ZUR EINFÜHRUNG Aufführungsdauer der Tragischen Ouvertüre: ca. 12 Minuten Aufführungsdauer des Begräbnisgesanges: ca. 11 Minuten Aufführungsdauer des Gesang der Parzen: ca. 14 Minuten Er entwickelte in düster wirkender, altertümlicher musikalischer Holz schnittmanier ein verinnerlichtes Bekenntnis zu den ungelösten Fra gen über Leben und Tod. Die hellen Farben fehlen ganz. Bewußt ver wendete Brahms ein dunkles Kolorit, gewonnen aus den dunk len Farben der Holz- und Blech bläser. Die graue, um das Baß-C herum „mit unerbittlichem, fast gleichmütigen Ernst, dem unab wendbaren Schicksal gleich" (Spit- ta) schleichende, steif und ernst ge messene Sterbensmelodie lastet so schwer und trostlos-eintönig auf dem Hörer, wie in jenem, dem „Be gräbnisgesang" aufs engste ver wandten Satz des Requiems. Es dauert recht lange, bis der Sopran bei der ersten großen Gipfelung „wenn Gottes Posaun' wird an gehn" im Forte einsetzt und die schwermütig vergrübelte Komposi tion ein wenig Farbe und Klang sinnlichkeit annimmt. Viele Jahre später - 1882 war Brahms auf der Höhe seiner Schaf fenskraft, anerkannt und geehrt und stand im Begriff, seine dritte Sinfonie zu schreiben -, wandte er sich erneut der ewigen Frage des unausbleiblichen Menschenschick sals zu, der Unerbittlichkeit und Erbarmungslosigkeit der Schicksals gewalt. Der Komponist hatte im Wiener Burgtheater Goethes „Iphigenie auf Tauris" erlebt und war tief beeindruckt. Im Schluß des vierten Aktes ist von der Allmacht der Götter die Rede, davon, daß sie das Menschengeschlecht be herrschen „wie's ihnen gefällt". Genau das traf die eigene emp fängliche Seele. Diesen Gesang der Parzen nahm er sich vor und vertonte die Goethedichtung. Am 31. Juli 1 882 schickte er die Parti tur an Theodor Billroth und schrieb in Anspielung auf das Wirken sei nes Chirurgen-Freundes, der - wie die antiken Schicksalsgöttinnen auch - den Lebensfaden in Hän den hält: „Es geht Dich ein wenig besonders an - es wird ja mit Schere und Faden gearbeitet!" Und so war auch dies wieder ein Thema, das im Brahmsschen Schaf fen immer wieder berührt wurde, sogar in einer ganz besonderen Beziehung zum früher entstande nen „Schicksalslied" (1868) steht, dichterisch wie musikalisch. Brahms war ergriffen vom Gegen satz der seligen Ruhe der Götter und der erbarmungs- und mitleidlos von ihnen zur Strafe für den Zwist „in nächtliche Tiefen" hinunter gestürzten, vergebens gerechten Gerichts harrenden und bis in ent fernte Geschlechter von ihnen mit Fluch und Verbannung belegten sterblichen Menschen. Die musika lische Verwandtschaft des Parzen gesanges mit dem „Schicksalslied" springt geradezu in die Augen; am deutlichsten vielleicht dort, wo ähn liche Worte („auf Klippen und Wol ken sind Stühle bereitet") den glei chen pausendurchsetzten Chorsatz hervorrufen. Dunkel und drohend beginnt nach der ernsten Orchestereinleitung der