DRESDNER PHILHARMONIE visationskunst wurde nach und nach ein Ende gesetzt. Verdi allerdings begann damit, wirkli che deklamatorische Forderungen in größerem Maße durchzusetzen und die individuelle Ausdruckskraft der handelnden Personen zu er höhen, ohne aber die Sanglichkeit zu vernach lässigen. Das Orchester erhielt zwar größere Aufgaben und diente nicht mehr ausschließlich der Begleitung, doch Verdi hat niemals seine künstlerische Herkunft vergessen, sein gesangs freudiges Heimatland Italien und die bedeuten de Operntradition, die stets von der menschli chen Stimme ausging. Unter seinen Händen entstanden die großen, empfindungsdurch- glühten melodischen Bögen und die späterhin so berühmt gewordenen durchgestalteten Chor- und Ensembleszenen. Hierin ist Verdi ei nen ganz anderen Weg gegangen, als er Wagner bei seinen musikdramatischen Versuchen vorschwebte. Der Italiener kam vom Gesang her und machte dessen Melos zur Grundlage der Orchesterbehandlung, während der Deutsche, auf dem sinfonischen Prinzip aufbauend, auch die Singstimmen instrumental führte. Und so ist es vor allem der Gesang, der uns bei der Oper Die Macht des Schicksals („La for- za del destino“) in starkem Maße berührt, um so mehr, als der etwas diffuse Handlungs ablauf den Regisseuren mancherlei Gedanken sprünge abzuverlangen scheint, um dieses Werk auf der Bühne verständlich zu machen. Die Orte der Handlung liegen in Spanien und Italien des 18. Jahrhunderts. So spielen sich die Ereignisse an geographisch weit auseinan derliegenden Orten ab, und es bedarf schon ei ner Reihe von wirklichen Zufällen, die selbst für eine Oper noch das zuträgliche Maß an Unwahrscheinlichkeiten überschreiten, um den drei Hauptpersonen überhaupt Gelegenheit zu geben, sich zum tragischen Ausgang zu begeg- Die Macht des Schicksals