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Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter: Landtagtbeilage, Synodalbeilage, Ziehungslisten der Verwaltung der S. S. Staatsschulden und der «.Alter-- und Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes-BrandversicherungSanstalt, Verkaufsliste von Holzpflanzen auf den K. S. Staatsforstrevieren. Nr. 12. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hofrat DoengeS in Dresden. Dienstag, 16. Januar abends 1917. Bezugspreis:. Beim Brzuge durch die Geschäftsstelle, Große Zwingerstraße 1«, sonne durch die deutschen Postanstalten » Mark bO Pf. vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint nur Werktags. —Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr St 2SS, Schriftleitung Nr. 1SL74. Ankündigungen: Die Ispaltige Grundzeit« oder deren Raum im AnkündigungSteile SO Pf, die Lspaltige Grundzeit« oder deren Raum im amtlichen Teile 7S Pf., unter Eingesandt ISS Pf. Preisermäßigung aus GeschäftSanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 11 Uhr. Wir dtrösienilichr« heute die Berlustlipe Nr. 377 der Sächsischen Armee. Lie lvrz vor Begin» des TrnSeS eingehende» Meldungen befinden sich ans Seite 7 dieser Ausgabe. * Zwischen KaNnu- und Tusita-Tal sowie bei Fnndeni sind starte russische Angriffe abgeschlagen worden. SapitSwLentnant Arnauld de la Perisre bat auf seiner letzten Fahrt, von der er dieser Tage znrückgekehrt ist, fünf Dampfer versenkt, die teils mit Weizen für England, teils mit Sohle nnd Kriegsmaterial nach Saloniki beladen waren. * Am 14. Januar vormittags wurde in den Gewässern Mittcl'Dalmatiens der österreichisch-ungarische Passagier dampfer "Zagreb" von ungefähr 5VV t durch ein feind liches Unterseeboot ohne Warnung versenkt. Der Militärflieger Sauvage, der im französischen Generalstabsberichte mehrmals erwähnt worden war, ist kürzlich im Luftkampfe an der Somme abgefchosscn worden. * Im Auswärtigen Amt zu Berlin sind eine Reibe von Verträgen, welche die Rechtsbeziehnngen zwischen dem Deutschen Reiche und der Türkei regeln, abgeschlossen worden. Nichtamtlicher Teil. Bom KSniglichen Hof«. Dresden, 16. Januar. Se. König!. Hoheit Prinz Ernst Heinrich ist heute vormittag ins Feld zurück- gereist. Jetzt gilt's! Ein Wort an alle — die es angeht. Bon Walter Bloem, Hauptmann im Felde. Nie war der Deutsche größer als in der Not. Das Glück scheint ihm weit weniger zu bekommen. Er neigt zum Übermut, wenn's ihm gut gebt. Seine Kraft, ge stählt im Feuer einer zweitaisendjährigen Leidens geschichte, gewohnt, immerfort Hindernisse zu überrennen und Schra .ken , mzustoßen, fährt wirr umher, wenn die Hemmungen Wegfällen, tobt sich aus in unersättlichem G ückbegehren, wenn ihm nach langer Nacht einmal die Sonne scheint. Jahrzehntelang haben wir im Lichte leben dürf n. Länger als jemals eine Generation von Deutschen vor uns. Nun ist es finster geworden um u s her. Schon zwei lange, harte Jahre hindurch und länger. Immer neue Wolken, immer schwärzere, sind heraufgezogen. Wohl hoben wir ihrer schon gar manche zerrissen und verscheucht mit dem Sturmhauch unserer gewaltig n nationalen Sonnensehnsucht. Toch umdüstert ist noch immer der Himm l unseres Volkstums. Noch immer sinnen die Feinde Vernichtung unseres Reiches, unserer Kraft'und Einigkeit. " Aber ist es nicht gut so? Der Sinn dieses Krieges ist an gar manchem in unserem Volke noch nicht völlig erfüllt. Ihrer noch zu viele sind äußerlich oder, innerlich unbeteiligt gebli den an der ungeheuersten Schick: