Beim Komponieren des Menuetts schien Schu bert vom Geist seines Vorbildes regelrecht ein genommen - fast klingt es wie eine Nachbil dung des Menuetts aus Mozarts berühmter g-Moll-Sinfonie. An dessen Handschrift fühlt sich der Hörer noch an manch anderer Stelle der Sinfonie erinnert, das Finale wiederum verweist in seiner Zweiviertel-Struktur auf Haydns Sinfo- nik. Dem Werk Schuberts wird man jedoch kaum gerecht, beschränkt man sich auf das Aufsu chen von Parallelen zu seinen großen Vorbil dern. Überall klingt die individuelle Sprache des Liedkomponisten durch, walten Vers- und Stro phenverhältnisse auch in sinfonischer Musik. Das Andante der 5. Sinfonie wirkt in seiner kan- tablen Melodik wie ein Schubertlied ohne Wor te. Feingliedrig ausgearbeitete Sonatenform und thematische Arbeit dienen allenfalls als Gefäß und geraten nicht zum Selbstzweck. Sonst hätte sich Schubert wohl nicht für den kurzen viertaktigen „Vorhang" entschieden, der vor dem leichtfüßig vorantreibenden Haupt thema „weggezogen" wird (H. Goldschmidt). Also bloße Einleitung - neben der „Unvollende ten" ist die 5. Sinfonie die einzige ohne langsa me Einleitung - sind diese Takte nicht erklärbar, da in die Durchführung mit einbezogen und damit wichtiges Element für die poetische Aus gestaltung dieses Satzes. Immer wieder fühlt man sich an den Liederkomponisten erinnert, verfolgt man etwa das originelle Wechselspiel der Klangfarben, das dialogisierende Instrumen te hervorrufen - eine deutliche Hingabe an das Wort. „Dass wir nicht wissen, welchem, liegt mehr an uns als an ihm. So hören wir ihn in einer ,Sprache' musizieren, deren Wortbedeu tung uns wie eine Fremdsprache versiegelt bleibt, auch wenn ihr Wohllaut uns fasziniert." (H. Goldschmidt). Es ist bekannt, dass Franz Schubert einen großen Freundeskreis pflegte und dabei freiden kerischen Umgang hatte. Wie sein zwölf Jahre älterer Bruder Ignaz, so lehnte auch er sich gegen die frömmelnde Lebensweise des Vater hauses auf. An Schuberts religiöser, menschli cher Empfindsamkeit und Erlebnisfähigkeit lässt sein Schaffen jedoch keinen Zweifel, denn war um sonst sollte er - bei allen Zwängen, denen er ausgesetzt war - seine schöpferische Kraft kirchenmusikalischen Werken, darunter Deut sche Messe, sechs Messen in lateinischer Spra che, je ein lateinisches und deutsches Requiem, Magnificat sowie Vertonungen einzelner Teile der Messliturgie, opfern? Dass er aber mit Bedacht darauf verzichtete, die Worte „Credo in unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam" („Ich glaube an die eine, heilige katholische und apostolische Kirche") des Mess textes zu vertonen, ist deutliches Zeichen seiner Aversion gegen die Kirche als-lnstitution. Die Messe Es-Dur D 950 entstand im Sommer 1828 - längst kämpfte Schubert gegen Krank heiten an. Er schreibt mit verzweifeltem, doch zugleich entschlossenem Ton: „Mich?! Mich hat er nicht beschützt - er nicht und kein anderer auch nicht. Und mein schmachtendes Gemüt' hat auch keiner je