Volltext Seite (XML)
tels mit seiner Ortsangabe verweist unmittelbar auf den Schauplatz der einzigen Begegnung zwischen Goldschmidt und Crommelynck, die dem Komponisten das mit den Worten „nous sommes d’accord“ lakonisch quittierte Einver ständnis des Dramatikers zu seiner Opernfas sung des „Gewaltigen Hahnrei“ einbrachte. g Goldschmidt kam im Juli 1994 mit der ka nadischen Geigerin Chantal Juillet (der Wid mungsträgerin des „Rondeau“) zufällig in je- 0 ne „rue du rocher“, in der das denkwürdige Treffen mit Crommelynck mehr als 64 Jahre zuvor stattgefunden hatte und die ihm nun - in der für sein Alterswerk typischen Weise - als musikalisches Anagramm den motivischen Hauptgedanken des „Rondeau“ lieferte. So kristallisiert Goldschmidt aus dem Namen „rue du rocher“ die absteigende Tonfolge e"-d"-c"-h'-e' als Anagramm archaischen Charakters, das mit einer fallenden Vierton folge gleichsam zu den „Urmaterialien“ zählt, die in Goldschmidts gesamtem Schaffen im mer wieder prägnant auftauchen. In seiner Rhythmisierung und Tonlage erweist sich je nes Anagramm zudem als wörtliches Zitat aus seiner in England entstandenen zweiten Oper „Beatrice Cenci“. Erscheinen die den einzelnen Teilen des „Rondeau“ vorangestellten Ortsangaben - Rue du rocher, Paris; Montpellier; Madrid; Lon don - wie Kapitelüberschriften einer tage buchartigen Chronik von gemeinsam mit der Widmungsträgerin bereisten (Aufführungs)- Städten, so assoziieren die Orte Paris und London als äußerer Rahmen des „Rondeau“ bewußt die sprachlichen Quellen von Gold schmidts beiden Opern. Ähnlich wie in „Be- J atrice Cenci“ wählt Goldschmidt auch im „Rondeau“ eine bewußt historisierende Stili stik als Sinnbild einer Rückblende der (eige nen) Vergangenheit, die stellenweise in