ng, die jemals über eine Menschengemeinschaft verhängt war. Nur darum, will's mir scheinen, geht es noch nicht zu Ende — wird solange nicht zu E de gehen, bis das große Gottesgericht »virksom geworden ist am ganzen deutschen Volke bis in seine tiefsten Tiefen und bis in seine sturmgcmiedenen Höhen. Versteht, ihr deutwen Menschen, den Sinn der Stunde! Begreift, daß ihr ' och nicht vom Ende träumen dürft! Wir ha en die Erlösung noch nicht verdient. Wenigstens viele noch nicht, allzuviele unter uns noch nicht. Und lie — die müssen noch ganz anders gepackt und ge chüttelt werden, bis sie lcgreifen lernen, was eigentlich vor sich geht um sie herum. Tie sollen end lich auch her-usg rissen werden aus ihrer Alltäglichkeit. Die sollen unsicher und irre werden an ihrer gan en Leb.nsauff ssnng. Tie soll n nun auch erkennen lernen, daß ihr kleines Eintagsschickial nun und nimmermehr der Mittelpunkt ist, um den Volk, Erde, Welt zu frei en batten. D.iß jeder Mensch seine Bedeut, ng und sei. e Wert nickt in sich selber trägt, sondern in der Be ziehung, dje er Herz: stellen vermag zwijcl en sich und der Gesamtheit. Und was ist diese Gesamtheit anders als der ^Gottheit lebendiges Kleid"? Darum, weil so viele, gar zu viele unter uns dies noch im» er nicht beariffen haben — darum mußte und muß das große Erziehnngswerk des Krieges noch weiter wirken, muß die Schale des Zornes bis auf den Grnnb ausg'leert werden über Gerechte und Ungerechte in deutschen Landen. Schlage jeder an seine Brnst und rage sich: Was tatest du, ja gerade du, um des Opfers >er Brüder wert zu werden, die zu vielen Hundert ausenden da draußen geblutet haben und gestorben sind ür dich, a> ch für dich? Nie war der Deutsche größer als in der Not — so war es in allen vergangenen Jahrhunderten, so muß, so wird es jetzt wieder werden. Und ihr, die ihr euch bisher noch nicht bis z> r vollen Größe der Zeit empor- aerafft — ihr sollt entschuldigt sein, wenn ihr jetzt wenig- stens begreift und euch wandelt. Jetzt, da der Hemd seine Maske hat fallen lassen und euch sein haßentstelltes Antlitz zeigt. Ihr hattet es ja bisher noch immer so gut, ihr wußtet, ihr ahntet nickt einmal was Krieg ist. „Unsere braven Feldgrauen werde»'s schon machen." Darauf habt ihr euch bisher verl ssen dürfen. Und sie haben's ja auch gemacht. Aber der Feind ist eben auch da. Er h t uns alles, olles abgelausckt und allmählich nach gemacht) unsere rettende allgemeine Wehrpflicht, unsere Heeresorganisetion, unsere Kampfmethodcn und unsere Waffen, unser schweres Geschütz und unsern Munitions eins tz. Und da er nun doch einmal gegen jeden von uns fünf Mann zu stellen in der Lane war, da er wenig danach fragte, ob es recht sei, die Gelben, Braunen und Schwarzen gegen uns zu Hetzen, so ist eben doch einmal der Punkt gekommen, wo „unsere braven Feldgrauen" es allein nicht mehr machen können: wo es nicht weiter: angeht, daß die eine Hälfte des Volkes für die andere kämpft und blutet, und die andere sich's freundlich lächelnd und tatenlos gefallen läßt. Jetzt müssen alle ran! Alle. Wer nun noch zurücksteht, ist kein gewöhnlicher ^rückeberger — er ist ein Verräter an der Sache des Vaterland es. Wer nun noch wagt, weiterleben zu wollen im alten Gleise, die andern sich opfern zu lassen und selber sein Schäfchen ins Trockene zn bringen, auf den wird man mit Fingern zeigen als auf einen, der unwert wir, in der gewaltigsten Zeit der Menlchenceschichte zu leben, in Deut,chlands größter Zeit ein Dentscher zu sein. Gegenfragen. Von befugter