Wagnersche Pathos überwunden. Seitdem ver lief eine schön geschwungene Kurve spiralartig von der Einflußsphäre Wagner fort zu neuen kühnen Eroberungen eines naturalistisch-über steigerten Tragödienstils in den ersten wichtigen Opern („Salome“ und „Elektra“). Weiß man aber, ob Strauss so gänzlich zu seinem späteren gelö sten, durchsichtigen Stil gefunden hätte, wäre da nicht sein Dichter Hugo von Hofmannsthal gewesen, der ihn unermüdlich daran erinnerte, die „heiter-leichten Mozartschen Elemente für das deutsche Musikdrama" wiederzugewinnen? Strauss streifte den „Wagnerschen Musikpanzer“ so ziemlich ab und kam doch auf sein Idol im mer wieder zurück, auf einen Klang, der ver zaubert, auf dessen Ausdruckskraft, auf eine Musiksprache, die mit den Mitteln des Kolorits als sinnlich-geistige Erscheinung leuchtet. Wie es Maler gibt, die bei ihrer Gesamtkomposition vom Farbigen ausgehen, so glüht Straussens Musik in tausendfältiger Pracht. Die entwickel te Klangwelt fängt aber bei Strauss so eigent- | lieh erst dort an, wo Wagner aufhörte, denn wo | Wagner lyrisch-wattig ist, bewegt sich Strauss mit beweglichem Geist, mit schlanken, klaren, anmutigen koloristischen Mitteln. Das Stim mengewebe der Strauss’schen Kompositionen ist ein kunstvoll geknüpftes Netz aus leicht füßigen Bewegungsmotiven, welche die zarten Fäden biegsamer Melodien zu höchst mobilem Klang umsetzen. In Strauss’ Musik scheint die Sonne gefangen zu sein, stellte bereits Claude Debussy fest. Berlioz hatte das Einfangen des Lichtes für die moderne Instrumentation ent deckt. Strauss hat es zur Meisterschaft durchge bildet. Und dieses Licht wirkt nur, wenn man noch den Schatten erkennt. Den zeichnete Strauss ebenso, vergaß ihn nie, setzte harmoni sches Raffinement ein, stellte großformatige Orchesterblöcke neben kammermusikalische Episoden, ließ es krachen, malte mit dickem Pinselstrich und nutzte durchaus das Häßliche,