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Mozart Kaum eine andere Gattung hat Mozart so ausgiebig in jeder Lebens- und Schaffensphase gepflegt, wie das Klavierkonzert. 27 Werke dieser Art, beginnend beim KV 37 und einmündend in die appolinisch-heitere Spiellaune des Finalsatzes im KV 595, hat er uns geschenkt. Der Zeitraum, der umschlossen wird, die Jahre von 1767 bis 1791, ist nur scheinbar gering: für Mozarts kurzes Leben wird durch diese Ziffern fast die gesamte schöpferische Existenz Umrissen. Als Mozart sein erstes Konzert für Klavier und Orchester vorlegte, starb Telemann in Hamburg; als das KV 595 den Rei gen der Konzerte beendete, zeigten sich deutlich die Tendenzen einer musikalischen Romantik. Als er seine Klavierkonzerte schrieb, gab es kein vergleichbares Reservoir an Vorbildern wie im Falle der Streichquar tette (hier war es Haydn). Die Werke der Bach-Söhne waren, trotz (und vielleicht auch wegen) ihres Char mes, nur eine Art stilistische Startrampe; der Kurs, den dann die Gattung durch Mozart nehmen sollte, ist nur und ausschließlich seine Tat. Und es erweist sich, läßt man die Konzerte Revue passieren, daß es eigentlich gar keine einheitliche Richtung ist, in die sie durch ihren Autor gebracht wurden, sondern eine Vielzahl von Facetten, die, jede auf ihre Weise, gedanklich atmosphärische und strukturelle Aspekte aneinander reihen. Das Wunder Mozart (und das ist gewiß kein nur literarischer Begriff zum Lächeln) offenbart sich eben auch darin, daß es die Vielfalt in der Einheit so deutlich zu fixieren vermochte, daß man nicht sagen kann: dies ist der Typ des Klavierkonzertes, wie Mozart es prägte. Jedes Konzert ist anders, jedes ist unverwechselbar; jedes ist ein lebendes Individuum. Das C-Dur-Konzert ist das heitere Pendant zum D-moll-Werk KV 466, wie man überhaupt sagen kann, daß diese beiden Werke die ausdrucksmäßige Polarität in Mozarts reifen Werken in nuce spiegeln. Aber auch hier, im KV 467 ist Mozart der von Melancholie gezeichnete Spielmann: das romanzenhafte Andante, in seiner stimmungsvollen Schlichtheit nicht vom Wort her erfaßbar, signalisiert eine Form der introvertiertheit, die sich nicht so recht in das Bild des Rokoko fügen will, das man sich gemeinhin macht. Im KV 467 fährt Mozart ein pianistisches Arsenal auf, das noch bei wei tem das des KV 450 überragt (und von dem Mozart meinte, es mache „schwitzen").