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Beilage zum Grzgeö Molksfreund 1911 Nr. 123 Dienstag, dm 30. Mai Dich i>l Und in der Zu ¬ ber Vor» bei Eva mitten im Zimmer. Starr und erwartungsvoll blickte sie nach der Tür. Diese öffnete sich und Herr von WolterS- heim stand auf der Schwelle. Evas Gestalt überlief ein Zittern. Ein krampfhaftes Schluchzen brach sich Bahn aus ihrer Brust. ,-Vater I" Es lag ein erschütternder Ausdruck in diesem einen, unbeherrschten Laut. Eva vergaß in diesem Augenblick, was trennend und erkältend zwischen ihr und dem Vater stand. Ihr ganzer Jammer brach sich Bahn in diesem einen Wort, — ihre Angst, ihre Hilflosigkeit und die ganze Sehnsucht eines vereinsamten Herzens. (Fortsetzung folgt.) saaltür. Die Aufwärterin, die einige Tage bleiben wollte, damit diese nicht mit der Toten allein war, öffnete die Tür. Eva hörte eine männliche Stimme. Ihr Herzschlag stockte. Sie sprang auf und stand schweratmend „Schwesterchen — liebes, -- könnt' ich doch bet Dir sein! Du würdest mich lieb haben, ich fühle es. Du blickst mich so freundlich und herzig an, als könntest Du mir gut sein. Und ich hab' Dich lieb — so lieb. Du süßes lachendes Kind. Nur einmal möchte ich meinen Armen halten, liebe, kleine Jutta." Tränen rannen wieder über Evas Gesicht, ihren dunklen Augen lag das Bangen vor kunft. Kurze Zeit darauf klingelte es draußen an ünmorlMlebos. (Verblümt.) Gefängnisaufseher: „Sie wünschen die Anstalt zu besichtigen, mein Herr ?" — Gut gekleideter Kaufmann (der wegen Bankrotts bestraft wurde, verlegen): „Jawohl. . . drei Tage." (Erkannt.) „Jetzt muß ich mal endlich kommen, um Ihnen meine Rechnung zu bezahlen, Herr Doktor, Ste haben gewiß gedacht..." — Arzt: „Ach, Unsinn, das eilt ja gar nicht- und nun nehmen Sie Platz und sage« mir zuerst mal. . . wo fehlt's denn wieder?" Ans erster Ehe. Roman vott H. CourthS-Mahler. (Nachdruck verboten.) (S. Fortsetzung.) „Dieses KtNd, es wird Mich noch in das Grab bringen! Haft Du gehört, Rudolf? Was sagst Du zu dieser Bos» Lett? Du nimmst ja Jutta immer noch tn Schutz. Nun sage selbst, ist da» nicht unerhört? Weil sie weiß, daß Stlvie ebenfalls gern mit Fritz tn den Wald gegangen wäre, schließt sie die Schwester einfach ein." Herr von WolterShetm hatte sich umgewandt. „Du nimmst es zu schwer, Helene. ES tst ein dummer Scherz von Jutta, nicht» weiter." „Nein, Papa, Jutta sucht eS schon immer zü hinter treiben, daß sich Fritz mit mir beschäftigt," klagte Silvie Mit scheinbarer trauriger Sanftmut. „Du glaubst nicht, Ma» ich von ihr auSzustehen habe. Sie gönnt eS mir Nicht, daß Fritz an meiner Unterhaltung Gefallen findet. Immer will sie der Mittelpunkt von allem sein." WolterSheim hatte seine eigene Ansicht über di« Sache. Aber er vermied, so viel er konnte, Juttas Partei gegen Silvie zu nehmen, weil ihm seine Frau dann vorzuwerfen Pflegte, daß er Jutta als seine eigene Tochter natürlich bevorzuge. „Nun, beruhige Dich nur Silvie," sagte er begü tigend, „Mama wird Jutta natürlich bestrafen. Im übrigen ist eS mir sehr lieb, daß Jutta mit Fritz allein tN den Wald gegangen ist. Ich habe ihn nämlich beauf tragt, Jutta darüber aufzuklären, daß sie noch eine Schwester hat." Die beiden Damen sahen ihn aus ihren wasserblauen Augen betroffen an. Ste sahen sich wieder einmal lächer lich ähnlich. „Weiß denn Fritz etwas von Eva?" fragte Frau von WolterShüM unaNgeNehm berührt. „Ja, ich habe ihm vorhin die Eröffnung gemacht. Einmal muß