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nicht eben leicht gewesen ist, war tragisch, kam er doch, glühender Patriot, der er war, bei der Vertei digung seines Besitztums gegen deutsche Besatzungstruppen ums Leben. Er erschoß mit dem Revol ver von einem Fenster aus zwei Ula nen, worauf die Deutschen an Alberic Magnard als einem franc- tireur Rache übten. Druckmaterial und die meisten seiner Manuskrip te gingen mit dem Haus in Flam men auf. Seine erhaltenen Werke - einige Orchesterkompositionen, darunter zwei Sinfonien, Klavier- und Kam mermusik, Lieder und drei Opern - stehen unter dem Einfluß der Schola cantorum sowie Beethovens und Richard Wagners. Im Vorwort zu seiner am 15. Dezember 1911 an der Opera Comique in Paris urauf geführten musikalischen Tragödie „Berenice" nach Racine erklärte er nicht ohne Ironie: „Meine Partitur ist im Wagnerschen Stile geschrie ben. Ohne das notwendige Genie, eine neue Opernform zu schaffen, habe ich von den existierenden Sti len denjenigen ausgewählt, der am besten meinem ganz klassischen Geschmack, meiner absolut tradi tionellen musikalischen Kultur ent spricht. Ich habe versucht, mich möglichst der reinen Musik zu nä hern. Es kann sein, daß meine Kon zeption der dramatischen Musik falsch ist. Ich entschuldige mich deswegen im voraus bei unseren angesehensten Kunstästheten." Magnards Anspielung auf Wagner ist jedoch nicht identisch mit völli ¬ ger Abhängigkeit. „Seine Musik ist sogar weniger dem Wagnerismus verpflichtet als die so mancher sei ner Zeitgenossen", stellte Armand Hiebner fest. „Man kann Magnard etwa zwischen Vincent d' Indy und Albert Roussel einreihen. Er gleicht ihnen darin, daß auch er als ein vollkommen ,unpariserischer' Mu siker ein weniger geschmeidiges als kraftvolles Französisch spricht." Magnard konnte dem Impressionis mus, seiner Abkehr von allem, was Architektur und sinfonischer Aufbau bedeutete, keinen Geschmack ab gewinnen. „Die beiden hervorra gendsten Eigenschaften, die den Charakter seiner Musik ausmachen, sind ihre Vitalität und Kraft der Emotion. Sie überrascht durch ihre bestimmte, entschlossene Gebärde, ihre Aktivität, den gebieterischen Willen, ihr Feuer und aufbrausen des Wesen. Es lebt in ihr eine un geduldig erregte Schwungkraft, ein männlicher Stolz als Quelle ständi ger Energien" (P. Lalo). Die musika lische Sprache Magnards ist von tiefem Gefühl getragen als Aus druck seines Innenlebens. Kraft und Leiden, Hoffnung auf ein besseres Leben und eine freie Menschlichkeit artikulieren sich in seinen Werken. Die „Hymne ä la Justice" („Hymne an die Gerechtig keit") op. 14 aus dem Jahre 1903, die an seine juristischen Stu dien denken läßt, besitzt - auch musikalisch - hohen Stellenwert in seinem ethisch geprägten Schaffen. Die gleichsam als mehrgliedrige sinfonische Dichtung klar geformte Spieldauer: ca. 14 Minuten