Melodik unterscheiden sich genauso klar wie bei Wagner oder Chopin ... « Franck integrierte die langsame Einleitung in das Sonaten geschehen auf zweierlei Art und Weise: zum einen leitete er im Sinn von Themenmetamorphose das Allegro-Hauptthema aus der Einleitung ab, zum anderen ließ er den Einleitungsblock zweimal innerhalb des Sonatensatzes wiederkehren. Dies erinnert an das Verfahren, welches Beethoven in seiner Klaviersonate «Pathetique» op.13 und in den späten Streichquartetten sowie Schubert in seiner h-Moll-Symphonie entwickelt haben. Das für Franck Spezifische der Themenbildung liegt in der Vielfalt der Motive. So erlaubt jedes der drei zentralen Themen, daß einzelne der kurzatmigen Motive daraus herausgelöst und durch Wiederholung fortgesponnen werden. Der zweite Satz (Allegretto), der den Typ des gesanglichen Mittel satzes der Klassik mit dem des Scherzos verbindet, ist dreiteilig angelegt. Franck erläutert sein Verfahren: »[•••] ein Andante und Scherzo [folgen], die miteinander verknüpft sind. Dabei hat mir vorgeschwebt, daß eine Zählzeit des Andante einem Scherzotakt entspricht, so daß nach der vollständigen Entwicklung der zwei Abschnitte beide übereinander geschichtet werden können.« Mit dieser kunstvollen Konstruktion hat Franck das Problem gelöst, den Mittelsatz, dessen formgestalterisches Niveau in der Romantik vielfach vernachlässigt worden war, auf das Niveau der Ecksätze zu bringen. »Das Finale greift wie in der ‘Neunten’ [Beethovens] alle Themen wieder auf; aber sie erscheinen nicht als Zitate. Ich habe sie so angelegt, daß sie die Rolle neuer Elemente einnehmen.« Durch das Aufgreifen der wichtigsten Themen aus den ersten beiden Sätzen wird der ansonsten der Sonatenform entsprechend gebaute Finalsatz inhaltlich und architektonisch in den symphonischen Zyklus eingebunden - es erscheinen das Einleitungsthema aus dem ersten Satz sowie das trauermarschartige Englischhorn-Thema des zweiten Satzes, von dem der große Dirigent Pierre Monteux sagte: »Nirgends sonst wurde dieses melancholische Instrument eingesetzt als hier« ... Die Musik Cesar Francks - der auch den Spitznamen Pater Seraphicus hatte - wurde nach seinem Tode sehr populär und diese Beliebtheit wurde erst in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts rückläufig. Auch wenn Franck sich klassi scher Formen bediente, bewegte er sich so freizügig, als ob er auf der Orgel improvisierte, und das ist genau das, was manchen Zuhörer irritiert. Francks Musik findet im Grunde nur Anklang bei jenen, die auf die sinnlichen Elemente des reinen Klanges reagieren. Nur jemand, der zu Klängen eine Beziehung hat, kann diese Musik wirklich begreifen.