er es doch wissen. Und jetzt wird er eS auch JUtta gesagt haben." Silvie blickte verständnislos ihre Mutter an. Diese gab ihr ein Zeichen zu schweigen. „Das ist sehr voreilig von Dir gewesen, Rudolf," sagte sie pikiert. „Jedenfalls wäre es mir zugekommen, Jutta diese Eröffnung zu Machen." „Ich wollte Dir eine peinliche Situation ersparen. Vvn Fritz wird sie es auch leichter nehmen. Er hat eine gute Art, mit ihr fertig zu werden." „Davon habe ich noch nichts gemerkt. Sie zanken sich ja in einem fort. Wer wird überhaupt mit diesem Umband fertig?" entgegnete sie scharf. „Fritz kann Jutta Nicht ausstehen," behauptete Silvie anscheinend mit inniger Befriedigung. WolterSheim sah sie mit einem eigentümlichen Blick an. s „Ich glaube, Du befindest Dich einigermaßen im Irrtum über Fritz", sagte er bedeutungsvoll- und zu seiner Fran gewendet fuhr er fort: „Jedenfalls ist Fritz mit seiner frisch-fröhlichen Art am besten geeignet, Jutta diese Eröffnung betzubringen, daß sie es nicht zu schwer nimmt." „Mein Gott, — DU machst aus Juttas Meinung eine Staatsaktion," spottete Frau von WolterSheim ärgerlich. Ehe ihr Gatte antworten konnte, trat ein Diener ein und überreichte ihm ein Telegramm. Er riß es auf und überflog den Inhalt. Dann reichte er es seiner Frau. „Das Schicksal hat selbst über meinen Wunsch ent schieden," sagte er ernst. Seine Gattin las mit zusammettgezogener Stirn die Depesche: „Tante Klarissa soben verschieden. Bitte komm zu mir. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Eva." Sie erhob sich brüsk. Die Depesche flatterte auf den Leppich nieder. „Dann freilich," sagte sie ärgerlich. „Was ist geschehen?" fragte Silvie neugierig. Wir werden eine neue Hausgenossin bekommen. Evas Tante ist gestorben," antwortete ihre Mutter. Silvie schien sehr unangenehm überrascht zu sein. „Kann man sie nicht irgendwo anders unterbringen? Es wird doch nur unnützes Gerede geben," sagte sie abwehrend. „Nein, — sie kommt endlich nach WolterSheim — in ihr Vaterhaus", antwortete ihr Stiefvater so scharf, wie er nie zu ihr gesprochen hatte. Auf seiner Stirn lag eine böse Falte, und schnell verließ er das Zimmer. Die beiden Damen sahen sich eine Weile schweigend an. Endlich erhob sich Frau von WolterSheim seufzend. Ste sah ein, daß sie mit ihrer Macht es zu Ende war und fügte sich, wenn auch innerlich wütend, ins Unver meidliche. „Mama, tst denn dagegen nichts zu machen?" meinte Silvi« verdrießlich. „Nein — nichts. Der Tod dieser Tante kam mir sehr ungelegen," antwortete ihre Mutter und stieß mit dem Fuß zornig Nach der unschuldigen Depesche, daß sie -veit ins Zimmer hinetnflog. — Als Jutta mit Frttz nachhause kany erfuhr sie, daß lhr Vater gleich nach Tisch abreisen würde, um Eva hetmzuholen. Außerdem bekam sie eine geharnischte Strafpredigt und. dir übliche Strafarbeit zugemessen. Vom Nachtisch vergaß die Mutter sie tm Drang der Ereignisse auSzu etwa 23 000 M avkanfttt werde. I« OffizietS-Sottder- flug ist Leutnant Förster Sieger. Er erhielt dtn Preis veS preußische« KttegSmintstertümS. — Die Akzepte der Prinzesst» Luise fton Ko bürg, Nach einer Meldung au» Frankfurt am Mat» werden t» süddeutschen Bankkretsen durch Vermittler mehrere Millionen Akzepte der Prinzessin Luise von Ko- bürg mit 15 Prozent Damno angeboten. Angeblich soll eine Million bereits untergebracht sein. — Verhaftung de» Direktor» de» Berliner Sportpalastes. Direktor Rösti» vom Sportpalast tn der Potsdamer Straße zu Berlin