unterrichteter Seite ist das Wolff-Büro ermächtigt, auf die amtliche Reuterauslassung über die d utscke Note an die Neutralen folgendes zu erwidern: Die Fragen und Vorwürfe, die Reuter im Auftrage der engl scheu Regierung erhebt, um Deutschlands Schuld am Ausbri ch des Krieges zu beweisen, sind für niemand mehr neu. Es sind dieselben Phrasen, die längst widerlegt worden sind. Wir stellen einige Gegenfrag n. Hat nicht Sir Edward Grey erklärt, er verzichte auf die Konferenz- idee, wenn es Deut chland gelinge, Osterreich-Ungarn zu direkten Verhandlungen mit R ßland zu bringen, und i' dies Deutschlands dauernden Bemühungen nicht geglückt? War nicht die Anerbietung eines Sch edsgerichts an dem selben Tage, wo R ßland gegen Osterreich-Ungarn, den Bundesgenossen Deutschlands, das diesem vertragsmäßig zur Hilse verpflichtet war, mobilisierte, ein Ansinnen, auf das Deutschland nur so reagieren konnte, wie es reagiert hat? Hat nickt der englische Botschafter in Petersburg schon am 25. I li Ssasonow gewarnt, die Mobilisation anzuordnen, weil Deut chland nicht mit einer Gegen- mobilisalion sich begnügen könne, sondern sogleich Kneg erklären müsse? Hat nicht Graf Pourtalss Hrn. Ssasonow dauernd dasselbe gesagt? Hatte es nicht E yland in der Hand, dem Kriege fernzubleiben, wollte es nicht vielmehr die Gelegenheit benutzen, um über Deutschland herzufallen, nachdem Sir Edward Grey es abgelehnt hatte, neutral zu bleiben, selbst wenn Belgiens Neutralität, oder die Integrität Frankreichs und der französischen Kolonien von Deutschland garantiert werden würden? Spricht daraus und aus der strikten Weigerung, überhaupt Be- dingungen zu nennen, unter denen Großbritannien neutral bleiben würde nicht der absolute Angriffswille Englams, hat sich nickt R> ßland bei England nach vollzogener Mobilisation für die „feste Haltung" bedankt, die England Deutschland gegenüber eingenommen hat? — Warum schweigt die Reutermeldung über Irland, wo englische Offiziere unschuldige Iren aus reiner Lust am Töten ohne Kriegsg rcht erschossen haben? Erinnern sich die Engländer nicht an die Konzentrationslager während des Burenkrieges, wo Tausende unschuldiger Burenkinder zu grunde gingen, und weiß die engli che Regierung nicht, wie eine große Anzahl der Buren noch jetzt über E igla: d denkt? Sind der englischen Regierung die Dumadeb^tten über die Behandlung der Fremdvölker in Rußland un bekannt? Noch neulich hat . der russische Abgeordi ete Tschemkeli in der Duma gesagt, daß oft^on der Duma ¬ tribüne davon gesprochen worden sei, daß die russische Regierung während des Krieges alle menschlichen und göttlichen Gesetze hinsichtlich einer ganzen Reihe von Völker chaften verletzt habe. Sind nicht nach dem unanfechtbaren Zeugnis russischer Tuma- mitglieder zahllose Juden in Rußland unschuldig auf- gehangt und Mohammedaner im Kaukasus zu Tode ge quält worden? Hat nicht England und Frankreich unter dem heuchlerischen Mantel der Schutzmocht an das souveräne Griechenland Forderungen gestellt, die weit über die Forderlingen hinausgingen, die seinerzeit Öster reich-Ungarn an Serbien zu stellen gezwungen war? Was die Kolonien anlangt, so hat Deutschland die seinigen alle durch friedliche Abmachungen gewonnen. Es hat auch kein Ccknldkonto auszuweisen, wie das, mit dem England in Indien und Frankreich in Marokko belastet sind. Kann England irgendeinen Beweis dafür er bringen, daß Teutschland vor der Auslegung des eng lischen Minenfeldes in der Nordsee Minen anderwo als an den deutschen und