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Schon frühzeitig, 1970, begann der Kom ponist, sich mit seiner „frei pulsierenden“ Stilistik auseinanderzusetzen. Zu jenem Zeit? punkt verstand Segerstam darunter eine weitreichende Freiheit der Musiker in bezug auf Rhythmik und manchmal auch Dynamik. Aber schon in dieser Phase trug er sich auch mit der utopisch anmutenden Idee eines „organischen musikalischen Ka leidoskops“. Hierbei sollte eine Gruppe von Musikern sich intensiv der Aufgabe widmen, die Gedankengänge des Komponisten so verstehen zu lernen, daß sie anschließend eine Komposition ohne Dirigenten ggf. sogar ohne Noten aufführen könnte. Ein solches Prinzip, ein Musikwerk bestenfalls in irgend welchen Grundzügen zu notieren, dann aber den Musikern die Ausführung im Rahmen einiger weniger festgelegter Parameter freizustellen, ist durchaus keine neue Erfin dung. Komponisten, die so etwas wollten, überließen das klangliche Ergebnis absolut dem Zufall, so daß jede Aufführung durch aus neue Aspekte brachte und niemals voll ständig zu wiederholen war. Segerstam aber legt Wert darauf, die ausnotierten Elemente seiner Partitur mit den Musikern im Vorfeld so deutlich zu verabreden, daß das klingende Ergebnis immer noch seine eigene Musik bleibt, er als Schöpfer den Zufall steuern kann. Ihm aber ist es beson ders wichtig, dies nicht vom Pult aus diri gieren zu müssen, weil er auf die direkte Wirkung der Musik vertraut, eine ungefil terte, vom Dirigenten nicht beeinflußte. In den Stimmen der Musiker sind sehr wohl Tonhöhen, Tonfolgen und gewisse rhythmi sche Gebilde angelegt, und aus der Partitur ist auch zu erkennen, daß bestimmte Instru mentengruppen zusammen zu spielen haben. Entscheidend aber ist ein genau fixierter Leif Segerstam, der als Professor für Diri gieren an der Sibelius- Akademie Helsinki seinen Beruf sehr ernst nimmt, hat ein mal im Zusammen hang mit seinen Sinfonien, die ohne Dirigent aufgeführt werden sollen, gesagt: „Ich wollte einen Ak zent gegen den Mann da vorne auf dem Podium setzen, der als der ,King‘ seine Aerobics treibt und das Publikum von der eigentlichen Musik ablenkt. Wie hypnoti siert blicken sie auf ihn, anstatt ungefil tert in das Orchester zu lauschen, sich einzelne Instrumente auszusuchen, deren Verlauf sich folgen ließe. “