ZUR EINFÜHRUNG Es war schon eine Sensation, als im Jahre 1981 Edvard Griegs Sinfonie in c-Moll in Norwegen aufgeführt und vom Philharmoni schen Orchester Bergen unter Karsten Ander sen erstmalig auf Schallplatte eingespielt wurde, denn das Werk war seit 1 867 nicht mehr erklungen und seitdem nur der Forschung zugänglich gewesen. Die Sinfonie, Griegs Erstlingswerk für Orchester, hatte er 1 863/64 als 20jähriger geschrieben nach dem Ab schluß seines Studiums am Leipziger Konser vatorium im Frühjahr 1862, nach der an schließenden Rückkehr in seine Heimatstadt Bergen und der im Frühjahr 1863 erfolgten Übersiedlung nach Kopenhagen, wo ihm sein Vater einen zweieinhalbjährigen Aufenthalt er möglichte. Mit dieser Stadt war sein Heimatland noch aus der langen gemeinsamen politischen Ver gangenheit, als Norwegen von Dänemark be herrscht worden war, durch vielfältige kultu relle und personelle Bande verknüpft. Auch Grieg hatte zu Kopenhagen durch die Familie seiner Kusine Nina Hagerup, seiner zukünfti gen Frau, sowie durch einen nahen Freund, den dänischen Komponisten Emil Hornemann, mit dem er in Leipzig studiert hatte, enge Kontakte. Vor allem aber lockte Grieg das rege musikalische Leben in Kopenhagen, an dessen Spitze die beiden führenden däni schen Komponisten Johann Peter Emilius Hart mann und Niels Wilhelm Gade standen. Eine glückliche und produktive Zeit begann für den jungen Grieg. Bei der Suche nach dem Weg, den er einschlagen sollte, wurde ihm seine Aufgabe als Komponist seiner Na tion mehr und mehr bewußt. Außerordentlich günstig waren diesem Prozeß die musikali schen Eindrücke sowie die menschlichen Be gegnungen der Jahre 1863 bis 1865: Grieg hörte in Kopenhagen Werke der dänischen Meister Hartmann und Gade, die Maßstäbe für die Einbeziehung skandinavischer, beson ders dänischer, volksmusikalischer Klänge in große Formen romantisch geprägter Musik setzten, und er zog Gewinn aus Gades Beur teilung einiger seiner eigenen Kompositionen. Er schloß sich einem Kreis junger, begabter, nach neuen Wegen suchender dänischer Kom ponisten an, mit denen ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Zwei kraftvolle norwegische Musikerpersönlichkeiten, Oie Bull und Richard Nordraak, begeisterten ihn für seine Lebensaufgabe: das Schaffen von musi kalischen Kunstwerken, die aus den Quellen norwegischer Volksmusik schöpften. Und schließ lich: Die zu Nina Hagerup erwachte Liebe beflügelte sein gesamtes Schaffen. Im Jahre 1900 schrieb Grieg anläßlich des Todes von J. P. E. Hartmann: „Nun ist Gade - Hartmann eine Saga! Aber eine sehr schöne. Und wie sind sie nicht mit dem Mysterium meines eigenen Daseins verwoben!" An Hart manns Musik begeisterten Grieg besonders der von alten nordischen Volksliedern inspi rierte melodische Stil mit häufigen modalen Elementen sowie seine aus der nordischen Mythologie entnommenen Stoffe. Gades Musik kannte Grieg schon aus Leipzig, wo Gade großes Ansehen genoß und vor Griegs Stu dienzeit zeitweise die Gewandhauskonzerte geleitet hatte. Bei Ausbruch der preußisch-dä nischen Auseinandersetzungen um Schleswig- Holstein 1 848 war er jedoch nach Kopenha-