DER KOMPONIST Pendereckis zweite Oper "Paradise Lost" wurde 1978 in Chicago uraufgeführt versen aus. Von den einen als Verrat an der Moderne bezeichnet, eröffne te es dem Komponisten bei den an deren, vor allem einem weltweiten Pu blikum, spontane emotionale Reso nanz. Die Folge davon war eine bis heute nicht abreißende Kette repräsentati ver Kompositionsaufträge, die das Erscheinungsbild von Pendereckis Oeuvre prägen. Die ersten von Ihnen, Ausdruck des stilistischen Wandels, waren die „1. Sinfonie" (1972/73), das „Magnificat" (1973/74) zur 12OO-Jahrfeier des Salzburger Domes, das „Violinkonzert" (1976/77) für Isaac Stern und das „Te Deum" (1980), das für Papst Johannes Paul II. geschrieben wurde. Neben den oratorischen und sinfonischen Werken trat Penderecki bereits Ende der sechziger Jahre auch als Opernkom ponist hervor. Seine erste Oper „Die Teufel von Loudun" entstand im Auf trag der Hamburgischen Staatsoper, an der sie 1969 uraufgeführt wurde. Die zweite, „Paradise Lost" nach dem Epos von Milton, hat der Komponist als „Sacra rappresentazione" be zeichnet. Sie wurde 1978 in Chica go uraufgeführt und auch in Teilen vor dem Papst im Vatikan konzertant ge geben. Die dritte Oper „Die schwar ze Maske" nach einem Einakter von Hauptmann wurde 1986 bei den Salzburger Festspielen zu einem sen sationellen Erfolg. Sie zählt zu den Hauptwerken der dritten Phase, in der es Penderecki gelang, die neo romantischen Tendenzen der siebzi ger Jahre mit den Klanghärten seiner ersten avantgardistischen Periode zu verbinden. Daraus entstand sein Stil der achtziger Jahre, mit dem er die größte Anerkennung fand. Ganz anders das bisher jüngste Opernwerk Pendereckis, die Opera buffa „Ubu rex" (1990/91) nach Alfred Jarry, eine Burleske im Geiste Rossinis, ur aufgeführt 1991 in München. Seit seinen ersten Oratorien schrieb Penderecki Musik, die im emphati schen Sinne für die Öffentlichkeit be stimmt war: als moralische und poli tische Botschaft. Unmißverständlich zeigen dies unter seinen frühen Stük- ken das Oratorium „Dies Irae", das er den Opfern von Auschwitz wid mete und auch dort aufführte, sowie die Kantate „Kosmogonia" (1970), die zum 25-jährigen Bestehen der Vereinten Nationen entstand. Sie fan den ihre Fortsetzung im „Polnischen Requiem" (1980/84). Es ist Pendereckis Mahnmal für die Unter drückung seines Landes und eine So lidaritätserklärung mit dessen politi schem Freiheitskampf. Es wurde schon bei der Uraufführung in Stutt gart vom Publikum als ein Hauptwerk seiner Gattung in unserem Jahrhun dert angenommen und wird seitdem in der ganzen Welt gespielt. Heute hat Penderecki die engagierte Haltung dieser Werke aufgegeben, wie er in einem Zeitungsinterview im Januar 1993 bekannte: „Ich glaube, die Kunst kann nichts ändern, und die Musik ist für mich mehr und mehr abstrakt geworden. Früher war ich ein engagierter Musiker; heute ist mir das unmöglich". Diese Äußerung wenige Monate vor seinem 60. Ge burtstag im vergangenen Jahr belegt eine neuerliche Wandlung des Komponisten. Aus dem spontanen