Mit seinen Tondichtungen hatte Richard Strauss sich bereits als recht junger Komponist einen großen Namen gemacht. Er war in Klangräume vorgestoßen, die vor ihm noch niemals erreicht worden waren. Er hatte musikalische Ge schichten in einer Art und Weise erzählt, wie es vor ihm noch kei nem Komponisten gelungen war. Mit seinem „Don Juan" (1 888/89) hatte er sowohl Publikum als auch Kritiker förmlich schockiert. Das aber machte ihn berühmt. So war Strauss ganz unversehens zu ei nem Neutöner geworden in einer Zeit, als sich die musikalische Welt beispielsweise an der Tonsprache von Richard Wagner ergötzte, dem Strauss übrigens selbst viel zu verdanken hatte. Wie aber kam ein junger Mann, ein aufstrebender Komponist dazu, seine ersten bedeutsamen Sporen mit solchen riesenhaften Tongemäl den verdienen zu wollen? Warum blieb er nicht bescheiden bei den gängigen, etablierten Formen, wie sie aus der Klassik und Romantik überliefert waren? Als Mensch der Jahrhundertwende, des zweiten, siegverwöhnten deutschen Kaiser reichs, dachte er natürlich in den Kategorien der Zeit, übernahm für sich die bedeutungsschwere Pro klamation des eigenen „Ich" und strebte vermutlich ebenso nach Größe, wie es Nietzsche und sogar der Kaiser sahen. Hinzu kommt eine seit Mitte des 19. Jahrhunderts förmlich entbrannte kunstästhetische Auseinandersetzung, an der sich Richard Strauss ein Jahr nach der Uraufführung der „Sinfonia domestica" (I905) künstlerische Geister scheiden muß ten. Vor ihm fühlten sich Mendels sohn, Schumann und Brahms noch der klassischen Tradition verpflich tet und bevorzugten es, eine reine, aus sich heraus wirkende Musik zu komponieren. Aber schon Liszt - mit einer eigenen Gefolgschaft - ver trat eine völlig andere Auffassung. Er forderte, daß man der Musik ei nen beschreibenden Charakter ge ben müsse, eine außermusikalische Idee: Ein poetischer Vorwurf müsse mit kompositorischen Mitteln aus gemalt werden. Dies gefiel Strauss, kam seiner eigenen Denkhaltung sehr entgegen und entsprach seinem eigenen Lebensgefühl. So schloß er sich bewußt diesem Gedankengut