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ZUR EINFÜHRUNG Sergej Rachmaninow war Schüler Silotis, Arenskis und Tanejews am Moskauer Kon servatorium. Bereits seine Abschlußarbeit, die auch von Tschaikowski gelobte Oper „Aleko" nach Puschkin, wurde ein beachtlicher Erfolg. Danach entstanden viele gewichtige Werke, so u. a. zum Tode des von ihm hochverehrten Tschaikowski das „Elegische Trio". Lange Jah re wirkte Rachmaninow als angesehener Operndirigent in Moskau. Während dieser Tätigkeit schloß er Freundschaft mit dem berühmten Sänger Fjodor Schaljapin. 1901 vollendete er eines seiner berühmtesten Werke, das 2. Klavierkonzert, 1904 die Opern „Der geizige Ritter" und „Francesco da Rimini". 1917 begab sich Rachmaninow ins Ausland, ohne bis zu seinem Lebensende wieder in seine Heimat zurückzukehren. Als gefeierter, glänzend begabter Pianist erwarb er internationalen Ruhm in den Konzertsälen Europas und Amerikas. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Deutschland - schon vom Herbst 1906 bis Frühjahr 1909 hatte er mit einigen Unterbrechungen in Dresden gelebt - und Frankreich wanderte er nach Amerika aus. Doch immer litt er schmerzvoll unter der Trennung von seiner Heimat. „Als ich aus Rußland fortging'', bekannte er, „verlor ich den Wunsch zu schaffen. Als ich die Heimat verließ, verlor ich mich selbst." Von Heimweh verzehrt, starb Rachmaninow 1943 in Kalifornien. Stilistisch kann man bei ihm im guten Sinne von einer Liszt-Tschaikowski-Nachfolge spre chen. Dabei ist Rachmaninow - selbst im Ausland - im Charakter und Wesen seiner Musik, auch in den Spätwerken der 20er und 30er Jahre, immer Russe geblieben, ein typisch russischer Künstler, dessen Schaffen deutlich nationale Merkmale trägt. „Gegenüber seinen Vorgängern wirkt das für eine USA-Tournee komponierte, noch in Dresden begonnene, im Sommer 1909 in Iwanowka, dem Landgut seiner Frau, fertig gestellte und zu Beginn der Reise am 28. November 1909 in New York unter Walter Damrosch mit Rachmaninow als Solisten urauf- geführte 3. Klavierkonzert d-Moll op. 30 kon zentrierter, im Ausdruck prägnanter. Der Solo part ist noch anspruchsvoller geworden. Der Pianist hat oft fast unübersichtlich ver schlungene Rhythmen und sich seltsam über kreuzende Melodieverläufe zu gestalten. Eine Spezifik des Rachmaninowschen Klaviersatzes kommt voll zur Geltung: die ,verborgene Polyphonie', d. h. das kaum merkliche zeitweilige Abspalten einzelner Neben stimmen aus der Hauptmelodie. Mehr und mehr gewinnen nun die Sona tensätze sinfonischen Charakter, so der erste Satz (Allegro ma non tanto). Das Hauptthema, ein metrisch unregelmäßiger, breiter Gesang über regelmäßig phrasierter, marschähnlicher Begleitung des Orchesters, dominiert. Von beklemmender Süße - ohne ins Sentimentale abzugleiten - ist der Nebengedanke. Diese ungezwungene Schönheit erreicht das Thema des langsamen Satzes (Intermezzo; Adagio) nicht. Es ist ein freier Variationssatz mit oft zu gesuchter Harmonik. In der Durchführung des Finales (Alla breve] wird wieder das zweite Thema (gegenüber dem marschähnlichen Hauptgedanken) bevor zugt: hier liegen die pathetischen Höhepunkte des Satzes. Durch den Rückgriff auf Themen und melodische Wendungen oder vorher gehende Sätze wird insgesamt formale Run dung und inhaltliche Geschlossenheit erreicht" (C. Rüger). Richard Strauss mied in seiner frühen Schaf fensperiode zunächst die Opernkomposition, mit der er sich später Weltgeltung verschaffte, und widmete sich mit großer Hingabe - in der Nachfolge Franz Liszts, doch in kurzer Zeit über diesen hinauswachsend - der sinfoni schen Dichtung, wofür er bald einen Or chesterapparat forderte, der das Wagnersche