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3406 des Unterhauses entfernten sich hierauf von den Schranken, und die Commissare verließen das Oberhaus. — Aus der Besetzung von Chapu durch den General Sir Hugh Gough glauben einige Journale schließen zu können, daß man wenig stens für dieses Jahr den Plan eines ZuaS gegen Peking aufgegeben hat, und daß die beträchtlichen Streitkräfte, welche bereits an der Küste von China vereinigt sind, gegen den Mittelpunkt des Reiches, nach Nanking, dessen ehemalige Hauptstadt und größte Stadt, gesen det werden sollen. Einige Offiziere behaupten, daß dies in der That der beste Feldzugsplan sei, den man gegen die chinesische Regierung befolgen könnte. In China soll cS gewissermaßen gar keine Landstra ßen geben; Last- und Zugthiere sind dorr höchst selten, Wagen kennt man fast nicht und alle Transporte geschehen zu Wasser. Die Hauptlinicn dieser Wasserverbindung sind nun aber einerseits die bei den Flüsse Dang - tsc - kiang und Wang, die vom Westen nach Osten strömen, und andererseits der große Kaiserkanal, der von Hang- tschu-fu in der Provinz Tse-kiang gusgeht und zu Tien-tsing bei Peking endet, nachdem er das Reich von Norden nach Süden auf einer Strecke von fast 25V Lieucs durchzogen. Diese Communications- mittel abschnciden heiße den Verkehr des Reichs unterbrechen und dem ganzen nördlichen Theile, der die meisten Lebensbedürfnisse, wie Weizen, Reis, Mehl, Salz rc. allein vom Süden erhält, die Sub sistenzmittel nehmen. Die hungernden Provinzen würden den Kaiser zum Nachaebcn zwingen, und es läßt sich erwarten, daß man diesen Zweck erreiche, wenn man Kriegsschiffe den Uang-tsc-kiang hinaufsende bis zu dem Punkte, wo der Kaiscrkanal ihn durchschncide. Im Jahr 1840 segelte Capitain Bethune mit der Fregatte Conway diesen Fluß über 28 Lieues hinauf, und die fortwährenden Sondirungen, die er überall anstellen ließ, gaben ihm die Vermuthung, daß das Flußbett sehr regelmäßig, daß sein Abhang dem Meere zu sehr wenig wahr nehmbar und daß er 50 — 60 Lieues von seiner Mündung, d. h. jcn- seit des Durchschnittspunktcs des Kaiserkanals, jenseit von Nanking noch Wasser genug habe, um große Fregatten zu tragen. Diesen Feld zugsplan schreiben jetzt einige Journale dem Admiral Parker zu; bis her sprechen jedoch noch keine andern Thatsachcn dafür, als daß Chapu an der Mündung des Aang-tse-kiang liegt. Auch sind seit dem Beginn dieses seltsamen Kriegs alle Vcrmuthungcn stets durch die Thätsachen dergestalt widerlegt worden, daß man sich wohl vorsehen muß, ehe man annehmcn darf, die Besetzung des Kaiserkanals werde genügen, um ein gewerbflcißiges Volk wie die Chinesen auszuhungcrn und eine so,.hartnäckige Regierung zum Capituliren zu zwingen, (^oura. ävsvöd.) Frankreich. Paris, s. Oct. . Die von der Regierung ernannte Commission zur Untersuchung des Unglücks auf der Versailler Eisenbahn hat jetzt einen Bericht er stattet, dessen Hauptinhalt dahin geht: 1) daß die Benutzung von vier räderigen Locomotiven durchaus keinen Einfluß auf den Unfall geübt; 2) daß das Brechen der Achse weder einer schlechten Beschaffenheit noch einem Verderben des Eisens zuzuschreiben gewesen, sonder» nur wegen der Heftigkeit des Stoßes erfolgt sei; 3) daß die Benutzung von zwei Maschinen, deren schwächere sich vor der stärkern befunden, weit entfernt, den Unfall ärger gemacht zu haben, ihn vielmehr zu mildern geeignet gewesen sei. — General Caß, der