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Kn vorlclilag zur vüls. Die Marottoangelegenheit hat manchem Franzosen den Kovf etwa» unklar gemacht, wie au» allerlei Preß» Äußerungen bervorgeht. Die wunderlichsten Blasen treiben aber im' Gehirne der Leitung der Zeitschrift „Das neue Europa" auf, die sich die Einigung Deutschlands und Frankreich», natürlich auf der Grundlage de» Besitzstandes von vor dem Kriege, zur Aufgabe gemacht hat. In einem „Marokko" überschriebenen Artikel finden wir folgenden Gedankengang: Deutschland hat Elsaß-Lothringen nicht au» Eroberungssucht annektiert, vielmehr einzig und allein deshalb, weil Bismarck für immer einen Gegenstand des Streites mit Frankreich haben wollte, damit alle Staaten Deutschlands durch die von Frankreich drohende Gefahr auf ewig mit Preußen fest verbunden blieben. Hetzt braucht nun Deutschland Elsaß-Lothringen als Binde mittel nicht mehr, da alle feine Teile unauflöslich ver einigt seien, deshalb steht ihm nichts im Wege, das Reichs- land an Frankreich zurückzugeben. Robel aber, wie man in Frankreich ist, will man eS nicht umsonst wieder haben, man bietet uns vielmehr einen marokkanischen Hafen mit seinem Hinterlande als Aequivalent an Das „Neue Europa" klärt un» darüber auf, daß wir eine un begrenzte Verbindung mit der Welt brauchen, die uns durch Ost- und Nordsee nicht gewährleistet würde, ' und meint, eS dränge sich für uns die Notwendigkeit, - einen großen Kriegshafen im atlantischen Meere zu haben, geradezu auf. Als solcher sei Mogador (ungefähr 700 km von Tanger entfernt) außerordentlich geeignet, -da eS so ziemlich der einzige Hafen an der Westküste Marokkos überhaupt sei, und weil zwischen ihm und dem AtlaSgebtrge Ländereien mit großer kultureller Zukunft lägen, in die Deutschland seinen Menschenüberfluß ab schieben könne. Einen etwaigen Widerspruch Englands befürchtet „das Neue Europa" nicht, jedenfalls würde England niemals daran denken, eine derartige Abmachung . zu einem casuS belli zu machen, weil es doch ein Fnteresse daran habe, daß Frankreich seine verlorenen Provinzen zurückerhalte. Welches Interesse das sein konnte, geht aus den Darlegungen der Zeitschrift nicht klar hervor. Der Artikel schließt: Es scheint uns, daß der gegenwärtige Augenblick günstig ist, um diese schreckliche Elsaß-Lothring ische Frage zu lösen, die auf der ganzen europäischen Politik lastet, ja auf der Weltpolitik. Wenn man sie ge- mäß dem Willen der Elsaß-Lothringer löst, dann wird das schreckliche Alpdrücken eines neuen Krieges verschwinden; Deutschland kann dann als Gegenleistung auf die franzö sische Hilfe bei Erwerbung des gewünschten Hafens rechnen, ja sogar auf französisches Geld. Die beiden großen Länder würden dann ihre wirtschaftlichen Kräfte dazu verwenden können, gegen die drohende Ueberlegenheit der „neuen Lander" anzukämpfen. Wir geben also Elsaß-Lothringen zurück und erhalten dafür die Erlaubnis einen marokkanischen Hafen, über den natürlich Frankreich nicht das geringste Berfügungs- recht hat, zu besetzen. Dieser Witz hat eine ernste Seite: Die Ausführungen des Blattes zeigen wieder einmal deut^ lich, wie wenig man in Frankreich über die einfachsten deutschen Fragen unterrichtet ist und wie gering man uns einschätzt, da man uns solche kindische Vorschläge zu machen wagt. Eine Annäherung zwischen beiden Ländern ist nur auf Grund gegenseitigen Verstehens möglich. Wie es scheint, hat es bis dahin noch gute Weile. vertlictie kingolegenbeiten. Schneeberg, 27. Mat. Im Reform-Kino am oberen Markt werden heute von nachm. 6 Uhr und morgen, Sonntag, von nachm. 