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Inhalt Die Geschichte spielt im Palast des Herodes in Jerusalem zu Beginn der christlichen Zeitrechnung, historisch recht frei behandelt. Während eines Festmahls entflammt der junge Narraboth in Liebe zur Prinzessin Salome, Stieftochter des Tetrachen, die - angewidert - das aus schweifende Gelage verläßt. Berührt von der Stimme des in der Zisterne ein gekerkerten Propheten Jochanaan, begehrt sie, ihn zu sehen. Narraboth läßt ihn - entgegen eines Verbots - ans Licht steigen. Der wegen aufrührerischer Heilslehren gefangene Jochanaan verdammt lauthals das unsittliche Treiben Herodes' und dessen Frau Herodias (Blutschande: einst Weib seines Bruders, ist sie seine jetzige Gattin) und preist das Kommen Jesu. Salome, wild vor sinnlicher Begierde, will ihn küssen. Narraboth hingegen, verzweifelt über solch leidenschaftliche Verderbtheit, ersticht sich. Jochanaan weist die begehrliche Salome brüsk zurück, steigt wieder in die Zisterne. Das Herrscherpaar erscheint, Streit entsteht. Von der Schönheit der Stieftochter bezaubert, fordert Herodes sie auf, für ihn zu tanzen und gewährt ihr - nachdem die Schöne erst entschieden ablehnt -, jeden Wunsch zu erfüllen. Nach dem „Tanz der sieben Schleier“ fordert Salome das Haupt des Propheten, das Herodes ihr, zögernd zwar, zugesteht. Mit dem Kopf des Toten in Händen hält Salome Zwiesprache, enthüllt ihre Liebes- und Rachegefühle („Ah! Du wolltest mich nicht deinen Mund küssen lassen“). Schaudernd wendet sich Herodes ab, als sie die Lippen auf das blasse Antlitz drückt und befiehlt, sie zu töten. Aufführungsdauer: ca. 1I Minuten Mit einem Tanz hatte Salome, die lustvolle Kindfrau - hinter den höfi schen Gittern selbst eine Gefange ne, ohne wirkliches Eigenleben -, den Kopf sich des moralisch Star ken erkauft, hatte sich gegen den Herrscher, ihren Stiefvater, durch gesetzt, hatte die machtbesessene Mutter Herodias für sich gewon nen, hatte gesiegt ... und dann doch alles verloren. Ihr jubelndes Entsetzen artikuliert sich zum Ver führungsmotiv, die Musik sinkt in die intime Erregung des Mädchens zurück, als Salome sich nun über den abgeschlagenen Kopf auf der Silberschüssel beugt und sich dar an nicht satt sehen kann: Ah! Du wolltest mich nicht deinen Mund küssen lassen. „Viermal verkündet Salome triumphierend ihr Verlan gen, den toten Mund des Prophe ten zu küssen. Nun, da nichts mehr die Erfüllung ihres Verlangens hin dern kann, zögert sie den Kuß, wie um ihr Verlangen noch zu steigern, hinaus. ... Sie, die sich über das stumme Dulden des Propheten ge wundert und vergeblich dessen To desschreie erwartet hatte, stirbt jetzt selber stumm, widerstandslos hingegeben" (Heinz Becker).