Gesandte der Vereinigten Staaten in Paris, gab sich bekanntlich besondere Mühe, die Ratification des Vertrags über das Durchsuchungsrecht zu hintertreiben. Da jetzt England und die Vereinigten Staaten selbst einen Vertrag abgeschlossen haben, fin det er cs für gut, seine Gesandtschaftsstelle niederzulegcn, und wartet nur noch auf die Ankunft seines Nachfolgers. — Zu den interessantesten Anwendungen des galvanoplastischen Verfahrens gehört die in Paris bereits vielfach erprobte Ueberziehung von Thieren mit einer dünnen, jedoch luftdichten Metalldccke, wodurch sie vor dem Vermodern geschützt werden. Jetzt schlägt man vor, auf diese Weise auch Leichname einzuhüllcn und aufzubewahren. ** Paris, 8. Oct. Die von einem deutschen Blatt angezcigtc und von der France wiederholte und commentirte Nachricht, als be stände zwischen der Herzogin von Orleans und den übrigen Mit gliedern der königlichen Familie eine gewisse Spannung, ist eben so haltlos als der Grund, den man dafür angibt. Jedermann, der mit unsern inner» Hofvcrhältnisscn einigermaßen bekannt ist, weiß, mit welcher liebevollen Aufmerksamkeit sämmtliche Mitglieder der kö niglichen Familie der Herzogin von Orleans begegnen. Es kann wegen der DotationSgcldcr, welche dem Grafen von Paris in sei ner Eigenschaft als muthmaßlicher Thronfolger zukommen, keine Mei nungsverschiedenheit zwischen der Herzogin und dem Könige herrschen. Als dem Herzoge von Orleans als Kronprinzen ein für alle Mal eine Dotation von 1 Mill, bewilligt wurde, sagte der betreffende Ge setzentwurf ausdrücklich, daß diese Dotation dazu dienen sollte, den besonder» Haushalt des jedesmaligen Thronerben zu bestreiten. Dem zufolge wurde der Hofstaat des Herzogs von Orleans Nach dem Tode dieses Prinzen beim Grafen von Paris in den rcsp. Chargen bestätigt. Natürlich muß ein Theil der erwähnten Dotation, welche dem Grafen von Paris nach dem Ableben seines Vaters anheimfällt, auf die Erziehung des künftigen Thronfolgers verwendet werden. Der Herzog von Orleans besaß kein eignes Vermögen, sonder^ lebte von den 2 Mill., wovon er die erste blos in der Eigenschaft als Kron prinz und die zweite in Folge seiner Vermählung bezog. Diese zweite Million fällt gegenwärtig weg, denn sie ist in einen Witwengehalt von 300,000 Fr., welchen die Herzogin von Orleans genießt, ver wandelt worden. Der Graf von Paris bezieht demnach eine Dota tion von jährlich I Mill. Fr., welche die Kosten seines eignen Un terhaltes, seiner Erziehung und nebenbei die Ausgaben seines Hof staates zu decken haben. In Bezug auf die Erziehung des Grafen von Paris ist dieselbe durch das Regentschaftögesetz gänzlich seiner Mutter in ihrer Eigenschaft als Vormünderin überlassen. Mithin wäre cs thöricht, anzunehmen, daß der König mit Hintansetzung des von ihm selbst entworfenen Regentschaftsgcsctzes jetzt in die Vormund- schaftsrechte seiner Schwiegertochter eingreifcn wollte, um so mehr, da er einen besonder» Familienrath für den unmündigen Grafen von Paris ernannte, eben um den Schein von sich abzuwenden, als wolle er seine persönlichen Ansichten der Vormünderin aufdringen. Weiter brauche ich diesen Gegenstand nicht zu verfolgen, um nachzuwciscn, daß das Gerücht einer vermcintlichm Spannung zwischen dem König und der Mutter des Grafen von Paris eine leere Erdichtung und nichts weiter ist. Das Gerücht, welches hinzugesetzt wird, dem zufolge die Königin der Herzogin von Orleans im