einfachsten Verhältnissen aufgewachsen, er hielt der 1898 bei Chandler (Oklahoma) Geborene ersten Klavierunterricht von seiner Mutter. Seit 1919 studierte er an der Uni- versity of California in Berkeley Orgel bei Charles Demarest und setzte seine Studien seit 1921 in Los Angeles fort (Komposition bei Arthur Farwell sowie Instrumentation bei Mo deste Altschuier und Arthur Bliss). Erfolge stell ten sich ein und ermutigten ihn, auf Anregung von Aaron Copland nach Paris zu gehen und von 1926 bis 1929 bei Nadia Boulanger zu studieren. Anschließend wurde Roy Harris in der amerikanischen Heimat selbst zum ge fragten Kompositionslehrer, Er entfaltete an ver schiedenen Universitäten und Schulen eine rege Lehrtätigkeit, die ihn durch das ganze Land führte. Die mit Abstand längste Tätigkeit band ihn 1961 bis 1971 an die University of California in Los Angeles. Hier war er zu gleich Composer-in-Residence. Zuletzt lehrte er von 1971 bis 1976 an der California State University, ebenfalls in Los Angeles. Harris war seit 1944 gewähltes Mitglied des Natio nal Institute of Arts and Leiters und seit 1978 der Academy of Arts and Letters. Für sein (freilich nur teilweise bekanntes) umfangreiches Schaffen - er schuf über 200 Kompositionen in den verschiedensten Genres der Instrumen tal- und Vokalmusik sowie einige Bühnenwerke - wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er ver starb im Jahre 1979 in Santa Monica (Kali fornien). Trotz einer an Westeuropa orientierten Tra ditionsgebundenheit - er bezog sogar kirchen tonale Wendungen in seine polyphonen Satz strukturen ein - wurde Roy Harris richtung weisend für die zeitgenössische Musik Nord amerikas. Er fügte vor allem mit seinen 1 3 Sin fonien - neben Samuel Barber und seinem Schüler William Schuman - der amerikani schen Sinfonik eigengeprägte, maßgebende „Modelle" hinzu. Dies betrifft vor allem die Klarheit des Klangbildes trotz kontrapunkti- scher Strenge und die Spontaneität der Emp findung. Harris' Stil ist primär melodisch bestimmt. Zwar verwarf er einerseits die Vor stellung, daß die volkstümlichen Musikstile - Jazz und Broadway-Musik - den amerikani schen Nationalcharakter angemessen darstellten, andererseits fühlte er, daß es eine spezifisch amerikanische Musiksprache gab, die, besonders was den Rhythmus angeht, weniger symmetrisch als die europäische war. In seiner Harmonik orientierte er sich an dem Aufbau des Obertonspektrums. Ausgehend von reinen Quinten und Quarten gelangte er zu einem Kategoriensystem von Akkorden, das in einem harmonischen Klangfarbenspektrum verankert war und durch die Eckwerte „dunkel" und „hell" in ihrer jeweils reinsten, ungetrübtesten Form begrenzt wurde („savage dark" und „savage bright"). Obwohl Harris an den tradierten Gattungen festhielt, ist deren innerer Formaufbau sehr individuell geprägt. Die innere Struktur orientiert sich nicht an vor gegebenen Formschemata, sondern gehorcht einem Prinzip, das er als „autogenesis" be zeichnet hat: Die melodische Linie entfaltet sich aus einer motivischen Keimzelle, das Satzgeschehen entwickelt sich nicht im Rah men eines vorgegebenen Periodenbaus, son dern organisch. Roy Harris 1 3. Sinfonie (1938/39), ein kräf tiges, polytonales einsätziges Gebilde, wurde zum großen Erfolg, seit sie Sergej Kussewitzky 1939 in Boston zur Uraufführung gebracht hatte. „Machen wir uns nichts vor", äußerte der Komponist danach, „meine dritte Sinfonie kam zufällig zu einem Zeitpunkt daher, als ein Bedürfnis dafür vorhanden war" - zu einem Zeitpunkt, als Amerika für eine un mißverständlich amerikanische Sinfonie bereit war. In den dreißiger Jahren herrschte nämlich die Vorstellung, daß die Amerikaner eine Mu sik brauchten, die sie als ihre ureigne er-