genes Klavierkonzert ist eine Auseinan dersetzung zwischen Orchester und Solist mit genau festgelegten Wendungen. Mehr als einen Hauch von Exotik um gibt diesen Pianisten. Das weiss Bruno Leonardo Gelber, darauf ist er stolz und er kann es sich auch leisten, so konsequent anders zu sein. Geboren wurde er in Ar gentinien, was mehr ein Zufall ist, denn seine Eltern, beide Musiker, sind franzö sisch-italienischen und österreichischen Ursprungs. Schon in frühester Kindheit ist Bruno Leonardo Gelbers Leben von Mu sik, vor allem vom Klavier geprägt. Mit drei Jahren erhält er von seiner Mutter, die ihm sein ganzes Leben lang als Beraterin zur Seite stand, die ersten Stunden. Mit fünf tritt er zum ersten Mal öffentlich auf, ein Jahr später wird der berühmte Pädagoge Vincenzo Scaramuzza sein Lehrer. Dann geschieht, was alles hätte ruinie ren können, was eine lange Zeit seines Lebens prägt, aber heute für ihn überwun den, wenn auch nicht vergessen ist. Bruno Leonardo Gelber erleidet im Alter von sie ben Jahren einen schweren Anfall von Kin derlähmung, der ihn für ein ganzes Jahr ans Bett fesselt. Die Musik ist dem Kind je doch bereits soweit zum Lebensinhalt ge worden, dass er sich sein Klavier umbau en lässt, um auch in dieser Zeit das Üben nicht zu vernachlässigen. Sicher ist es auch dieser Wille, der ihn schließlich die tük- kische Krankheit überwinden lässt. Im Al ter von 15 Jahren - Bruno Leonardo Gel ber hat sich in Südamerika bereits einen klangvollen Namen gemacht - spielt er Robert Schumanns Klavierkonzert unter Leitung eines jungen Dirigenten, von dem man in Zukunft noch viel hören sollte, und mit dem er auch in der Folge vielfach ge meinsam auftritt: Lorin Maazel. Als er neunzehn ist, erhält Bruno Leonardo Gelber von der französischen Regierung ein Stipendium, welches ihm ermöglicht, in Paris bei Marguerite Long zu studieren. Als er ihr vorgespielt hatte, soll die große alte Dame gesagt haben: “Sie werden mein letzter Schüler sein, aber der beste.” Sie veranlasst ihn, an ihrem Wett bewerb teilzunehmen, bei dem er den drit ten Preis belegt. Dies beschwört einen handfesten Skandal herauf, da für die Öf fentlichkeit eindeutig Bruno Leonardo Gelber der Sieger ist. Natürlich kann dies seine Karriere nicht beeinflussen, es be schleunigt sie vielleicht - ähnlich wie Jah re später bei Ivo Pogorelichs unrühmli chem 2. Preis beim Chopin-Wettbewerb in Warschau - nur noch. Nach Deutschland kommt Bruno Leonardo Gelber immer wieder gerne. Er schätzt das kultivierte Publikum, den na türlichen Umgang mit Musik, die große Repertoirekenntnis und die Vergleichs möglichkeiten zwischen verschiedenen Interpretationen, die das Publikum hier hat. “Ich will schließlich nicht stehen blei ben. Ich will mich immer wieder selbst überprüfen, kann in jedem Konzert etwas lernen. Besonders natürlich, wenn das Pu blikum Musik versteht. Da macht es dop pelt Spass. Man gibt nicht nur, man nimmt auch eine Menge. Das ist sonst sehr sel ten und es ist deshalb wirklich ein beglük- kendes Gefühl, wenn man spürt, dass die Zuhörer in jedem Moment wach sind und reagieren.”