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S4SV i gleicher Leichtigkeit und Elasticität. Vom Ccntrum dis zur CircUm fercnz, auf allen Stufen der konstitutionellen Hierarchie kann man die Rcpräsentativrcgierung eine Wahrheit nennen. Unter den Fragen, > welche in diesem Jahre wie früher die Departementsräthe am meisten i beschäftigt haben, tritt zunächst der Elementarunterricht hervor. Das Gesetz von 1833, auf das man so viele Hoffnungen gesetzt, hat leider nicht alle Früchte getragen, die man davon erwartet. Allerdings hat cs beträchtlichen Nutzen gestiftet, allein was cs hätte bewirken sollen und nicht bewirkt hat, ist noch beträchtlicher. Obwol sich die Anzahl der Schulen und der Schüler seit 1833 verdoppelt hat, bildet doch die große Anzahl der Gemeinden, die noch keine Schule haben, einen trau rigen Gegensatz zu dem blühenden Zustande, zu welchem der Elemen tarunterricht bei einigen benachbarten Völkern gelangt ist. Wie schmerz lich es unserer Eigenliebe auch sei« mag, wie vor einigen Jahren läßt sich noch heute sagen, daß die Schweiz lesen kann, Frankreich aber nicht lesen kann. Das Gesetz von 1833 muß deshalb durchaus revi- dirt und seine Bestimmungen müssen dergestalt umgebildet «erden, daß sie die Wirksamkeit erlangen, welche ihnen fehlt. Ueber einen Punkt ist schon jetzt Jedermann einverstanden, über das Unzureichende des Gehalts, welches die Gemeinden den Lehrern gewähren. Wenn man Schullehrer haben will, die ihren Beruf begreifen und sich der Erfül lung desselben widmen, so scheint daß Erste, was zu thun ist, ihnen Exisicnzmittcl zu geben. Daran scheinen aber die Staatsmänner, welche das Gesetz von 1833 entworfen, nicht gedacht zu haben. In den Kammern wurde viel über die Zusammensetzung der mit Beaufsichti gung der Schulen beauftragten ComiteS, über das Programm der in den Schulen zu lehrenden Gegenstände disputirt, allein um den Schul lehrer bekümmert man sich kaum. Es geschah fast gar nichts, um sich desjenigen ManncS zu versichern, ohne den die Schulen, die Programme, dicComites so gut als gar nicht vorhanden sind. Man bedenke wohl, I daß eö sich darum handelt, in jeder Gemeinde einen Mann aufzufin- I den, der Fähigkeit und Bildung genug besitzt, um Lesen, Schreiben, l Rechnen, Religion und Moral zu lehren. Und man hat gemeint, eß genüge, ihm 20V Fr. aus der Gemcindckasse zu versprechen. Für 200 Fr. erhält man ja nicht einmal einen Stallknecht oder einen Acker knecht! Daraus sind zwei gleich große Uebelstände hervorgegangen. Unterrichtete und fähige Männer wenden sich von einer Laufbahn ab, die ihnen kein sicheres Existenzmittel bietet, und die Schulen sind Zu fluchtsstätten für solche Menschen geworden, die weder für ihr Wissen noch für ihre Moralität die erfoderliche Zuverlässigkeit bieten. Wenn aber einzelne gewissenhafte und verdiente Manner sich diesem un dankbaren Wirkungskreise widmen, so entzieht die unbedeutende und untergeordnete Stellung, in die man sie setzt, ihnen nothwendig die Achtung, ohne die sie nicht im Stande sind, Gutes zu stif ten. Das ist ein Uebel, dem dringend Abhülfe Noth thut; darüber sind die Departementsräthe einstimmig. Um Schullehrer zu bekom men und zwar solche, wie eS zu wünjchen ist, genügt es nicht, ihr I Gehalt zu verdoppeln; cs muß verdreifacht und vervierfacht werden I Alle Auskunftsmittcl, welche vorgeschlagen worden sind, um dem Nichtgenügen des Gehaltes abzuhclscn, erscheinen uns unwirksam oder selbst gefährlich. Wir glauben z. B., daß die Präfecten die neue Be- sugniß, welche ihnen verliehen worden, den Betrag des Schulgeldes, welches den Lehrern zusteht und das in erster Instanz von den Munici- palrälhen festgestellt wird, zu erhöhen, nur mit großer Vorsicht