2 Uhr ad, verschiedene sehr in teressante Szenen vorgeführt werden, von denen u. a. ge nannt seien „Die Luftpiraten", „Lotte als Wickelkind", ,-AmorS Launen" und „Der Skorpion". Aue, 27. Mai. Schnell erwischt wurde ein Fahr rad di eb, der gestern ein vor dem Hause eines hiesigen Fahrradhändlers stehendes Rad bestieg und damit davon fuhr. Der Geschäftsinhaber nahm kurz entschlossen die Verfolgung dr» Diebes mit einem Motorrad auf und holte ihn in Affalter ein. Der Fahrradmarder wurde nach dem AmtSgerichtSgefängniS in Lößnitz gebracht. Aue, 27. Mai. Wir berichteten dieser Tage, daß sich gegen einen hier festgenommenen Bettler der Verdacht richtete, der Schreiber eines Erpresserbriefs an eine hiesige Dame zu sein, worin die letztere aufgefordert wurde, einen Geldbetrag postlagernd an das Postamt in Hartenstein zu senden Jetzt hat sich herausgestellt, daß nicht der Bettler sondern ein hier wohnhaftes junges Mädchen die Absenderin des Briefes war und daß auch besser bemittelte Leute in Hartenstein ähnliche Schreiben erhalten haben. Die Briefschreiberin, die in Hartenstein einen Schulknaben mit der Abholung beauftragt hatte, wird sich nun vor Gericht zu verantworten haben. Aue, 27. Mai. Der vor einiger Zeit von hier ver schwundene Postasststent Sch. soll, einer Meldung zu folge, jetzt auf dem Kuhberge bet Schönheide als Leiche gefunden worden sein. Aue, 27. Mai. Die Turnplatzweihe des Vereins Lurnerschaft in Thalheim, mit der eilt Gerätewettturnen verbunden werden soll, an dem alle Turner des Erz gebirge gaueS teilnehmen können, findet nach neuerlichem Beschlusse am 5., 6. und 7. August (nicht am 13. August mit dem Auer Parkfist) statt. Neustädtel, 27. Mai. In der gestern abend im Vereinslokal (Bahnhofsrestaurant) abgehaltenen Monat»- Versammlung des Stenographenveretns „Gabels- berger" wurde abermals eine Anzahl Neuaufnahmen voll zogen, sodaß der junge Verein annähernd 50 Mitglieder zählt. Der Vorsitzende, Hr, Lehrer Maucksch gab ferner noch einige Eingänge bekannt. Die Hauptversammlung de» sächsischen Landesverband«» „GabelSberger", welche am 11. Juni in Grimma stattfindet, wird Hr. Manckfch al» Delegierter de» Verein» besuchen. Der bestehende Anfänger kursus findet demnächt seinen Abschluß Den Teilnehmern ist Gelegenheit geboten, als Mitglieder de» Verein» sich an den Fortbildungskursen, von welchen einer am Mittwoch unter der Leitung des Hrn. Kaufmann Ernst Richter, und ein anderer für Fortgeschrittene unter der Leitung deL Hrn. Lehrer Maucksch am Freitag jeder Woche stattfindet, zu beteiligen. E» wäre zu wünschen, daß sich an den NebungS- abenden eine größere Teilnehmerzahl besonders auS den Kreisen der Handlungsgehilfen und Bureaubeamten einfinden möchte. Die Kenntnis der Stenographie ist heute im Berufsleben eine Notwendigkeit und niemand sollte sich der Gelegenheit zur Aneiguug dieser Kenntnis entziehen. Neustädtel, 27. Mai. Gestern wurde auf Grube Neujahrsschacht der 20 Jahre alte Bergarbeiter Alfred Röder unter einem Hunt schwer verletzt aufge funden. Der Verunglückte ist alsbald seinen Verletz ungen erlegen Wie sich der Unfall zugetragen hat, ist noch nicht festgestellt. Neustädtel, 28. Mai. Das Theater lebender Photograpien im „Karlsbader Haus" bietet heute abend von 8 Uhr ab ein vollständig neues Programm, das fesselnde Dramen und humoristische Szenen aufweift. Schwarzenberg, 26. Mai. Der Geburtstag Sr. Maj des Königs wurde auch hier festlich begangen. Früh fand Weckruf durch die mit Flaggen reich geschmückte Stadt und mittags Platzmusik statt. Während des gut besuchten Festmahls im Ratskeller wurde ein Huldigungs, telegramm an den König gesandt, auf welches die folgende Antwort eintraf: „Se. Majestät der König lassen den Bewohnern von Schwarzenberg und Umgebung für die übersandten Glückwünsche Allerhöchstseinen Dank aussprechen, v. Schmalz, Major u. Flügeladjutant." Schwarzenberg, 27. Mai. Die seit einiger Zeit hier