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und die Komposition nur als Nebenbeschäfti gung betrieb, schmolz häufig weltliche und geistliche Hymnen, Militärmärsche oder ameri kanische Volks- und Unterhaltungsmusik als Aus drucksträger in sein fast sämtliche musikalischen Gattungen umfassendes, umfangreiches Schaf fen ein. Die heute erklingende kleine, ausdrucksvolle Komposition „The Innate" für Klavierquintett und Kontrabaß aus dem Jahre 1908 entspricht ei nem Lied, das 1916 auf nachstehenden Text komponiert wurde: Stimmen leben in jedem endlichen Sein, In jedem gottlosen Leben Zeit. Hört sie! Hört sie im Drüben! im Anderen! Sie empfinden Wahrheit tief in der Seele, Sie wissen die Dinge, für die die wahren Chri sten stehen. Erhebt euch! Kommt zu Ihm ohne die Dinge, die die Welt bringt, Kommt zu Ihm! Als ein Kind, als ein armer Mann. Christen geben alles ... Christen haben alles. Louis Spohr wurde 1784 als Sohn eines Arztes in Braunschweig geboren. Die Eltern erkannten früh seine große musikalische Begabung und sorgten für eine gründliche Ausbildung. Bereits mit fünfzehn Jahren wurde Spohr als Geiger Mitglied der Kapelle des Herzogs von Braun schweig. Der ersten Konzertreise mit seinem Leh rer Franz Eck nach Petersburg schloß sich die er ste selbständige 1804 an, der viele weitere folgen sollten. Meist begleitete ihn die Harfenvir tuosin Dorette Scheidler, die er 1 806 geheiratet hatte. Von 1 805 bis 1812 war Spohr Konzert meister der Gothaer Hofkapelle. Hier begegne te er erstmals Carl Maria von Weber. Als nächstes übernahm Spohr für kurze Zeit in Wien das Amt des Direktors am Theater an der Wien. Nachdem er von Ende 1817 bis 1819 Opernkapellmeister in Frankfurt am Main gewe sen war, erhielt er schließlich 1 822 auf Empfeh lung Webers das Amt des Hofkapellmeisters in Kassel, das ihm eine gesicherte Existenz garan tierte. Um 1 848 gestaltete sich Spohrs Verhält nis zu seinem Fürsten immer unerquicklicher. Ge gen verschiedentliche Schikanen setzte sich der freiheitlich denkende Künstler energisch zur Wehr. Darum mußte er 1857 gegen seinen Willen in Pension gehen. Er starb 1 859 in Kas sel. Spohr galt neben Paganini als größter Violinvir tuose seiner Zeit; vor allem bewunderten die Zeitgenossen sein beseeltes Adagiospiel. Auf die Entwicklung des Violinspiels hat er beträchtli chen Einfluß gehabt, auch über eine Reihe be deutender Schüler (u. a. Ferdinand David, Mo ritz Hauptmann). Der Dirigent Spohr, der - wie Weber - zu denen gehörte, die als erste einen Dirigentenstab benutzten, machte über die Grenzen Deutschlands hinaus von sich reden. Durch sein Mitwirken als Dirigent bei Musikfe sten in Frankenhausen, Quedlinburg, Düsseldorf, Aachen und Braunschweig erwarb er sich be trächtliche Verdienste um die Entwicklung des bürgerlichen Musiklebens seiner Zeit. Als Komponist gehörte er zu den Romantikern, dabei weniger Weber, Marschner und Schu mann als vor allem Schubert und Mendelssohn nahestehend. Seine auch an den späten Mozart anknüpfenden Kompositionen, Opern, Orato rien, zehn Sinfonien, 15 Violinkonzerte, vier Kla rinettenkonzerte und andere Instrumentalkonzerte sowie zahlreiche kammermusikalische Werke, sind von einem dem Sentimentalen zuneigenden Gestus nicht ganz frei, der in der Vorliebe für Molltonarten und der häufigen Verwendung chromatischer Fortschreitungen wurzelt.