DRESDNER O PHILHARMONIE mußte, der Bild und Gestaltungsgeste für seine Musik benötigte, was also verband Verdi mit der Kammermusik, was reizte ihn daran, ausge- j rechnet sein Streichquartett e-Moll zu kom ponieren? Eigentlich nichts, sollte man denken. | Und so ist die Entstehung dieses Werkes wohl eher einem Zufall zuzuschreiben. Auch dann, wenn er sich selbst etwas beweisen wollte, denn ! schon damals galt, was heute noch Gültigkeit hat, ein Streichquartett zu komponieren, ist für | jeden Komponisten eine ausgesprochen hohe Herausforderung. Im Winter 1872/73 hielt Verdi sich in Neapel auf, um an Einstudierungen für „Don Carlos“ und „Aida“ teilzunehmen. Wegen Erkrankung | der Sopranistin Teresa Stolz, die er für die Partien der Elisabeth und Aida ausgewählt hat te, und einer damit verbundenen Verschiebung der Probenarbeit, saß er untätig in seinem Hotel. Und da soll es wohl wirklich so gewesen sein, daß er sich zum eigenen Zeitvertreib der höchst anspruchsvollen Aufgabe widmete, aus gerechnet ein Streichquartett zu komponieren. I Dies geschah sogar zu einem Zeitpunkt, als in Italien gar kein geeigneter Nährboden für ein derartiges Vorhaben bereitet war und Instru mentalmusik ohnehin „Sache der Deutschen“ sei, wie Verdi es einst formulierte. Der Korn- i ponist ließ sich dieses Werk auch nur von ■ Freunden vorspielen und dachte selbst nicht an | eine Veröffentlichung. Für ihn war es eine Studie. Und doch gehört das Werk heute zu den bedeutenden Kompositionen dieser Gattung und ist den großen Streichquartetten der | „Deutschen“ seiner Zeit ebenbürtig. So stand Haydn ganz gewiß Pate, Beethoven mag hin durchscheinen, und auch Mendelssohn ver- i steckt sich nicht allzu sehr. Aber auch der Opernkomponist selbst will sich nicht verleug nen: Im Trio des dritten Satzes darf der Cellist | sich als Sänger mit italienischer Kantabilität profilieren.