Richard Strauss um die Jahrhundertwende Richard Strauss wurde in eine Zeit hineingeboren, als Richard Wagners mu sikdramatische Werke be gonnen hatten, die musi kalische Welt nicht nur zu bewegen, sondern förmlich zu verändern. Einerseits war es Wagners bildhaft interpretierende Tonspra che, die den jungen Mann nachhaltig zu beeindruk- ken begann, andererseits aber die Klangfarben pracht und eine ausufern de Harmonik. Aber dies allein war es nicht, worin der junge Strauss seine Wurzeln fand. Wie denn auch? Ohne die gewalti gen geschichtlichen Leistun gen des 18., vor allem aber des 19. Jahrhunderts wären seine sich rasch ent wickelnden kompositorischen Fähig keiten nicht denkbar gewesen. Mit unbeirrbarer Hingabe und äußerst energisch trat er für solche Meister ein, die ihm nach eigener Überzeu gung eine organische Weiterent wicklung der Musik in der Zeit nach Beethoven bedeuteten. Das waren neben Schumann und Men delssohn Bartholdy vor allem der Franzose Hector Berlioz und der ungarnstämmige Franz Liszt, allen voran aber Richard Wagner, sei nen eigentlichen Vordermann. Im Herzen aber trug er Mozart, des sen appolinische Heiterkeit der Me lodien, den sinnlich erhellenden, transparenten Klang und die Ele ¬ ganz der Tonsprache. „Über Mo zart kann ich nicht schreiben: ich kann ihn nur anbeten". Mozart bil dete für Strauss ein Stück eigenen Wesens. Richard Wagner jedoch sollte - nach anfänglichen, sogar tiefen, durch den stockkonservati ven Musiker-Vater geschürten Vor behalten - der Gralstempel wer den, durch den er schritt. Je älter er wurde, desto mehr nahm seine Ver ehrung für die geistige und künstle rische Größe des Bayreuthers zu. Aber nicht die eines unfruchtbaren Epigonen, als der er sich in seinem Jugendwerk „Guntram" (1889) dem großen Vorbild zu nähern ver suchte, vielmehr als ein durchaus