ZUR EINFÜHRUNG Joseph Haydn schrieb in dem Zeitraum von 1766 bis 1770 ver hältnismäßig wenige Sinfonien, nur neun Werke dieses Genres ent standen. Seine Kapellmeister tätigkeit in Esterhazy und vor allem die Opernkomposition mögen ihn zeitlich allzusehr in Anspruch genommen haben. Jene Jahre gelten mit Recht als die „Sturm- und Drang"-Epoche des Haydnschen Schaffens, obgleich der Komponist seinem Alter nach die Zeit der Stürme schon über schritten hatte (er ging immerhin auf die Vierzig zu). Aber es ist eine Tatsache, daß in den Haydnschen Sinfonien jener Jahre ebenso jene neue Gefühlserregtheit begegnet, wie sie etwa in Goethes „Werther" (1774) in der Literatur ihren stärk sten Ausdruck fand. Daß Haydn innere Beziehungen zu den Ideen der Aufklärung verbanden, ist wie derholt festgestellt worden. Und einige wesentliche Züge des Sturm und Drangsgingen unmittelbar aus den Ideen der Aufklärung hervor. Besonders Rousseaus Lehren wur den begeistert aufgenommen. Sicher stehen die neuen Töne in der Sinfonik Haydns in diesem Zusam menhang. Aber auch die Berührung mit dem neuen dramatischen Stil Christoph Willibald Glucks wurde für die der Meisterschaft zustrebende Instrumentalmusik Haydns sehr entscheidend. In den bedeutungs vollen langsamen Einleitungs sätzen, in einer naturhaften Lyrik und in den zugespitzten Kontrast ¬ wirkungen äußert sich jener Einfluß auf Haydns Sinfonik vor allem. Zum ersten Mal schrieb der Kom ponist wirkliche Moll-Sinfonien (Nr.34, 26, 39 und 49). Die neue Qualität des sinfonischen Stils Haydns, die sich bereits in der „Alleluja"-Sinfonie von 1765 ange kündigt hatte, wird deutlich spürbar in der Sinfonie Nr. 26, die den Beinamen „Lamentatione" er hielt, aus dem Jahre 1768. Joseph Haydn (1792). Porträt von Thomas Hardy