wurde unter dem Ver dacht schwerer Urkundenfälschung, Betrugs und Unter schlagung verhaftet. — Erkrankungen an Genickstarre. Rachetner Meldung aus Frankfurt am Mai« sind fett drei Tage» einige Soldaten des 81. Infanterieregiment» an Genick starre erkrankt. Die nötigen SicherhettSmaßregeln find getroffen. — Famtlt ekdraMa. Aus Neustadt m d» HMt 28. d. M. wird gemeldet : IM benachbarten Hambach erschlug gestern nachmittag der 50 jährige SchnlNermetster TrühbiS seine Frau, durchschnitt seinem 7 jährigen Söhn den Hals und erhängte sich darauf tm Speicher. — TodsSsturz bei der Petersburger Flug» woche. Ami ersten Lage der Petersburger Flugwoche stürzte der Flieger Smith mit einem Sommerapparat aus einer Höhe von 40 Metern herab und starb auf dem Wege zuM Krankenhaus«. — Ein Hau» durch Bergsturz verschüttet. IN Eichstätten am KäiserstUhl hat «in Bergsturz ein größeres Haus verschüttet. Eine Frau rettete sich durch den Dachstuhl, ihr Soh» wurde verletzt- Der Wagner Hörsch, der Besitzer des eingestützten Hauses, und ein Kind wurden tot aus den Trümmern gezogen. — 35 Häuser niedergebrannt. ÄuS Stargard in Pommern wird berichtet: Im Dorfe Rosenow hei Massow brach in der Scheune des Bauernhofsbesitzers Rabatz ein Brand aus, der bei der große» Trocken heit sich schnell ausbreitete. 35 Häuser wurden durch da» Feuer zerstört. Der Schaden ist nur teilweise durch Ver sicherung gedeckt. — Ein verschollener deutscher Schoo»««. Der deutsche Schoouer „Hermine", der am 31. März Mit Gips nach Finnland ging, ist dort nicht angekoMMeü, Da jede Nachricht von dem Schiffe fehlt, ist anzunehmen, daß es mit Mann und Maus in der Ostsee gesunken ist. — Zusammenstoß zweier englischen Schlacht schiffe. Nach einer Meldung aus Londök stießen die Schlachtschiffe „Bellerophott" und „Inflexible" bei der Einfahrt in den Hafen von Portland zusammen, wobei Vie „Inflexible" ein großes Leck sieden Fuß unter der Wasser linie bekam. Die „Bellerophon" wurde leicht beschädigt. Beide Schiffe gingen sofort tn Dock. — Feuersbrunst auf Coney Island. Nach einer Meldung aus New Uork brach am Sonnabend auf Coney Island ein Brand aus, der die Gebäude „Traumland" zerstörte. Der Schaden wird auf zwei Millionen Dollar» ge schätzt. Nach einer weiteren Meldung fielen vier ganze Gebäude viertel den Flammen zum Opfer. Zuerst hieß es, daß mehrere Menschenleben zu beklagen seien, auch sechs kleine Kinder sollten verbrannt sein. Es stellte sich jedoch, später heraus, daß alle gerettet worden sind. Während die Feuersbrunst am ärgsten wütete, entsprang ein Lowe aus seinem Käfig in „Lraumtand" und stürzte sich auf di« Menschenmenge, die von der Straße aus das Feuer be obachtete. Eine Panik bemächtigte sich der Leute, di« nach allen Seite» davonstoben. Polizisten feuerten ihre Revolver auf das Tier ab und töteten es. Ferner wird berichtet, daß 146 Tiere in den Menagerien, die vom Feuer bedroht waren, erschossen werden mußten. Coney Island (Kaninchen« tnsel) tst die dem New Aorker Stadtteil Long Island süd» ltch vorgelagerte Insel, die tm Sommer den HauptauS- flugsplatz der New Aorker Bevölkerung bildet. Äußer See bädern befinden sich dort zahlreiche VergnÜgungSantagen: Theater, Schaustellungen, ein Lunapark usw. Dies« Gebäude sind jetzt dem verheerenden Element zum Opfer gefallen. schließen. Aber Silvie kniff sie vor Zorn so heftig ist de» Arm, baß am nächsten Tage wieder ein großer blauet Fleck sichtbar wurde. Jutta trug deshalb ein Kleid Mit kurzen