Richard Strauss in der Zeit als Berliner Generalmusikdirektor 12 großen Zuspruch, und einige da von gehören noch heute zum festen Repertoire der größeren Häuser. Wie aber kam ein junger Mann, ein aufstrebender Komponist dazu, seine ersten bedeutsamen Sporen mit solchen riesenhaften Tongemäl den verdienen zu wollen? Warum blieb er nicht bescheiden bei den gängigen, etablierten Formen, die aus der Klassik und Romantik über liefert waren? Als Mensch der Jahr hundertwende, des zweiten, sieg verwöhnten deutschen Kaiserreichs, dachte er natürlich in den Katego rien der Zeit, übernahm für sich die bedeutungsschwere Proklamation das eigenen „Ich" und strebte ver mutlich ebenso nach Größe, wie es Nietzsche und sogar der Kaiser sahen. Hinzu kommt eine seit Mitte des 19. Jahrhunderts förmlich ent brannte kunstästhetische Auseinan dersetzung, an der sich künstleri sche Geister scheiden mußten. Mendelssohn, Schumann und Brahms beispielsweise fühlten sich der klassischen Tradition verpflich tet und bevorzugten es, eine reine, aus sich heraus wirkende Musik zu komponieren. Lizst hingegen - mit einer eigenen Gefolgschaft - ver trat eine völlig andere Auffassung. Er forderte, daß man der Musik einen beschreibenden Charakter geben müsse, eine außermusikali sche Idee, ein poetischer Vorwurf mit kompositorischen Mitteln aus zumalen sei. Diesem Gedankengut der sogenannten „Neudeutschen Schule" schloß Strauss sich an, an fangs geprägt durch seinen Freund und zeitweiligen Mentor Hans von Bülow und natürlich durch Richard Wagners späte Werke. Das ent sprach seinem eigenen Lebensge fühl und traf seinen künstlerischen Nerv. Er wollte beispielsweise keine Sinfonien komponieren. (Es existiert lediglich eine einzige, sehr frühe von 1884; die „Alpensinfo nie" ist es nur ihrem Titel nach und zählt zu den großen „Sinfonischen Dichtungen".) Er wollte in program matischer Absicht tonmalerische Bilder entwerfen, wollte die - seine - Welt darstellen, das Leben selbst beschreiben. Von da an fand Strauss rasch einen Weg zu einem eigenen Stil, den er ein Leben lang fest im Auge hatte. Durch ihn er fuhr dann die „Sinfonische Dich tung" sogar die entscheidenden Impulse. Strauss wurde zum un metaphysischen, vitalen Realitäts musiker. Er war nicht mehr einer bizarr-romantischen Gefühlswelt verhaftet, die mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun hatte, wie