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Robert Schumann Symphonie Nr. 3 Es-dur Opus 97 - "Die Rheinische" po, sondern stellt einen behäbig schwin genden Ländler dar, der bald von einem graziösen Sechzehntel-Motiv umspielt wird und in einem leicht melancholischen a-moll-Trio, das zweimal erscheint, zu Hell-Dunkel Effekten wechselt. Die nai ve Tanzbegleitung und das üppige instru mentale Kolorit suggerieren die Atmo sphäre eines gemütlichen Volksfestes, ins Symphonische sublimiert. Am erfülltesten wirkt das Thema, wenn es nach dem ersten Trio in A-dur erklingt, am strah lendsten tritt es auf, wenn es gegen den Schluss in C-dur wiederkehrt. Dieser Schluss bietet ein köstliches Stimmungs bild: der Festplatz wird allmählich leer, alle gehen beglückt und friedlich nach Hause. Auf weichen Bläserklang ist der dritte Satz gestellt, ein lyrisches Intermezzo, das Schumann selber in einer (später fallen gelassenen) Definition so bezeichnet hat. Die Tonart As-dur steht seit Beethoven und Schubert für sanfte, kontemplative Stim mung und die Innigkeit der "Kinderszenen" leuchtet durch. Die Musik ist ganz gelöst, jeder Spannung entrückt; sie bleibt immer leise, ruht still in sich. Die ungetrübte Nachtseite des rheinischen Frohsinns. Wie ein Fremdkörper mutet auf den er sten Blick der vierte Satz an ("Feierlich"), eine von sakraler Würde erfüllte Medita tion, die unter dem Eindruck einer Kardinalserhebung im Kölner Dom ge schrieben wurde. Schumann erschien es notwendig, hier einen ernsten Kontrapunkt zum heiteren Grundcharakter der Sympho nie zu formulieren. Tschaikowsky war ge rade von diesem Satz tief beeindruckt: Im vierten Satz wollte Schumann den erhabenen Eindruck wiedergeben, den der Anblick des Kölner Domes auf ihn gemacht hatte. Nichts Mächtigeres, Tie feres ist aus der künstlerischen Schöpfungskraft eines Menschen her vorgegangen. Das kurze, schöne Thema dieses Teils der Symphonie, das gleich sam als Nachbildung der gotischen Li nie dienen soll, durchdringt das ganze Stück, bald in Form des Grundmotivs, bald als kleinstes Zierwerk, dem Werk jene unendliche Mannigfaltigkeit in der Einheit verleihend, die den eigentümli chen Zug der gotischen Architektur aus macht. Der Zauber dieser ausgezeichne ten Musik wird noch verstärkt durch die massive Instrumentation, die diesmal ganz passend angewendet ist. Dieser Satz spiegelt auch wider, wie stark der Protestant Schumann von der geistig-sinnlichen Strahlkraft des Katho lizismus fasziniert wurde. Das mit "Lebhaft" überschriebene Fi nale wird mitunter als Rückkehr zu äußer lichem Gepränge, zu lärmender Fröhlich keit bemäkelt. Wer genauer hinhorcht, wird überall Schumanns Streben nach or ganischer Balance zwischen seligem Fi- nal-Elan und gemütvoller Poesie spüren. Allein die Notierung "dolce" am Satz beginn sollte als deutliches Signal zur Zu rückhaltung aufgefasst werden. Das Haupt thema ist leicht, federnd, fast tänzerisch angelegt; weite Strecken verlaufen im Pia no, allein durch Forte-Piano-Akzente be lebt. Die Instrumentierung hält, abgesehen von den "Ballungsräumen", auf Durchsich tigkeit, und erstaunlich oft präsentiert Schumann eine feine thematische Arbeit, die bis zum Fugato geht. Erst gegen das Ende trumpft eine helle Fanfare auf, und eine kurze Coda ("schneller") drängt zu einem angemessenen, effektvollen Aus klang.