Volltext Seite (XML)
ZUR EINFÜHRUNG Aufführungsdauer der Musik für Blechbläser: ca. 50 Minuten könnt. Und auch das Prelude aus seinem „Te Deum" - jeder Fernseh zuschauer kennt das Stück - wird nur selten mit seinem Namen in Verbindung gebracht. Der wesentlich ältere Italiener Gio vanni Gabrieli - er war schon ge storben, als Charpentier geboren wurde, gehörte also einer viel früheren Musikauffassung an -, zählt zu den herausragenden Kom ponisten der Musikgeschichte. Sein eigentliches Metier war der Chor gesang. Mit besonderer Vorliebe und großer Wirkung schrieb er mehrchörige Werke für getrennt aufgestellte Chöre, veranlaßt durch zwei gegenüberliegende Orgeln in Venedigs Markuskirche. Er fand darin eine neuartige Kunst der ge sanglichen Klanggestaltung und verstärkte sie durch Hinzuziehung zahlreicher Instrumente. Als Lehrer von namhaften Komponisten, dar unter Heinrich Schütz (1585 bis 1672), einem seiner bedeutend sten Schüler, wirkte Gabrieli weit in die Zukunft hinein, nicht zuletzt durch die zunehmende Verwen dung einer Dur/Moll-Tonalität (im Gegensatz zu dem, in seiner Zeit noch vielfach benutzten kirchento nalen Ordnungsprinzip = Modi oder Toni). Seine Canzoni, in unse rem Falle die Canzon quarti toni (das bezieht sich auf den soge nannten vierten „Kirchenton"), sind im Original von Instrumenten ver stärkte mehrchörige Werke. Ohne Wortbindung fehlt ihnen zwar ihr eigentlicher Sinngehalt, doch blei ben sie musikalisch gesehen völlig Das uralte Prinzip eines freizügigen Musizierens hat sich erhalten. So wie zu Gabrielis Zeiten nur selten vor geschrieben wurde, in welcher Besetzung ein Stück zu musizieren sei, ist es für Blech bläserbesetzungen durchaus üblich, ältere Werke herauszusuchen, die aus klanglichen Grün den adaptiert werden können. Diese legiti me Form der Bearbei tung birgt in sich den zusätzlichen Reiz einer neuen Sicht auf das Stück. Zwei Mitglieder der philharmonischen Bläser haben sich u. a. darauf spezialisiert, solche Bearbeitungen zu machen: Martin Stephan (Tuba) und Frank van Noyy (Posaune). Gegenwart musikalisch zu verbin den weiß und „Freude an unge wöhnlichen Mixturen der Klangfar ben und ein lustvolles Kombinieren der unterschiedlichsten Musikstile" (Booklet zur CD „Blech-Reiz") zu seinem Programm macht. Ein ande res Blechensemble, das „Courtois- Posaunenquartett Dresden", - eben falls aus Mitgliedern der Dresdner Philharmonie bestehend - fand sich 1995 zusammen. Auch diese Musiker suchen ihre Literatur in den unterschiedlichen Stilepochen, wol len aber „die Wandlungsfähigkeit der Posaune von der samtigen Zartheit der Barockposaune (Nach bauten alter Instrumente) bis hin zur Brillanz der modernen Instru mente des Pariser Meisters Antoine Courtoise" (Portraitheft) demon strieren und neue Klangdimensio nen erlebbar gestalten. Beide Ensembles, dazu weitere Mitglieder der Dresdner Philharmo nie, haben sich zusammenge funden, um Musik für Blechbläser erklingen zu lassen, Musik aus älte rer und neuerer Zeit und damit ei nen musikalischen Bogen über vier Jahrhunderte hinweg zu schlagen. Marc-Antoine Charpentier, Kompo nist, Kapellmeister und Musiklehrer in Paris, ein Zeitgenosse des großen französischen Komponisten Jean-Baptiste Lully (1632-1687), hat ein riesiges CEuvre hinterlassen (Kirchenmusik, Opern, Instrumen talwerke). Obwohl er als bedeu tendster Komponist seiner Zeit auf dem Gebiet geistlicher Musik gilt, sind seine Werke heute fast unbe-