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verwischen die Grenzen zwischen Produktion und Reproduktion. Bei de Tätigkeitsfelder durchdringen und befruchten sich gegenseitig" (Wilfried Gruhn). Zender gilt als Konstruktivist und Strukturalist. Bei de Termini sind heutzutage leider negativ belastet, weil damit recht vorschnell an „Kopfgeburten" ge dacht wird. Allein man bedenke, wieviel Überlegung, wieviel „Kon struktion" für jeden schöpferischen Künstler notwendig ist, einem Kunstwerk ein stimmiges - absolut notwendiges - formales Gefüge zu geben, um es als sinnvolles Gan zes erkennen zu können. So wird schnell der positive Aspekt deut lich. Mit eben solch einer geistig schöpferischen Überlegung dosiert Zender in seinen Kompositionen auch sehr genau Wort, Ton und Geste, Klang, Farbe und Gefühl. Er lernte von Pierre Boulez, von Olivier Messiaen und vor allem von Bernd Alois Zimmermann. Aber längst hat er die Entwicklung der zeitgenössischen Musik selbst beeinflußt, fügte ihr neue Impulse hinzu. „Exploratives Experiment und kritische Reflexion, Interpretati on und Komposition, europäische Tradition und innovative Impulse bilden die dialektischen Pole seiner schöpferischen Arbeit" (Wilfried Gruhn). Für seine eigene Arbeit wünscht er sich neue Hörerfahrun gen, denn ihm komme vieles ver jährt vor, was moderne Musik einst ausgemacht habe. Das sind, wie er meint, „die Massierung der Mittel; die Lärmorgien; die unverbindliche Aleatorik; die Anbetung der elek tronischen Technologie". Hingegen scheinen ihm für das Ohr von den Neuentwicklungen der letzten Jahr zehnte „besonders bedeutsam: das Hören in Schichten; der Ausbau der Klangfarbentechnik; das Erleb nis langer Flächen; die Mikrointer valle". Sein Werk Muji no kyo ist unter an derem die direkte Antwort auf eine solche Denkhaltung, ist „eine Übung in Einfachheit" (Zender). Es ist aber auch ein Produkt seiner Be gegnung mit der asiatischen (japa nischen, buddhistischen) Kultur. Wenn auch nicht unter dem As pekt, zwei Musikkulturen in irgend einer Weise verschmelzen zu wol len, so konnten sich ihm für sein eigenes Komponieren doch andere Denkansätze, neue Dimensionen erschließen mit neuen Perspekti ven, neuen Sichten. Ein ganzer Werkstrang entwickelte sich aus dieser Berührung mit der asiati schen Kultur, darunter die „Lo-Shu"- Reihe (l-VII, 1977-1997), Kom positionen, in denen oftmals der Flöte eine zentrale Bedeutung zu kommt. „Lo Shu" bezeichnet im Chinesischen ein Neunerquadrat, dessen Außenfelder um eine Mitte (5. Quadrat) gruppiert sind. In „Lo-Shu I" (3 Flöten, 3 Celli, 3 Schlagzeuger) z. B. überträgt der Komponist dies auf die musika lische Struktur: Neun Spieler reali sieren neun Situationen von einer bis neun Stimmen. Sie bilden eine symmetrische Korrespondenz, ver weisen dadurch aufeinander, so Aufführungsdauer: ca. 18 Minuten