Grunde des Her zens nicht gewogen bleibt, weil diese Prinzessin dem protestantischen Glauben «»gehört, verdient nicht, daß man cs ernstlich berichtige. Die Königin ist bei aller ihrer Anhänglichkeit an die katholische Kirche eine zu aufgeklärte Fürstin, um nicht die Gewissensfreiheit ihrer Schwie gertochter zu achten und zu ehren, und ungeachtet ihrer bekannten Frömmigkeit wäre sie die Erste, die Herzogin von Orleans zu ta deln, wenn Letztere aus blos menschlichen Rücksichten und politischen Gründen ihre Religion verändern wollte. Alle Personen, welche in der nächsten Umgebung der Königin leben, weisen die vermeintlichen Bestrebungen, die man ihr zuschreibt, um die Herzogin von Orleans zum katholischen Glauben zu bekehren, als eine lästernde Verleumdung zurück. Bei jeder Gelegenheit hat die Königin der Franzosen gegen die Prinzessin Helene sich als eine zärtliche liebevolle Mutter bewiesen, und cs ist bekannt, daß die Herzogin von Orleans an ihr mit der wärmsten kindlichen Liebe hängt. s- Paris> 8. Oct. Die rauhe Jahreszeit, welche Leben, Bewe gung und Lärm nach Paris zurückzubringen pflegt, ist seit 14 Tagen eingctretcn, ohne bisher ihre gewöhnlichen Wirkungen hervorgebracht zu haben. Paris ist leer und langweilig wie mitten im Sommer, und es hat von seiner glänzenden Saison noch nichts als den handhohen Straßenkoth, den schneidenden Wind und den unaufhörlichen, selbst beim hellsten Sonnenschein drohenden Regen. Die am 1. Oct. wie der eröffnete italienische Oper hat nur das Alte um sechs weitere Mo nate gealtert zurückgebracht ttnd ist ohne Enthusiasmus ausgenommen; Paris würde der Harmonie der Sphären überdrüssig werden, wenn cs sie so lange gehört hätte als seine unvergleichliche italienische Opern truppe. Auch die Herrlichkeiten des Theätre Franyais verbrauchen sich nach und nach, selbst die Königin der klassischen Scene, Mademoi selle Rachel, ist schon einigermaßen abgenutzt und ihre vor einigen Wochen erfolgte Rückkehr aus Belgien hat ihr beiwcitem nicht die stürmischen Triumphe gebracht, die sie früher wol nach einer Abwesen heit von ein paar Monaten begrüßten. Die grqße Oper kränkelt seit Jahren, und Meyerbeer hat sie jetzt so schwach gefunden, daß er ihr bis auf weiteres keine neue Partitur anvertrauen will. Die kleinen Theater belustigen freilich nach wie vor die kleine pariser Welt, aber mehre von ihnen befinden sich in höchst bedenklichen Umständen, ganz abgesehen von dem ehemals so blühenden Vaudeville, das seit Mona ten „ponr causv äo röpurations ckuns In sullv", wie der Anschlags zettel alle Tage fortlügt, geschloffen ist. Ob unter solchen Umständen die Errichtung einer neuen Oper ein weises Unternehmen sein werde, steht sehr zu bezweifeln. Platz für ein neues und theatralisches musi kalisches Interesse ist allerdings vorhanden, denn das Publicum ist weit entfernt, von dem Anthcile, den cs den bestehenden Anstalten dieser Art widmet, absorbirt zu werden; aber gibt es auch den geeig neten Stoff, um diesen Platz auszufüllen? Auf deyr Gebiete der französischen Lyrik schwerlich. Eine deutsche Oper könnte unter ge wissen Voraussetzungen großes Glück machen, eine dritte französische Oper wird wahrscheinlich nur mit Hülfe einer starken Unterstützung durch den Staat und zugleich auf Kosten ihrer beiden Mitbewerberin nen leben können. — Die Briefe Gutzkow's über.Pqris finden hier mehr Beachtung, alö di» Franzosen sonst fremden Urtheilen über