bestehende Lehrlingsabteilung des Deutschnatio nalen Handlungsgehilfenverbandes, deren Zu sammenkünfte an jedem Dienstag stattfinden und die eS sich zur Aufgabe gemacht hat, die freie Zeit her jungen Leute zu Unterrichtskursen, Ausflügen u. s. w. zu benutzen, hält morgen, Sonntag, im „Bad Ottenstein" einen Eltern abend ab, dem eine Besichtigung des Elektrizitätswerks vorausgeht. Freunde und Gönner sind willkommen; an diesem Abend wird auch der Vorstand vom Gan König reich Sachsen im D. H. V„ Hr. Vorholz, einen Vor trag über die Ziele der Lehrlingsabteilungen halten. Ein reger Besuch seitens der Eltern und Prinzipale ist er wünscht. Johanngeorgenstadt, 26. Mai. Zu einer ein drucksvollen Vorfeier des Ge burtStag s Sr. Majestät deS Königs gestaltete sich der am Mittwoch abend im Rathaussaale abgehaltene, von Hrn. Stadtrat Grunert geleitete Kommers. Die zündende Festrede des Hrn. Reichs- tagöabg. Dr. Stresemann gipfelte in der Mahnung zu treuer Vaterlandsliebe. Nicht minder wirkte eine Ansprache des Hrn K. K. Zollamtsleiters Mühlbauer, der seinen Empfindungen als Oesterreicher Ausdruck gab. Musikstücke der Grunerschen Kapelle umrahmten die Reden. Au den ^andesherrn wurde ein Glückwunschtelegramm gesandt. Am Donnerstag war die Stadt mit Fahnen festlich ge- schmückt. Früh fand Revetlle, mittags Platzmusik und am Nachmittag im Hotel „Deutsches Haus" unter zahlreicher Teilnahme ein Festmahl statt, bei dem Hr. Bürgermeister Rosenfeld in schwungvollen Worten das Königshoch au-brachte. Auch von dieser Versammlung wurde ein Glückwunschtelegramm an den Monarchen ge sandt, auf das an den Hrn. Bürgermeister die folgende Antwort eintraf: Wachwitz, Königl. Villa. Seine Majestät der König haben sich über die übersandte Gratulation sehr gefreut und lassen Allerhöchstseinen Dank auSjprechen. v. Schmalz, Major und Flügeladjutant." Oertliche Angelegenheiten befinden sich auch in der 2. Beilage. vermifctites. — Ueber die Frequenz der deutschen Uni versitäten befindet sich in Schröders „Allgemeinem deut schen Universität), und Hochschulkalender", der soeben für das Sommersemester 1911 erschienen ist, eine Zusammen stellung, der wir folgendes entnehmen: Nach den amt lichen Personalverzeichnissen des vorigen Semesters betrug die Gesamtzahl der Studierenden an den deutschen Uni versitäten einschließlich der Hörer 60 190 Personen. Da von waren rits immatrikulierte Männer 52 404 Frauen 2419; Hörer 3560, Hörerinnen 1807, zusammen also 55964 studierende Männer und 4226 studierende Frauen. Von den 52 404 immatrikulierten männlichen Studierenden hörten evangel. Theologie 2525, kathol. Theologie 1 760. Rechtswissenschaft 11340, Medizin 11732, Fächer der phil. Fakultät 25047. Von den studierenden Frauen hörten: evangl- Theologie 6, Rechtswissenschaft 58, Medizin 557, Fächer der phil. Fakultät 1798. Die höchste Be- suchSziffer weist die Universität Berlin auf mit 8880 männlichen Studierenden, 806 weiblichen Studierenden, 778 Hörern und 256 Hörerinnen — 10780. Ihr folgt München mir 6713 bezw. 192 bezw. 478 und 213 — 7596. Leipzig zählt 5804, Bonn 4110, Halle fast 3000, Breslau 2778. Ferner über 2000: Freiburg, Göttingen, Heidelberg, Marburg, Münster, Straßburg, Tübingen; über 1500: Jena, Kiel, Königsberg, Würz burg; über 1000: Erlangen, Gießen, Greifswald; unter 1000 Rostock, welche» aber im gegenwärtigen Semeirer die Zahl 1000 auch bereits überschritten hat. W ltlqrO.». MWe MG» de» Erzgeb. VolkSirouudeS. Berlin, 27. Mal. Im RetchSschatzamt ist der Ent wurf einer neuen Etsenbahnzollordnung auSge- arbeitet worden, die zur Zeit den Bundesregierungen zur Aeußerung vorliegt. Bitterfeld, 27. Mat. DaS Luftschiff ?. VI, da» auf der Fahrt nach Amsterdam verunglückt war, hat heute nach seiner Wiederherstellung seine