löge Behandlung der musikalischen Aussage und der szenischen Realisierung. Früher, in den italienischen „Belcanto‘‘-Opern, brillierten die Sänger und Sängerinnen mit dem „Instrument“ ihrer vollkommenen Stimme in den - bis zur Verkünstelung in sinnentleerten Wort- und Silbenwiederholungen - ganz auf ihren Bra vourgesang angelegten Arien. Die höchste Virtuosität, eine besondere Kehlfertigkeit der Primadonna z. B., feierte wahre Triumphe. Der Erste Tenor wurde umschwärmt wie heute mancher Schlagerstar. Da ging es in den Opern nicht so sehr um eine musikalische Cha rakterisierung von Personen und die daraus resultierenden Handlungen, sondern besten falls um den Ausdruck von subjektiven Seelenzuständen und Gemütsbewegungen, althergebrachten Affekten, leidenschaftlichen Erregungszuständen. Der singende Darsteller und seine Kunstfertigkeit standen lange Zeit mehr im Vordergrund als der sinntragende Zusammenhang. Obwohl es immer wieder Bestrebungen gab, den handlungsbezogenen Elementen ein größeres Gewicht zu verleihen, begann erst Verdi damit, auch deklamatorische Forderungen in größerem Maße durchzusetzen und die individuelle Ausdruckskraft der han delnden Personen zu erhöhen. Das Orchester erhielt größere Aufgaben und diente nicht mehr ausschließlich der Begleitung. Da aber Verdi niemals seine künstlerische Herkunft ver gessen hat, sein gesangsfreudiges Heimatland Italien, ging er in allem, was er komponierte, stets von der menschlichen Stimme aus. Unter seinen Händen entstanden die großen, emp- findungsdurchglühten melodischen Bögen und die späterhin so berühmt gewordenen durch gestalteten Chor- und Ensembleszenen. Was also verband einen Komponisten, der sich so sehr mit dem Dramatischen beschäftigte und immer in der Kategorie dachte, die eine Umsetzung auf die Bühne nach sich ziehen