für schöpferische Aktivität. Skrjabins Spätwerke sind strukturell und formal mehrdeutig. Mit immer neuen Ansätzen umkreist er dassel be ästhetische Problem, versucht sich neuen Strukturideen zu nähern, ohne aber tradierte Formvorstellungen völ lig aufzugeben. Es existiert ein „Ge neralthema" aller seiner Werke. Die Idee beherrscht das Geschehen, ver körpert sich in einem Thema. Daß eine Idee ein Werk beherrscht, ist eine besonders in der nachklassischen Musikperiode häufige Situation. Bei Skrjabin aber ist sie eben nicht auf ein Werk beschränkt. Hier trifft man auf eine übergeordnete Idee, die mit ganz verschiedenen musikalischen Ausdrucksmitteln in allen Kompositio nen immer wieder neu gestaltet wird. Die ersten Ideen zum „Poeme de I' extase" keimten Anfang 1904. Anfangs war es noch als 4. Sinfonie geplant. Abgehalten durch viele Din ge, vor allem Umstände, die mit sei nem persönlichen Leben zusammen hingen, zog sich die Arbeit bis Ende 1907 hin. Er komponierte während dieser Zeit außerdem mehrere Kla vierstücke, die alle offensichtliche Ver wandtschaft mit dem sinfonischen Werk besitzen. Skrjabin blieb bis an das Ende sei nes Lebens sich selbst und seiner Auffassung von der hohen Pflicht des Künstlers treu. Auch wenn in der Pres se die phantastischsten Gerüchte im Zusammenhang mit dem Mystere auftauchten oder Rezensenten die Kompliziertheit seiner Musik bedau erten, fand er doch in hohem Maße immer wieder Anerkennung. Anfang April 1915 gab Skrjabin sein letztes Konzert, wenige Monate später starb er an einer qualvollen Blutvergiftung einen frühen Tod. Für das „Poeme de l'extase" erhielt der Komponist in seiner Heimat zum elften Mal 1908 den Glinka-Preis. Die geplante Uraufführung in St. Petersburg konnte jedoch erst 1909 stattfinden, da sich niemand traute, das komplizierte Werk ohne Hinwei se des Komponisten für die richtige Deutung aufzuführen. Die Partitur wies herausfordernde Neuartigkeiten auf. Aus dem Streben nach beson derer Farbigkeit des Klanges ergab sich die ungewöhnlich große Orchesterbesetzung. Skrjabins spezi fische Harmonik hatte sich deutlich herauskristallisiert, der rhythmisch metrische Bereich war weiter diffe renziert worden. Bereits 1906 ließ Skrjabin in Genf auf eigene Kosten das zu diesem Werk gehörende Programm drucken, äußerte aber zugleich: „Den Text möchte ich nicht in der Partitur abge druckt haben. Den Dirigenten, die das 'Poeme de I extase' aufführen wollen, kann man jederzeit mitteilen, daß es einen solchen gibt, aber ei gentlich möchte ich, daß sie sich zu nächst mit der reinen Musik ausein andersetzen. " Ursprünglich wollte Skrjabin zu den selbstgedichteten Versen noch bestimmte Kommentare verfassen, tat dies aber dann doch nicht. Der Text schien ihn wohl nicht mehr zu befriedigen. Trotzdem darf er nicht übergangen werden, da er unverkennbar von der künstlerischen Persönlichkeit Skrjabins zeugt und 1908 preisge krönt, konnte das "Poeme de l'extase" wegen seiner Kompliziert heit erst 1909 uraufgeführt werden Spieldauer: ca. 24 Minuten