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Peer das Versprechen gibt, auf ihn zu warten, fort. Auch von der Mutter, die in seinen Armen stirbt, kann er noch Abschied nehmen. Von betrügerischen „Freunden" wird der nun mehr in Marokko zu Reichtum gelangte Peer Gynt an öder Stelle ausgesetzt und beraubt. Doch das Glück ist ihm wieder hold. Peer beob achtet zwei Diebe, die ihre Beute - das Festge wand des Kaisers - aus Angst vor Verfolgung durch des Kaisers Schergen wegwerfen. Peer Gynt schmückt sich selbst mit der kaiserlichen Robe. In diesem Aufzug wird er von einem Araberstamm für einen Propheten gehalten und vergöttert. Peer möchte das schöne, aber see lenlose Mädchen Anitra zu seiner Geliebten ma chen. Nachdem es ihr durch List gelungen ist, ihm seinen Schmuck zu entlocken, läßt sie ihn kurzerhand in der Wüste zurück. Peer Gynt beschließt, nunmehr sein Glück als Weltreisender zu versuchen. Wieder ist ein Vierteljahrhundert vergangen, als Peer Gynt, nun ein alter Mann, mit seinen Schät zen - als Goldgräber erworben - heimwärts schifft. Aber wiederum verliert Peer sein Vermö gen, denn das Schiff geht in einem Sturm unter. Peer kann sich retten, indem er einen anderen Menschen aus dem Rettungsboot stößt. Peer ist zwar wieder in der Fleimat, aber er ist verbittert, denn er weiß nun, daß er am Leben gescheitert ist. Kein Traum hat sich erfüllt! Nicht einen Plan konnte er verwirklichen! Er irrt im Walde umher; die Stimme der toten Mutter klagt ihn an. Da rettet ihn Solvejg: Inbegriff des Ewig-Weibli chen und Mütterlichen. In ihrem Glauben, ihrem Hoffen und in ihrem Lieben ist Peer unverändert geblieben. Indem Peer zu Solvejg zurückfand, hat er zu sich selbst gefunden. „Seine Geschichte ist, trotz aller romantischen und ironischen Einkleidung, unsere Geschichte, seine Lieblosigkeit ist unsere Lieblosigkeit, seine im Nihilismus des Alters fast wahnsinnige Hoff nung auf die Unsterblichkeit seiner Seele ist auch in uns noch nicht völlig zum Schweigen gekommen. [...] Ihn wie uns klagen die nicht gedachten Gedanken, die nicht gesprochenen Worte, die nicht getanen Taten an, für uns wie für ihn ist eine Hoffnung auf Erlösung nur in der Liebe, in der wunderbaren Möglichkeit, daß das Bild, das ein anderer Mensch von uns im Herzen trägt, mehr Liebeszeugungskraft als die Wirklichkeit besitzt." Marie-Luise Kaschnitz über „Peer Gynt" Dresden, 23. Januar 1874 Lieber Herr Grieg! Ich schreibe Ihnen diese Zeilen im Hinblick auf einen Plan, den ich auszuführen gedenke, und möchte Sie fragen, ob Sie sich an ihm beteili gen wollen. Es handelt sich um folgendes: Ich habe die Ab sicht, „Peer Gynt", der nun bald in der dritten Auflage erscheint, für die Bühne einzurichten. Wollen Sie die Musik dazu komponieren? Ich skizziere kurz, wie ich mir die Sache denke. Der erste Akt wird ganz beibehalten, nur mit ei nigen Kürzungen im Dialog. Peer Gynts Mono log [„So 'ne schnurrige Wolke ..."] möchte ich melodramatisch oder teilweise als Rezitativ be handelt haben. Aus der Szene auf dem Hoch zeitshof [von Haegstad] muß mit Hilfe des Bal letts viel mehr gemacht werden, als im Buch steht. Dazu ist eine eigene Tanzmelodie zu kom ponieren, die bis zum Schluß des Aktes ge dämpft weiterklingt. Den Auftritt der drei Sennerinnen [im zweiten Akt] soll der Komponist in seinem Sinne musika lisch behandeln, doch Satanszeug muß darin sein! Den [danach folgenden] Monolog habe ich mir von Akkorden begleitet, also als Melo-