DRESDNER C’ PHILHARMONIE Beethoven ebenso verpflichtet wie Bach, und überall trifft man auf Spuren des strengen Stils. Diese Nähe dazu ergab sich aus einer zeitwei lig sehr intensiven Beschäftigung mit dem I Phänomen der Fugenkomposition. „Es ist mir selbst eigentümlich und wunderbar“, teilte Schumann Freund Mendelssohn schon im ! Dezember 1845 mit, „daß fast jedes Motiv, welches sich in meinem Innern heranbildet, die Eigenschaften für mannigfache kontrapunkti- j sehe Kombinationen mit sich bringt, ohne daß ich im entferntesten auch nur daran denke, Themen zu formieren, welche die Anwendung | des strengen Stiles in dieser oder jener Weise zulassen.“ Es scheint Schumanns Absicht ge wesen zu sein, mit dieser Sinfonie eine wirkli- j ehe Brücke zwischen alter und neuer Zeit zu bauen, den Geist Bachs und Beethovens mit neuer romantischer Substanz verquicken zu | wollen. So kann durchaus der Eindruck bekräf tigt werden, daß diese Sinfonie „zu den mar kantesten und ehrlichsten Zeugnissen von | Schumanns kompositorischem Dilemma [zählt]: seinen zum Scheitern verurteilten Versuch, historische Kontinuität herzustellen. | Denn zu unvereinbar stehen sich ... hier neuer ' Inhalt - das subjektive, poetisch motivierte Ausdrucksbedürfnis der Romantik inklusive al ler Brechungen - und alte Form - das ästhe tisch geschlossene, genuin musikalische, objek- , tive Prinzip der klassischen Sinfonie - gegenüber“ (Attila Csampai). Schumann äußerte sich mehrfach selbst über die Schwierigkeiten, die ihm diese Arbeit ge macht hat. Neben krankheitsbedingten Unterbrechungen sind es vor allem für ihn j recht untypische künstlerisch-schöpferische I Mühen gewesen, die ihn behindert haben mö gen manche unruhige Nacht habe ich da- j rüber gebrütet, manches fünf- und sechsmal umgestürzt“, teilte er später mit. Und wir spüren beim Hören dieser Sinfonie etwas von | Schumanns Beschäf tigung mit Bach ist um so bemerkenswerter, als sie zu dieser Zeit noch so gar nicht selbstverständlich war. Die eigentliche Bach- Renaissance hat sich erst später wirklich entfaltet, trotz des Anstoßes, den Mendels sohn durch seine Aufführung der „Matthäus-Passion" (1829) längst gegeben hatte.