Schlußsatz nach einem homophonen Chor- Beginn (Adagio) sich zu einer Doppelfuge aufschwingt. Es ist anzunehmen, daß die Vertonung des 111./112. Psalms Beatus vir nicht für das Waisenhaus, sondern für einen anderen Auf traggeber erfolgt ist. Die darin enthaltenen Soli für Tenor und Baß schließen eine Auf führung durch die Mädchen des „Ospedale“ aus. Interessant erscheint die Beobachtung, wie Vivaldi in diesem Werk eine breite Palet te seiner Kunstfertigkeit anwendet, um großartige Wirkung zu erzielen. Das betrifft nicht nur die üblichen Kontrastwirkungen durch Ausdruck und Tempo, durch Forte und Piano oder durch eine musikalische Illu stration des Wortgehaltes. Das betrifft weit aus mehr z. B. die Möglichkeit, durch zwei Chöre (und damit durch zwei Orchester) eine räumliche Klanglichkeit herzustellen. Eine solche Erfahrung wird er in der vene zianischen Markuskirche gesammelt haben, einem großartigen Bauwerk mit zwei ge genüberliegenden Choremporen und zwei Orgeln, seit langem eine der wichtigsten Aufführungsorte für die klangprächtige Mehrchörigkeit. Aber auch die innere Gestal tung des Werkes ist ganz auf Farbigkeit und Klangwirkung angelegt. Neun Sätze sind es, alle von unterschiedli chem Charakter und durch fünf Antiphone (griech. antiphonos = gegentönend; ursprüng lich Wechselgesang zwischen Vorsänger und Chor) unterbrochen. Das ist insofern ein be sonderer Kunstgriff, als die in den Solokon zerten erprobte und weiterentwickelte Ritor- nell-Technik (ital. = Wiederkehr, gemeint sind die mehrfach vorkommenden Tutti-Episo den) hier eine neue Bedeutung erhält. Der thematische Grundgedanke wird so immer wieder betont und als „Motto“ zu einer werk- Aufführungsdauer: ca. 30 Minuten