erste Probefahrt zur bevorstehenden Fahrt nach Hamburg unternommen. Braunschweig, 27. Mai. Bei der Abschieds vorstellung der durch die Affäre mit dem Hofkapell meister Riedel bekannt gewordenen Hofopernsängerin Röder kam es zu einem Skandal. Von einer Dame, die in der ersten Reihe deS Parketts saß, wurden gleich zu Beginn der Vorstellung mit einer Metallpfeife Pfiffe abgegeben, so daß der Intendant die Vorstellung unter brechen mußte. Das Publikum war sehr erregt. Der In tendant erschien selbst im Parkett und forderte die Dame auf, das Theater zu verlassen. Hierauf wurde die Vor stellung fortgesetzt. Köln, 27. Mai. Ein Berliner Telegramm der „Köln. Ztg." dementiert die Meldung deS „Exelsior" über ein Marokkoabkommen zwischen Deutschland und Frankreich. Nürnberg, 27. Mai. Ein Zahnarzt wurde wegen Kuppelet zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. In die peinliche Angelegenheit waren 24 Herren und 22 Damen verwickelt. Ebingen, 27. Mai. Ein 18jährigeS Mädchen namens Widmann wurde gestern früh von ihrem früheren Geliebten, einem 20jährigen Burschen auS Straßburg, über fallen. Dieser schnitt dem Mädchen mit einem Rasier messer den Hals durch und warf die Leiche in ein Gebüsch, wo sie gestern vormittag gefunden wurde. Der Mörder hat sich selbst dem Gericht in Sigmaringen gestellt. Wien, 27. Mai. Der Ausstand der Stück meister und Gehilfen der Herrenschneiderbranche ist durch einen Vergleich beendet worden. Heute wurd» die Arbeit in allen Betrieben wieder ausgenommen. Konstantinopel, 27. Mai. Die jungtürkisch« Partei hat in ihrer gestrigen Versammlung dem Großwesir mit 96 gegen 11 Stimmen ihr Vertrauen votiert. Der Beschluß ist, da er mit Zweidrittelmehrheit gefaßt wurde, für die ganze Partei obligatorisch. Washington, 27. Mai. Der Chef deS Justiz- departementS antwortete auf eine Anfrage deS Senats vom 23. Mai, welche Schritte zur strafrechtlichen Ver folgung der Beamten der Standard Oil Company gemäß der Entscheidung des obersten Gerichts hofs unternommen worden seien, daß das Justtzdepartement keinerlei strafrechtliche Verfolgung eingeleitet habe. Mexiko, 27. Mai. Diaz ist heimlich nach Vera- kruz abgereist. Algier, 27. Mai. Die französischen Truppen sind am 23. Mai in der Gegend von Aluana wieder angegriffen worden. Außer einem Major und einem Schützen sind auf französischer Seite zehn Mann gefallen. Die Flngwoche in Sachsen. (Siehe auch die Rubrik „AuS Sachsen".) Dresden, 27. Mai. T er Flieger Büchner ist heute um4Uhr18Min. zur Fahrt nach Leipzig aufgestiegen. Ihm folgte um 5 Uhr 26 Min Kahnt und um 5 Uhr 30 Min. Grade. Dem Flieger Hoffman» ist bei Startversuchen der Propeller und der Gleitschirm zerbrochen. Der Apparat soll sofort repariert werden, worauf der Flieger zum Fluge nach Leipzig aufsteigen wird. Leipzig, 27. Mai. Der Flieger Büchner ist mit Leutnant Steffen als Passagier heute früh 5 Uhr 30Min. hier glatt gelandet. Um 6 Uhr 50 Min. landete Kahnt ebenfalls glatt mit einem kleinen Defekt am Steuer. Leipzig, 27. Mat. Die offiziellen Zeilen des Fluges Dresden — Leipzig sind für Büchner 1 Stunde 2 Min-, für Kahnt 1 Stunde 16 Min. Dresden, 27. Mat. Der Flieger Grade ist in Häslich bet Deuben wegen Defekts am Apparat zu einer Zwischenlandung niedergegangen. Für die Redaktion verantwortlicki: L. Schlesinger, Schneeberg Für den Inseratenteil verantwortlich: C. Unger, Neustädtel. Rotationsdruck und Verlag von Rechtsanwalt P. Israel, in Fa.: C. M. Gärtner, Schneeberg. Voraussage deS Kgl. -Iteteorologis Heu Justttut- zn Dresden für den 28. Mat: Nordostwtnd; vorwiegend heiter; warm; meist trocken; Gewitterneigung. Sonntag, den 28. Mat 1911. Diensthabender Arzt i - „ für dringende Fälle / Weise. Die heutige Stummer umfaßt 18 Seiten und die Tonntagsveilage.