englishen Küsten und in den Zu fahrtsstraßen zu den englischen Gewässern nach ent sprechender Warnung an die Neutralen gelegt hat? Ist nicht der deutsche Unterseebootskrieg lediglich eine Ver- geltnngsmaßregel gegen die englisch' Aushungerungs Politik? Ist den Engländern unbekannt, daß Paris eine Festung war, die von Deut chland regelrecht nach den Gesetzen des Krieges belagert worden ist? Ist den Engländern bekannt, daß ks russische Gefangenen lager gibt, in denen während des Krieges viele Tausende deutscher Gefangener elend zugrunde ge gangen sind, in Totzki allein 17 00V? Weiß man in Europa, daß in mancken Gefangenenlagern die Leichen der Verstorbenen in gefrorenem Zustande überein ander gestapelt werden und vor den Lagern aufgeschicktet worden sind? Warum erwähnt die Reuternote zwir den Lusitaniafall, nicht aber die Pogroms in Johannisburg, London und Moskau, den Baralons fall, den King Stephen, den Fall Felicie Pfadt. die Er chießung un schuldiger deutscher Kaufleute in Marokko, die Ermordung des deutschen Botschaftsbeamten Kattner unter den Augen und mit Billigung der russischen Polizei? Warum be- schäfligt sich die englische Presse nickt mit den englischen Anerbietungen über Belgien im Jahre 1887? Verm idet man cs, zu gestehen, daß die englüche Regierung zweier lei Interpretationen des Völ'errechts kennt, je nachdem die eine oder andere ihren Interessen nützlich ist? Warum hat man in England die Veröffentlichung der belgischen Gesandtenberichte über die Einkreifüngs- politik Englands verboten? Schämt man sich feiner eigenen Taten? Der Krieg. Zur Lage. Sächsischer ekfi;ier«-Hi1ssbunV. (L. Ll.) Es dürfte erwünscht sein zn erfahren, daß neben dem Deutschen Hilfsbi nd für kriegsverletzte Offiziere in Berlin im Jahr 1916 unter dem Schutz und Sckirm Sr. Majestät des Königs der Sächsische Offizieri-Hilfsbund ins Leben gerufen w rde. Beide Vereine gehen zwar Hand in Hand, insoweit sie bemüht sind, für die kri gsbeschädigten Offiziere und zwar für alle Offiziere des Aktiv-, des Beurlaubten- ufw. Standes je nach ihrer Befähigung, ihrer Ar eitskrast und ihrer Verwendbarkeit lohnende Beschäftigung zu vermitteln. Es ist selbstverständlich, daß man jetzt in vielen Zweigen .er Volkswirtschaft und in den Beamtenstellen hoff, die vor dem Kriege bereits angestellten bewährten Kräfte wieder in ihre Stellen aufzunehmen. Daher handelt es sich für den Bund nur um Ermittelung eines freiwerdenden oder neuzubesetzenden Arbeitsfeldes, welches für dis Offiziere zugänglich zn machen wäre. Schon jetzt machen sich viele Lücken fühlbar, und so manche Stelle ist mit Arbeit überbürdet, sodaß vielleicht diese Anregung von Nutzen sein wird, um den Gedanken weiter ausbauen zu können. Manchmal sind über diese Stellenermittelungen irrige Auffassungen entstanden, die der Bund gern beseitigen möchte, will er doch für die kriegsbcschädigten Offiziere nur als Vermittler zwischen Arbeitsnchenden und Arbeit- gebern wirken. Neben dieser Fürsorge steht aber der Sächsische Ofisiers-Hilfsbund auch den Hinterbliebenen gefa ener Offiziere treu zur Seite. Es soll besonders den hint r- bliclenen Waisen und H. lbwaisen eine weitere gute Er- iehung ermöglick t werden, damit diese dereinst nutz bringende Kräfte für die Allgemeinheit werden. Gerade für diesen Zweck sind dem Bunde in außer- ordentlich erfreulicher Weise reiche Beträ e -»gegangen, die zum Teil jetzt schon manche Lorge gelindert ha.en und gewiß auch ferner lindern werden. Der sächsische Bund erfreut sich allseitig des größten