„In diesem Sommer habe ich etwas in der Tradition von Mahlers Lied von der Erde komponiert. Es han delt sich um sieben Melodien für Sopran, Bariton und Orchester, die eng miteinander verbunden sind und ohne Unterbrechung gespielt werden sollen", schrieb Alexander Zemlinsky an den Direktor der Wiener Universal-Edition, Emil Hertzka, im September 1922. Die Orchestrierung stellte er im Som mer 1923 fertig und dirigierte selbst die Uraufführung am 4. Juni des Jahres in Prag, eine der weni gen Gelegenheiten, in denen Zemlinsky sein eigener Interpret wurde. Der Lehrer, Freund und Schwager Arnold Schönbergs, von dem dieser „fast all sein Wissen um die Technik und Probleme des Komponierens" erlernte, geriet nach seinem Tode in Vergessenheit und wurde erst in den 70er Jahren wiederentdeckt. Wie kam es zu diesem Vergessen? Im Jahr 1930 äußerte sich Zemlin sky, ihm fehle „das gewisse Etwas", das ihn befähige, Ellenbo gen auszufahren, um im Kulturle ben eine ihm angemessene Wert schätzung zu erfahren. Aber nicht allein durch sein Wesen - offen für verschiedene Einflüsse und be strebt, diese in der Verinnerlichung der Strömungen zu begreifen - er reichte er nie eine Zugehörigkeit zu den jeweiligen kulturellen Strö mungen. Seine Zeitgenossen konn ten seine nach allen Seiten offene, beziehungsreiche Kompositions weise für sich nicht akzeptieren. Dazu trug bei, daß man sich allein auf den neuesten Stand des musi kalischen Materials als absolutes Kriterium des Fortschritts verengt hatte. Andererseits bleibt die Ton sprache Zemlinskys ambivalent zwischen Bewahrung und Infra gestellung der Tradition, wodurch sich eine Abgrenzung zum musika lischen Profil seiner Zeitgenossen schwierig gestaltete. Zemlinsky stand der musikalischen Entwick lung seiner Zeit, wie sie Schönberg vorantrieb, nicht ablehnend ge genüber, als Dirigent verantwortete er mehrere Uraufführungen Schön bergscher Werke. Doch löste er sich nie von der tonalen Harmonie. Sein Platz ist vielmehr innerhalb ei nes „musikalischen Kräftefeldes", das sich an Brahms, Wagner, Mahler und Schönberg orientiert, zu bestimmen. Man warf ihm aus diesem Grund Eklektizismus, den Biographisches: •geb. 14.10.1871 in Wien • gest. 15.3.1942 Larchmont/New York • als 13jähriger auf Konservatorium der Musikfreunde Wien • Förderung durch Brahms und Mahler • 1900-03 Carltheater • 1903/04 Theater an der Wien • 1904 -11 Wiener Volksoper • von Mahler 1907 an die Hofoper geholt • 1911-27 Prag, Deutsches Landes theater • 1916 2. Streichquartett • 1923 Lyrische Sinfonie • 1927-30 Berliner Krolloper • 1933 Kreidekreis • 1933 Wien • 1938 nach Prag, • 1939 in USA emigriert