Volltext Seite (XML)
ZUR EINFÜHRUNG Joseph Haydn (1792). Porträt von Thomas Hardy Spieldauer: ca. 30 Minuten Joseph Haydns Position in der Mu sikgeschichte, die sich auf die Einheit von „Populärem" und „Kompositions wissenschaft", auf die vollgültige Her ausbildung der klassischen Sinfonie und des Streichquartettes gründet, be legen auf sinfonischem Gebiet beson ders nachdrücklich die in der ersten Hälfte der neunziger Jahre des 18. Jahrhunderts für London geschaffenen zwölf Sinfonien (Nr. 93 bis 104), mit denen er sein sinfonisches Schaffen zugleich krönte und abschloß. Immer wieder aufs neue fasziniert die außer ordentliche Differenziertheit des musi kalischen Ausdrucks dieser "Londoner Sinfonien", die schier unerschöpfliche Meisterschaft, mit der hier das gesam te melodische Material eines Satzes aus dem motivischen Bestand eines Themas oder höchstens zweier Themen gewonnen wird. Ein selten gespieltes Werk dieser Grup pe ist die SinfonieNr. 98 B-Dur, die Haydn am 2, März 1792 in London in einem der Abonnementskonzerte des Geigers und Konzertunternehmers J. P. Salomon zur Uraufführung brachte. Die Adagio-Einleitung des ersten Sat zes ist durch düsteres b-Moll und la stende Unisonogänge der Streicher ge kennzeichnet. Der Hauptsatz (Allegro) greift das Kopfmotiv der Einleitung auf, wendet es jedoch nach Dur und spinnt es weiter zu einem herzlichen Haupt thema, dem am Schluß des Satzes eine optimistische Haltung abgewonnen wird. Unvermutet aus einer Metamor phose des ersten heraus entsteht das zweite Thema, dessen klagende Seufzermotive am Ende der Durchfüh rung besondere Bedeutung gewinnen.