Teil 11 „Leben und Singen“ heißt der zweite Teil. Die Sprüche 1, 5 und 6 aus den „Geistlichen Lie dern“ liegen dem Abschnitt zunächst zugrunde. „Das Leben von der ernstesten Seite setzt ein,“ erläutert Pfitzner. Schon während des längeren Orchestervorspiels deutet sich das romantische Motiv vom Wandern in einer monoton-ostina- ten Bewegung an, einem Trauermarsch nicht unähnlich, und wird vom Chor weitergetragen: „Wir wandern nun schon viel hundert Jahr’ und kommen doch nicht zur Stelle, der Strom rauscht an die tausend gar und kommt doch nicht zur Quelle.“ „Der nächstfolgende Spruch, vom Solotenor allein gebracht (,Was ich wollte, liegt zerschlagen’), bringt den Gedanken der Vergänglichkeit und Nichtigkeit des Lebens in anderer Weise zum Ausdruck. ,Nun aber gib auch Kraft zu tragen, was ich nicht will’.“ Das, was der leidenschaftliche, im Leben befangene Mensch nicht will, nämlich die Ergebung, sucht ein nun folgendes Orchesterstück („Ergebung“), in dem die Soloflöte die größte Rolle spielt, aus zusprechen. Auf diese drei im Zeitmaß sehr ru higen Teile fordert die Musik rasche Bewegung. Diese soll der folgende Spruch liefern („Der jagt dahin, daß die Rosse schnaufen“), meint Pfitzner zu seiner Vertonung des traumhaften sechsten Spruchs, eine bewegte Chorszene. Ein Hornthema leitet motivisch zu dem vom Baß gesungenen Übergang ein und „Durch die bö se Stunde versöhnend geht das Lied.“ Der Liederteil „Was hat dieser Liederteil in dem bis dahin ge schilderten Zusammenhang zu suchen?“, fragt Pfitzner. „Es ist das Recht der Kantate von alters- her, den Solosängern ihre Arien zu bieten. Daß diese hier romantischen Charakter haben, Eichen- dorffsche Lieder sind, ist selbstverständlich.“ Zuerst ist es „Der alte Garten“ als Sopransolo („Kaiserkron’ und Päonien rot“). Ein vom Chor a cappella verhalten und innig vorgetragener