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Igor Strawinsky kennen oder nahm seine früheren, aus der Heimat stammenden Kontakte zum Ballettimpresario Sergej Djagilew wieder auf, komponierte auch wieder für ihn, u.a. das Ballett „Ala und Lolly“, übrigens mit wenig Erfolg. Prokofjew verarbeitete Teile daraus zu einem seiner extremsten Werke, der „Skythischen Suite“. Aber vor allem kam er mit neuen musikali schen Stilrichtungen in Berührung, die ihn fortan zur künstlerischen Auseinanderset zung zwangen, ihn insofern auch zu beein flussen begannen, ohne ihn allerdings zu einer direkten Nachahmung zu verführen. Doch er stand unter enormem Erfolgsdruck, verstand es aber, sich in dieser Welt, die immer nach Neuem und Ungewöhnlichem um jeden Preis zu suchen schien, zu be haupten. Seine Musiksprache wurde zuneh mend schlichter, klarer, direkter. Prokofjew hatte sein Rezept entdeckt, sprach selbst von einer „neuen Einfachheit“. Seit frühester Jugend hatte er sich für das Theater interessiert, für die Wirkungen, die auf der Bühne zu erzeugen und musi kalisch ausdeutbar waren. So ist es kaum verwunderlich, daß auch in seinen konzer tanten Werken bildhaft-plastische Elemente auftauchen, erkennbare Schilderungen her auszuhören sind, musikalische Zeichnungen durchscheinen. Schließlich, allerdings viel später, machte er sogar Erfahrungen mit dem Film, schrieb einige bemerkenswerte Filmmusiken, z.B. zu Sergej Eisensteins „Alexander Newski“ (1938) und „Iwan der Schreckliche“ (1942/45). Auf Dauer hielt es ihn nicht im Ausland. Nach einigen Besuchen seiner alten Heimat (seit 1927) kehrte er 1936 vollends zurück. Die Pariser Luft war seinen Inspirationen nicht bekommen, wie er bekannte. „Ich muß Das Paris der zwanziger Jahre bildete für viele bedeutende Künstler ein Zentrum, das auf der Welt nicht seines gleichen hatte. Dort verfolgte man die Entwicklung der märchenhaften Bega bung Strawinskys, verneigte sich vor dem angesehenen Ravel, staunte über die Eingebungen Pwassos und begeisterte sich an der Musik junger Franzosen. Der Ruhm der Stadt knüpfte sich damals an die Namen Cocteau und Honegger, an Schalja pin und Djagilew, Casella und Milhaud sowie Matisse und Gontscharowa. Chaplin hatte sich dort vorübergehend niedergelassen und der junge Journalist Hemingway war morgens in einem kleinen Cafe anzutreffen.