Zwei Bilder Hartmanns: „Reicher Jude" und „Armer Jude" als Anregung für den Satz „Samuel Goldenberg et Schmuyle" aufgegriffen und damit unter schiedliche nationale Charaktere dargestellt. Diese Verschiedenartig keit war vermutlich der eigentliche Anstoß für den Komponisten, sich in solche unterschiedliche Welten hineinzudenken. Höchst kunstvoll, in all seiner kompositorischen Unbekümmerheit, folgte Mussorg- ski den ursprünglichen Bildideen, weniger auf ein Einzelbild bezo gen, als mehr die Spannung zwi schen einigen Bildern ausnutzend. So war der musikdramatische Dia log zwischen dem dicken, reichen, herrisch wirkenden Juden Samuel Goldenberg und dem mageren, ihn in schnatternd-piepsiger Tonla ge anflehenden Schmuyle beim Maler keine optische Realität, son dern beide gegensätzliche Juden sind lediglich auf zwei getrennten Blättern porträtiert. Nichts zeigt in den Bildern die Dramatik, die der Komponist schließlich herauszu lesen verstand. Mussorgski gelang te so zu einer, in manchen Details geradewegs impressionistisch-kolo ristisch anmutenden Komposition, die andere Komponisten zu einer Instrumentierung wirklich heraus fordern konnten. Selbst hätte der Komponist das niemals gewagt, kannte er doch sein Schwäche, für ein Orchester zu schreiben. Aber schon 1891 versuchte sich ein Rimski-Korsakow-Schüler, Michail Tuschmalow, daran. Für die Be liebtheit der Komposition spricht auch die große Anzahl von Bearbeitungen und Instrumentie rungen, die - um nur die bekannte sten Beispiele zu nennen - von Leopold Stokowski bis Vladimir Ashkenazy, von Isao Tomita (Syn thesizer-Fassung) bis Keith Emerson