rung seiner 1. Symphonie d-Moll op. 13 aus dem Jahre 1897 erwies sich als eine Katastrophe, die den Komponisten in tiefe, von Selbstmordgedanken getragenen Selbstzweifel rissen. Erst durch die psychoanalytische Behand lung Nikolai Dahls war es Rachmaninow möglich, aus seiner Schaffenskrise herauszufinden - und so entstand zwischen den Jahren 1900 und 1901 eines seiner berühmtesten Werke, das er seinem Arzt widmete: das Klavier konzert Nr. 2 c-Moll op. 18. Damals wie heute hat es seinen festen Platz im Repertoire eines konzertierenden Pianisten, und es gehört - wie z. B. Beet hovens 5. Symphonie - in jede CD-Sammlung. In der Musikwissenschaft je doch wird man nach reichhaltiger Literatur über diesen Komponisten ver geblich suchen. Dies mag teilweise sicherlich an der Tatsache liegen, daß ihm als überaus begabter Enkelschüler Liszts der Glanz des Virtuosentums anhaftet, dem aus Sicht der „ernsten Kunst“ oftmals der Vorwurf einer lee ren Effekthascherei gemacht wird. Vielleicht ist es auch der unzeitgemäße Wohlklang seiner Musik, der bei vielen Wissenschaftlern zu einer Abwer tung seiner Kunst führt. Ein Vielschreiber war er allerdings nicht - und dies mag für ihn sprechen. Allein die zahlreichen Engagements in Europa und in den Vereinigten Staaten, wo er seine zweite Heimat fand, hielten ihn häufig von seinen eigenen Schaffensprozessen ab. Der Vorwurf der oberflächlichen Virtuosität darf in Anbetracht des 2. Klavier konzerts jedoch getrost zurückgewiesen werden. Es ist erfüllt von inneren motivischen Bezügen, die - besonders im 2. Satz (Adagio sostenuto) - zur Entwicklung einer subtilen Dramatik führen. Das Geheimnis dieses Satzes liegt in seiner Einfachheit. Das thematische Material erwächst aus einer ein fachen motivischen Basis. Spannung und Dramatik ergeben sich also nicht aus der Gegenüberstellung zweier verschiedener Themen, sondern aus ih rer variierenden Gemeinsamkeit. Hieraus erhebt sich ein langes, feinsinni ges Crescendo, das von einer fast unerwarteten Kadenz kurz durchbrochen wird, um sich schließlich zum erlösenden Kulminationspunkt von höchster Schönheit aufzuschwingen. Die innere Verflochtenheit dieses Satzes erfor dert vom Solisten bei weitem nicht nur virtuoses Können, sondern in hohem Maße auch das Gegenteil einer subtilen, inneren pianistischen Kunstfertig keit. Auch der 1. Satz dieses Klavierkonzerts ist von dem Beziehungsreichtum der Themen durchdrungen. Zunächst aber ist es die „bodenständige“ Ein leitung des Konzerts, die dem Soloinstrument Vorbehalten ist. In ihr meint man, etwas von der Mentalität des „Urrussischen“ zu Gehör zu bekommen: stehende, feste Akkorde crecendieren langsam vom pp zum ff. Erst nach acht Takten fächern sich diese Akkorde zu Arpeggios auf und leiten den Ein satz der melodietragenden Streicherein. Ein gewisses Pathos, ein „leichter Schmerz“ sind charakteristische Momente dieses Satzes. Das Maß der Virtuosität ist im 3. Satz am höchsten, wirkt jedoch nicht über trieben. Er beginnt im Gegensatz zu den anderen Sätzen gelöst im „Allegro scherzando“. In seinem weiteren Verlauf wird aus der vertrauten motivi schen Basis erneut jener elegant pathetische Charakter aufgebaut. Späte stens jetzt sollte man die Geschlossenheit dieses Werks erkennen. Das Konzert gipfelt hier in einem Orchestertutti, dem ein schneller, kurzer Schluß folgt. Rachmaninow ist sich dessen bewußt, daß der Reiz der vollkomme-