1934 wurde seine Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ aufgeführt, ein Werk, das seine kompositorische Entwicklung, ja sein wei teres Leben gründlich verändern sollte. Durch die Verwendung von unterschiedli chen Stilmitteln, eben auch experimentell neuen zu einer sehr gemischten - man möchte sagen: pluralistischen - Tonspra che, geriet er auf den Weg, der ihn von der stalinistischen Doktrin eines „sozialisti schen Realismus“ weit entfernte. Wenn auch heute diese Oper durchaus als ein musiktheatralisches Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts angesehen werden kann, reagierte seinerzeit die Partei prompt. In einem Prawda-Artikel (1936) wurde ihm „Chaos statt Musik“ vorgeworfen, so daß er in ständiger Angst leben mußte, der „Säu berung“ Stalins zum Opfer zu fallen. Aus ähnlichen Schmähschriften - immer hin die offizielle Meinung der Machthaber - waren sehr rasch Verfolgungen, sogar Verhaftungen und gelegtlich Todesurteile erwachsen. Wirkliche Begründungen für staatsfeindliche Haltungen waren schnell zu finden. Unter einem solchen Druck wur de „Lady Macbeth“ abgesetzt und erst 1963 in einer überarbeiteten Fassung unter an derem Titel („Katerina Ismailowa“) erneut inszeniert. Nach diesem Debakel mit seiner Oper zog der Komponist sogar weitere Werke zurück und begann in neueren Werken, seine ästhetischen Ansichten zu verdecken und die kompositionstechnischen Mittel zu ver ändern. Die radikalen Positionen der zwan ziger Jahre schienen für ihn urplötzlich keine Zukunft mehr zu haben. Er konzen trierte sich jetzt mehr auf die Ausarbei tung eines klareren, ansprechenderen Stils mit Rückwendung auf klassische Vorbilder. Der Prawda-Artikel sollte ein Exempel statuieren, um auch anderen Künstlern den „rechten Weg“ in Richtung einer sozia listisch-realistischen Kunstauffassung zu weisen. Darin heißt es unter anderem: „Das Publikum wird von Anfang an mit absichtlich disharmo nischen, chaotischen Tönen überschüttet... Alles ist grob, primi tiv und trivial. ... Die Musik schnattert, stöhnt und keucht.... Der Komponist... kümmert sich nicht um die Erwartungen der sowjetischen Kultur, die jede Form von Grobheit aus der Kunst und jede Form von Wildheit aus den letzten Winkeln unseres Leben ver bannen möchte.... Dieses Spiel kann böse enden. “