Formgesetze des Sonatensatzes mit ihrem dynamischen Themen dualismus ließen sich nicht so recht vermitteln. Mozart ging diese Pro bleme erst an, als er sich sicher war, sie auch lösen zu können. Aber er hatte inzwischen so man cherlei gelernt und bereits vieles umgesetzt, das ihn wegführte von „barocken" Vorbildern. Für ihn war es längst selbstverständlich gewor den, die späterhin als „klassische" Sonatensatztechnik bezeichnete Formen- und Ausdruckssprache zu beherrschen. Auch sein gesamtes Salzburger und Wiener Umfeld hatte sich vom älteren Reihungs prinzip gelöst, hatte die süd deutsch-alpenländische Volksmelo dik für kompositorische Arbeiten entdeckt und versucht einzubezie hen. Alle bemühten sich um eine kantable Stimmführung und feilten ihrerseits an der Ausformung des Sonatensatzschemas. Mozart war in bester Gesellschaft, sogar auf gutem Wege, ernstzunehmende Zeitgenossen wie Karl Ditters von Ditterdorf und Michael Haydn zu überflügeln. Entscheidend für Mo zarts Art zu komponieren waren aber doch wohl die direkten Anre gungen aus der italienischen Oper, denn das Singbare seiner Themen zeichnet seine Werke aus, die kan table Linienführung wird zu seinem „Markenzeichen", das Virtuose nicht Selbstzweck. 1775 aber, Mozart war noch in Salzburger Diensten, seit drei Jahren allerdings als „besoldeter" Konzert meister, komponierte er - man kann sagen in einem Zuge - vier Violinkonzerte, zwischen Juni und Dezember gleichsam eine Serie ID- Dur KV 21 1; G-Dur KV 216, D-Dur KV 218 und A-Dur KV 219). Dar aus wird deutlich, mit welcher En ergie er die für ihn doch recht neuartige Gattung anging. Mit dem 5. Konzert hatte er dann wohl sein kompositorisches Ziel erreicht und später kein Violinkonzert mehr komponiert. Es mag allerdings auch damit Zusammenhängen, daß er, vor allem in den Wiener Jahren nach 1781, das Klavier bevorzug te und sich ganz diesem Instrument widmen wollte. Nebenher sei nur angemerkt, daß er noch einige Einzelsätze schrieb, so z.B. für sein erstes Violinkonzert, um es seinen anderen formal anzugleichen. Die insgesamt fünf Violinkonzerte sind ein beeindruckendes Dokument von Mozarts Kühnheit und Origina lität, und sie bedeuten nicht nur in seinem Schaffen, sondern auch in der Geschichte des Konzerts einen entscheidenden Schritt nach vorn. Das Violinkonzert G-Dur KV 216 ist Mozarts drittes Werk dieser Gattung. Erstmals konnte die Kon vention wirklich gesprengt werden, indem das Typenhafte durch das Individuelle verdrängt wurde. Mit einem großen Reichtum an Gedan ken und einer unbeschreiblichen Emotionstiefe erreichte der Kompo nist ein neues Niveau, schuf damit ein wirkliches Meisterwerk und setz te neue Maßstäbe. Das Konzert ent stand im September 1775 (datiert mit dem 12. September). Aufführungsdauer: ca. 25 Minuten