frühen Schaffenszeit, und die ly- risch-kantable Schönheit seiner Musik, deren Eleganz und Esprit verhalfen ihm rasch zu einer großen Beliebtheit. Die oftmals kühlen Reak tionen des Pariser Publikums schienen vergessen. Es tat Prokofjew wohl, verstanden und vielleicht sogar geliebt zu werden. Er war in der Heimat wirklich angekommen. Dafür war er auch bereit, bestimmte ideologische Aspekte zu tolerieren und sich mit den Fragen des „sozialistischen Rea lismus“ vertraut zu machen, manches sogar zu begrüßen und in sein eigenes Schaffen einzube ziehen. Aber bald bemerkte er, daß ihm durch sei ne Rückkehr in ein doktrinäres Land wohl doch mehr Fesseln auferlegt worden waren, als er dul den konnte. Er mußte sich in gewisser Weise re glementieren lassen, etwas, was ihm vormals im Westen nicht passiert war. Und so begann er, ei nen Weg zu suchen, der es ihm gerade wegen dieser stalinistisch geprägten Kulturdoktrin er ¬ geb. 11.(23.14.1891 in Sonzowka (Ukraine); gest. 5.3.1953 in Moskau 1904- 1914 Studium am Peters burger Konservatorium: Komposition bei A. Ljadow, Instrumen tation bei N. Rimski- Korsakow, Klavier bei A. Jessipowa, Dirigieren bei A. Tscherepnin 1914 Londonreise 1918 Emigration, Amerika und zeitweilig längere Aufenthalte in Europa 1923 Paris, erneute Zusammenarbeit mit Diaghilew seit 1927 regelmäßige Besuche der Sowjetunion bis zur vollständigen Rückkehr 1936 1936 „Peter und der Wolf" 1948 „Formalismus-Beschluß" des ZK der KPdSU, ver bunden mit Angriffen auf Prokofjew 1951/52 Siebente Sinfonie