in An wendung bringen dürfen. Man darf nicht vergessen, daß daS Bessere oft das Gute verhindert, und daß das beste Mittel, um die Acltern zu ermuntern, ihre Kinder in die Schule zu schicken, nicht darin be steht, ihnen allzu schwere Opfer aüfzuerlegen. Auch fetzen wir kein großes Vertrauen aus das Mittel, dem Schullehrer gewisse Gemeinde ämter zu übertragen, z. B. die Rolle eines Secretairö der Mairie. Nach unserer Ansicht sind die Pflichten eines Schullehrers zu wichtig, zu beständig, zu ausschließlich, um dergleichen Acmterverbinbungen zu gestatten. Sic erheischen eine Hingebung, die den ganzen Menschen in Anspruch nimmt. (^ourn. ass Vvd.) — Hr. de Lamartine übernimmt vom nächsten Monat an die Leitung der „Patrie" als Redacteur en Chef dieses Journals. Hr. Pa- gcS wird indeß der Patrie seine thätige Mitarbeiterschaft nicht entzie hen. Demnach wird das Ministerium bei Eröfftcung der nächsten Ses sion zugleich auf der Tribune und in der Presse von den HH. Odilon- Barrot, Thiers und de Lamartine bekämpft werden. ES ist übrigens ein eigner Anblick, Hrn. de Lamartine, der vordem zu den Chefs der kon servativen Partei gehörte, jetzt die Leitung eines Journals der Linken führen zu sehen. /X Paris, 10. Oct. Mehre angesehene Kaufleute aus Havre und Bordeaux haben vor kurzem beim Minister des Handels und der aus wärtigen Angelegenheiten eiN Memoire eingereicht, in dem sie daS Mi nisterium auffodern, die Handelsverbindungen mit Südamerika mehr als bisher zu berücksichtigen. Die Nachricht von dem neuen Handels verträge, den England zu Buenos AyreS abgeschlossen hat, und von der Gesandtschaft von Hrn. Ellis beunruhigen die französischen Handels häuser, die mit den südamerikanischen Staaten in Verbindung flehen, nicht wenig. DaS Ministerium hat zwar gegenwärtig einen außer ordentlichen Gesandten nach Rio Janeiro abgeschickt; aber die Sen dung des Hrn. v. Langsdorfs, der früher bei der Gesandtschaft in lichsten Sarkaömen: „Sir R. Peel hat die Landbauer zum Still schweigen gebracht, indem er ihnen sagte, wenn sie nicht mit seiner Laterne ins Unterhaus gingen, würden sie Gefahr laufen, während sie ganz allein und im Finstern den Hof qutr durchschritten, auf das Gest>enst des frühern Ministeriums zu treffen!" (Fouw. «v» vöb.) — Weit entfernt, Afghanistan zu räumen, hat General Nott, wie sich jetzt ergibt, mit seiner Brigade Kandahar auf dem Wege nach Ghizni verlassen, und man erwartet, daß, wenn diese Truppen dort angekommen sind, von Ghizni und von Dschellalabad aus ein gleich zeitiges Vorrücken gegen Kabul stattfindcn wird. Man trägt sichauch mit der Idee, daß Kandahar gänzlich aufgegeben werden soll. Wenn Lord Ellenborough nicht den Zweck hat, Land zu gewinnen, so scheint dies vernünftig M sein. Von Kabul aus können wir am besten hof fen, geeignete Friedensbedinguygen vorzuschreibtn, und es ist wohl möglich, daß der fortdauernde Besitz von Kandahar, über 300 Miles entfernt von der zweiten Hauptstadt und ohne alle Einwirkung auf die Verbindungslinien zwischen dieser und zwischen unserm Gebiete, bloS «in Hmderniß für kräftige und gemeinschaftliche Operationen gegen daS Hauptquartier unserer Feinde und daS Gcfängniß unserer LandSleüte bilden könnte. Es ist jedoch äußerst müssig, sich auf diese Spekula tionen über die möglichen Absichten und über die Veranlassung dazu rinzulaffen. In der Regel pflegt weder ein Staatsmann noch ein General der Welt die von ihm beabsichtigten Schritte anzukündigen. Ja dergleichen bedeutende Männer haben sogar Pie Gewohnheit, alle erlaubten Mittel anzuwenden, um ihre Gegner irre zu leiten. Ganz besonders soll Lord Ellenborough den Kannegießern in Ostindien höch lich mißfallen wegen des tiefen und sehr weisen