Johannes Brahms Symphonie Nr. 1 c-Moll, op. 68 Obwohl Johannes Brahms sowohl durch seine Kammermusik als auch durch seine zahlreichen Lied- und Chorkompositionen zu einer frühen Berühmtheit gelangt war, die durch Orchesterserenaden und Klavierkonzerte noch verstärkt wurde, wagte er sich erst sehr spät an die Komposition einer Symphonie. Besonders interessant ist dabei, daß er bereits 1854, also im Alter von 21 Jahren, an einer d-Moll- Symphonie arbeitete, deren bereits skizzierten 1. Satz er dann für das 1. Klavierkonzert benützte. Und schon ein Jahr später begann er erneut mit der Komposition einer Symphonie, diesmal in c-Moll, wozu er durch die Begegnung mit Schumanns „Manfred"-Ouverture ange regt worden war. Doch auch dieses Mal verwarf er das Vorhaben alsbald und ließ einen damals begonnenen Satz liegen. Zu Beginn der sechziger Jahre holte er ihn wieder hervor, vollendete ihn in einer ersten Fassung und sandte diese an Clara Schumann, die davon sehr angetan war und ihn als „voll wunderbarer Schönheiten" bezeichnete. Trotz hohen Lobes auch von anderen Seiten konnte sich Brahms jedoch wieder nicht entschließen, das Werk zu vollenden, und ließ abermals etliche Jahre verstreichen, ohne weiter an der Symphonie zu arbeiten. Erst um das Jahr 1870 herum skizzierte er die folgenden Sätze, glaubte aber selbst nicht an deren Vollendung. So schrieb er seinem Freund Hermann Levi folgendes: „Ich werde nie eine Sympho nie komponieren. Du hast keinen Begriff davon, wie unsereinem zumute ist, wenn er immer so einen Riesen hinter sich marschieren hört." Mit diesem „Riesen" meinte er Ludwig van Beethoven, an dessen Orchesterpartituren er gemessen zu werden fürchtete. Der überaus große Erfolg seiner „Haydn-Variationen" war es dann, der den Meister schließlich doch von seiner Meinung abrücken ließ. Während der Ferienmonate der Jahre 1874 bis 1 876 vollendete er die restlichen drei Sätze der Symphonie, die dann endlich am 4. November 1 876 in Karlsruhe unter der Leitung von Otto Dessoff zur Uraufführung gelangte, der zahlreiche Wiederholungen in den ver schiedensten Städten Deutschlands und Österreichs folgten, unter anderem auch in Wien, wo der gefürchtete Musikkritiker Eduard Hanslick zu folgender Feststellung gelangte: „Aus diesem Werk muß wohl jeder Musiker die enge geistige Verwandtschaft Brahms' mit Beethoven klargeworden sein." Die geistige Verwandtschaft zeigt sich auf mannigfachste Art: Zunächst einmal sei die thematische Ähnlichkeit hervorgehoben, wobei insbesondere das Hauptthema des Finales deutlich dem „Freuden thema" aus Beethovens 9. Symphonie nachempfunden erscheint. Dann muß man diegroßformale Anlage der Symphonie erwähnen, die an der späten Wiener Klassik geschult ist, und schließlich ist auch die gesamte Art der motivischen Verarbeitung und Variation eine Weiter führung der Beethovenschen Techniken. Alle diese Komponenten