Aermel» und sah mit bezeichnende» Blicken vo» dem blauen Fleck zu Stlvie hinüber und wieder zurück. Fritz erblickte ih» auch, diesen garstigen Flecken, der et» beredtes Zeugnis von Silvis» Sanftmut und Schwester liebe ablegte. „Da hat wohl Silvie ihre Visitenkarte abgegeben, Jutz?" fragte er Jutta, als sie allein waren. Ste hielt den Arm von sich ab und betrachtete den Flecken mit Behagen. „Damit hat sie sich für da» Etnfchließen abgefunden. Da» war diesmal ihr gutes Recht," sagte sie vergnügt. — Eva von WolterShetm saß müde und abgespannt tm Wohnzimmer am Fenster. Die letzten Wochen waren sehr schwer und anstrengend gewesen. Seit jener Unterredung mit Tante Klartfsa war diese nur selten auf Stunden von ihrem Lager aufgestanden. Ihr jahrelanges Leiden hatte sich durch eine Erkältung so verschlimmert, daß sie wenige Wochen danach starb. Gestern morgen hatte sie nach einer letzten qualvollen Nacht die Augen für immer ge schloffen. Eva war nicht von ihrem Bett gewichen all die Zeit, und weinend hatte sie ihr die Augen zugedrückt. Nun wartete sie in Angst und Unruhe, ob ihre Vater kommen würde. WaS sollte nun aus ihr werden, da Tante Klarissa tot war? Solange diese lebte, hatte Eva oft schwer unter ihrer nervösen Verstimmung gelitten. Die Verstorbene hatte ihr das Leben gewiß nicht leicht gemacht, wenn, sie eS auch tm Grunde gut mit ihr meinte. Aber nun sie tot war, merkte Eva doch, daß sie ein Herz verloren hatte, das ihr gehörte. Noch in der Sterbestunde hatte Klarissa ihr blasses, müdes Gesicht gestreichelt und gesagt: „Arme, kleine Eva, Du hast wenig Freude in Deinem jungen Leben gehabt, trotzdem Du gesund und kräftig bist. Ich habe es Dir verbittert mit meinem eigenen Leiden. Aber sei nur ein Weilchen noch geduldig. Vielleicht kommt die Sonne nun bald zu Dir. Und wenn Du eines Tages das Glück errungen hast, dann denke an mich, die es nie, niemals besessen hat." Arme Tante Klarissa! Eva hatte bitterlich um sie geweint. Nun war sie ganz allein und verlassen. — Ob wohl der Vater kam und sie heimholte, wie er es einst Tante Klarissa versprochen hatte? Sie nahm Juttas Bild, das heute früh mit der Post gekommen war, wieder ttt die leise bebenden Hände. Wie» der und immer wieder mußte sie es betrachten und an ihr klopfendes Herz drücken. Neues aus aller Welt. — Das „Jahrbuch der Vermögen der Millionäre" freigegeben. Gegen den Verfasser des „Jahrbuches der Vermögen und Einkommen der Millionäre", den früheren Regierungsrat Martin, war bekanntlich ein Verfahren eröffnet worden, weil der Verdacht vorlag, daß er Steuerbeamte zur Ueberlassung amtlichen Materials verleitet habe. Dieses Verfahren ist jetzt eingestellt und das Buch freigegeben worden. Wie erinnerlich, hatte sich übrigens schon bald nach Einleitung des Verfahrens herausgestellt, daß die vielen erheblichen Irrtümer VeS Buches die ursprüngliche Annahme, daß ihm amtliche Quellen zugrunde lägen, als unberechtigt erscheinen ließen. — DaS Ergebnis des Zuverlässigkeit»» fluges am Oberrhein. Bei dem deutschen Zuver lässigkeitsflug am Oberrhein ist nach einer Meldung aus Frankfurt a. M. Oberingenieur Hirth der Siege« des ZuverlässtgkeitSpreise» in Höhe von 35000 Mk. und de» Preise» des KriegSmintstertums in Höh« voN 5000 ML geblieben. Hierzu treten Etappenpreise und Preise für. Passagierflüge, sodaß er rund 50000 bis 60000 Mk. erhalte« wird. Außerdem hat das Kriegsministerium in Aussicht gestellt, daß e» dem Stege» ein Flugzeug füt^