Geheimnisses, in wel ches er seine Absichten hüllt. DaS Publicum darf nicht vergessen, daß cs als ein ziemlich unzuverlässiger Vertrauter nicht erwarten kann, mit den Staatsgeheimnissen bekannt gemacht zu werden, so lange deren Erfolg noch unentschieden ist, und daß es Dinge gibt, die man Ver stellungen nennt, Manoeuvres wie rvculvr poür mivux «unter, irre- leitende Anordnungen, Unterhandlungen, um die nöthigc Zeit zu gewin- ! ncn, unvermeidliche oder anscheinende Unthätigkeit. Wenn das Publi cum dergleichen Dinge jederzeit für zuverlässige Wahrheit hält, so wird cs finden, daß cs oft zu Schlüssen verleitet wurde, die eö besser un terlassen hätte. Während die Oppositionsjournäle Lord Ellcnborough's Unthätigkeit tadelten, scheint er eifrig und mit Erfolg bemüht gewesen zu sein, die Mittel zum Verrücken zusammenzubringen. Ende Juli verließ General Nott Kandahar, Sir John Kcane'S Armee brauchte nicht ganz vier Wochen zum Marsche von dort bis Ghizni. Mit der nächsten Monatspost dürfen wir also zu erfahren hoffen, baß auch Ge neral Pollock auf dem Marsche nach Kabul ist. Mit reiner Freude empfangen wir auch befriedigende Nachrichten von den Gefangenen. Sie sollen sich in einer Festung fünf Miles von Kabul befinden und in den Gebirgen umherstreifcn, ja in kleinen Gesellschaften nach Ka bul kommen dürfen. Auch scheinen die Afghanen eine heilsame.Ourcht vor dem Vorrückcn der Engländer zu hegen und deshalb Akhbar- I Khan zu einer milden Behandlung der Gefangenen zu nöthigen, von denen sie großentheils eine Art Schutz hoffen und die sie um „schrift liche Bemerkungen" und „kleine Stücke beschriebenes Papier" bitten, die ihnen zu Zeichen dienen sollen, daß dieselben am Leben sind. Ueber- haupt haben wir nur Grund, mit den neuesten Nachrichten zufrieden zu sein. Es werden keine glänzenden Erfolge berichtet, denn dazu war keine Gelegenheit, allein es sind kräftige Schritte geschehen, und dem Anscheine nach weicht ihnen schon der Widerstand, ('klmos.) Frankreich. Maris, io. Oct. Der Prinz von Joinville hat sich nach Brest begeben, von wo er, wie es heißt, nach Lissabon segeln wird. Der Herzog von Aumale ist nach Toulon abgcreist, um sich zum Herbstfeldzuge nach Algerien einzuschiffcn. — Die Session der Departementsräthe ist beendigt. Ihr be deutendstes Ergebniß besteht darin, daß alle diese Wahlkörpcrschastcn, mit denen wjr daS Land bedeckt, von demselben Geiste beseelt sind und in tiefer Ruhe über die dem Kreise ihrer gesetzlichen Befugnisse ange hörigen Interessen deliberiren. Das ist gewiß ein einziges und in Frank reich sseit 50 Jahren neues Beispiel. Vor 13 Jahren brachten wir Las Wahlprincip bei der Organisation der Departementsversammlun gen zur Anwendung. Es aejchah nicht ohne ein großes Wagniß und ohne Besorgniß vor den Folgen dieser gefährlichen Neuerung. Man hatte zu fürchten, daß der Föderalismus in die Thüre trete, welche den Localrcchten so weit aufgcthan wurde, und daß er seine alten Un ternehmungen gegen Frankreichs moralische und politische Einheit wie derholen werde. Jetzt hat die Probe stattgefunden, die gemachte Er- I fahrung ist geeignet, alle Besorgnisse zu zerstreuen; Alles spricht für I daö neue System. Seit 13 Jahren haben die Departementsräthe mit einer seltenen Mäßigung ihre Aufgabe begriffen und sich sorgfältig auf die Grenzen beschränkt, welche das Gesetz ihnen anweist. Man kann ihnen keine Handlung ernster Auflehnung^ keinen Geist verfassungswi driger Uebergriffc schuld geben. Die Departementsräthe wetteifern I vielmehr mit einander in guter Gesinnung, in Einsicht und in Eifer für l das allgemeine Beste. So gewinnt unser ganzes VersassungSsystem I Halt und Stellung. Alle Räder der Constitution bewegen sich mit i